CoV-bedingt als reine Fußgänger- und Fahrraddemo angesetzt startete die Parade zum Höhepunkt der Vienna Pride um 14.00 Uhr vom Rathausplatz. Von dort ging es gegen die Fahrtrichtung einmal rund um Ring und Kai und wieder retour. Punkt 18.30 Uhr war dort die Veranstaltung zu Ende, mit Songs von Lady Gaga und Miley Cyrus wurden die Feiernden in den Abend entlassen.
Pride-Organisatorin Katharina Kacerovsky-Strobl freute sich in einem Statement, dass „trotz Krisenjahr so viele Menschen teilgenommen und die Jubiläumsregenbogenparade wieder einmal zur größten Demonstration Österreichs gemacht haben“. Besonders freute sie sich auch über die vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmer "die nicht selbst lesbisch, schwul, bisexuell, transgender, intergeschlechtlich oder queer (LGBTIQ) sind. Die gemeinsame Demonstration für gleiche Rechte, Sichtbarkeit und Respekt zeige, dass eine große Mehrheit in Österreich längst weiter als die Politik sei und wisse: „Es ist nicht wichtig, wen man liebt – wichtig ist, dass man liebt.“
Solidarität mit LGBTIQ-Community in Polen und Ungarn
Die Organisatoren der Vienna Pride konnten bei der Abschlusskundgebung auch jene der Budapest Pride begrüßen, zudem gab es eine Videobotschaft aus Polen, wo zeitgleich um 14.00 Uhr der „MarszRownosci“ in Warschau startete. Kacerovsky-Strobl hob die Wichtigkeit der Solidarität mit der LGBTIQ-Community aus diesen Ländern hervor. Daran, dass es auch 50 Jahre nach der Entkriminalisierung von Homosexualität in Österreich noch zahlreiche Gründe gebe auf die Straße zu gehen, erinnerte Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, schon vor der Parade.
Nach dieser bezeichnete die HOSI-Obfrau diese als ein starkes Zeichen dafür, dass LGBTIQ-Menschen endlich die gleichen Rechte wie alle anderen haben müssen: „Wir brauchen endlich vollen Diskriminierungsschutz in allen Lebensbereichen, vom Kaffeehaus bis zur Wohnungssuche. Und intergeschlechtliche Kinder, also solche, die biologisch nicht eindeutig Buben oder Mädchen sind, müssen endlich vor medizinisch unnötigen Operationen im Genitalbereich geschützt werden.“
Regenbogenparade zog über den Ring
Mit einer Jubiläumsparade feiert die LGBTIQ-Community am Samstagnachmittag nach einjähriger CoV-Pause ihr Comeback: Zum 25. Mal findet die Regenbogenparade statt. Die Organisatoren erwarten bis zu 150.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Stadt verurteilt Störaktion
Was den Schutz vor CoV betrifft, so wurde vom Veranstalter sogar das Tragen einer FFP2-Maske empfohlen, dem wurde jedoch nur von wenigen nachgekommen, schließlich lief die Veranstaltung auch im Freien ab. Zwischenfälle gab es während der Parade keine, vonseiten der Polizei wurde lediglich eine Festnahme wegen aggressiven Verhaltens andernorts, bei der Gegenveranstaltung des christlichen Vereins „Pro Vita“, dem „Marsch für die Familie“ am Stephansplatz vermeldet.
Was die Regenbogenparade betrifft, so gab es bei der Schlusskundgebung am Rathausplatz dann doch einen Vorfall, bei dem drei Aktivisten ein Anti-Pride-Banner entrollten und mit Pyrotechnik auf dieses aufmerksam machten. Die Aktion wurde von der Exekutive rasch beendet. Am Samstagabend verurteilten der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) die Störaktion am Rathausplatz. „Hassgefühle und Intoleranz haben in unserer Stadt keinen Platz. Denn Wien liebt dich, egal wen du liebst“, sagten sie in einer gemeinsamen Aussendung. Man werde mit Vehemenz gegen jene Personen, die hinter der Aktion stehen, vorgehen, kündigten sie an.
Videobotschaft von Van der Bellen
Bundespräsident Alexander Van der Bellen meldete sich per Videobotschaft, und stellte klar, dass LGBTIQ-Rechte Menschenrechte sind, eine Diskriminierung dürfe es in Europa nicht geben. Menschen seien verschieden, und Van der Bellen dankte den rund 20.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Rathauspark dafür, diese Vielfalt bei der Vienna Pride so deutlich spürbar gemacht zu haben. Auch Wiederkehr machte die Vielfalt zum Thema, nannte sie die „entscheidende Basis für eine weltoffene Gesellschaft“ und warnte: „Ohne Vielfalt droht die Einfalt.“
SPÖ-Bundesparteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und SPÖ-LGBTIQ-Sprecher Mario Lindner, die gemeinsam an der Vienna Pride teilnahmen, forderten in einer Aussendung besonders von der Regierung „weitreichende Maßnahmen gegen Diskriminierung“.
50 Jahre Entkriminalisierung von Homosexualität
Heuer sei aber nicht nur die 25. Wiener Regenbogenparade, sondern auch der 50. Jahrestag der Entkriminalisierung von Homosexualität in Österreich, erinnerte HOSI-Obfrau Otte im Vorfeld der Parade. Aber damit sei noch nicht alles gut gewesen. Neue Strafbestimmungen eigens nur für Lesben, Schwule und Bisexuelle folgten, die sonst legales Verhalten erneut kriminalisiert und zahlreiche Existenzen zerstört hätten. Die Opfer dieser Strafverfolgung seien zum Teil bis heute nicht rehabilitiert worden.
Es folgte tatsächlich eine Entschuldigung von Justizministerin Alma Zadic (Grüne) für die strafrechtliche Verfolgung von homosexuellen Menschen in Österreich in der Zweiten Republik: „Ich möchte mein tief empfundenes Bedauern für das Leid und das Unrecht, das ihnen widerfahren ist, ausdrücken“ – mehr dazu in Zadic: Entschuldigung für Verfolgung Homosexueller durch Justiz (ORF.at).
Problematik von geschlechtszuweisenden Operationen
Ott wies auch auf die Problematik von geschlechtszuweisenden Eingriffen bei Interpersonen hin: „Intergeschlechtliche Kinder, also solche, die biologisch nicht eindeutig Buben oder Mädchen sind, werden immer wieder ohne medizinische Notwendigkeit im Genitalbereich operiert, damit sie so aussehen, als wären sie männlich oder weiblich.“ Die Eingriffe würden für die Betroffenen oft schwere Traumata und auch körperliche Folgeschäden bis hin zum Verlust der Orgasmusfähigkeit bedeuten.
„Das ist nichts anderes als legalisierte Genitalverstümmelung und muss verboten werden“, so Ott. Hormonelle und invasive Eingriffe bei intergeschlechtlichen Kindern, die medizinisch nicht notwendig sind, sind in Österreich derzeit legal.
Zurück zu den Wurzeln
1996 fand die erste Regenbogenparade in Wien statt. Vor 25 Jahren wurde ebenfalls ohne Trucks und nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad demonstriert. Zum Jubiläum entschieden sich die Organisatoren bewusst gegen die Wagen. Zum Teil sei die Veränderung aber auch der immer noch andauernden Pandemie geschuldet. Die Vienna Pride rief in diesem Jahr wieder zum Hissen der Regenbogenfahne und zum gemeinsamen Demonstrieren auf.