Riesiger Käfer in der Insektensammlung des NHM
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Wissenschaft

Wie Museen gegen Schädlinge vorgehen

Große Museen wie das Naturhistorische Museum betreiben einen hohen Aufwand, um ihre Ausstellungsobjekte vor Motten, Silberfischchen und Co. zu schützen. Ein Wiener Forscher untersucht nun die Auswirkungen von Lockdowns und Klimawandel auf die Schädlinge.

„Es gibt kaum ein Gebäude, das keine Schädlinge hat“, so Pascal Querner. Der Biologe ist Experte für Museumsschädlinge. Allein im Naturhistorischen Museum hat er 300 Fallen aufgestellt, um die hier lebenden Tiere zu erforschen. „Wir kontrollieren die Aktivität der Schädlinge in regelmäßigen Abständen und können dann ganz gut abschätzen, gibt es ein befallenes Objekt, was wir suchen müssen? Oder kommen die Tiere vielleicht von unterhalb des Parkettbodens, von einem unausgebauten Dachboden oder von außen?“

Nur noch Nadeln und Beschriftungen übrig

In anderen Museen sind Kunstwerke in Gefahr, im Naturhistorischen Museum wertvolle Präparate. Die Insektensammlung des Naturhistorischen Museums etwa gehört zu den Hochrisikosammlungen. „Weil getrocknete Insekten von Pelzkäfern zerstört werden können. Das dauert auch nicht sehr lange, wenn sich diese Schädlinge etabliert haben, vermehren sie sich und können Insekten so stark zerstören, dass nur noch Nadeln und Beschriftungen übrig sind“, erklärt Querner.

Papierfischchen
Pascal Querner
Kaum ein Museum hat kein Problem mit Schädlingen

„In den letzten Jahren ist das Papierfischchen bei uns eingeschleppt worden und das findet man auch in vielen Museen mit Papierobjekten, Archiven, Bibliotheken. Es ist heutzutage einer der wichtigsten Schädlinge, die durch den Klimawandel auch zu uns gekommen sind“, sagt der Experte. Vorbeugung ist wichtig, daher werden Objekte im Naturhistorischen Museum im unterirdischen Tiefenspeicher stark gekühlt und dadurch sicher aufbewahrt.

Lockdown führte zu mehr Betrieb

Ankäufe, Schenkungen und Leihgaben von außen kommen sicherheitshalber in die Stickstoffbegasungskammer. „Eier, Larven, Käfer oder Motten werden dann objektschonend abgetötet“, so Querner. Während der CoV-Lockdowns hat in manchen Museen die Zahl der Schädlinge auffällig zugenommen – etwa jene der Silberfischchen. Das liege an der Veränderung der mikroklimatischen Bedingungen, weil etwa die Besucherinnen und Besucher fehlen. Die Tiere konnten sich ungestört ausbreiten.

Es kreucht im Museum

Wenig los im Museum, dafür fühlt sich das Ungeziefer wohl. Im Naturhistorischen Museem sollen die Ausstellungsobjekte vor Silberfischchen & Co. geschützt werden.

Albertina „begast“ Kunstwerke

Für die Albertina ist Schädlingsbekämpfung ein großes Thema, sagt Direktor Klaus Albrecht Schröder. Der älteste Teil des Gebäudes sei rund tausend Jahre alt, große Teile aus dem 18. Jahrhundert, man unternehme alles, um Schädlinge von den Ausstellungen in den Prunkräumen fernzuhalten. Von jedem gelieferten Kunstwerk wird ein Zustandsprotokoll aufgenommen, auch um einen Schädlingsbefall auszuschließen.

Pascal Querner vor der Stickstoffkammer des NHM
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Viele Museen betreiben eine Stickstoffkammer, wo neue Objekte zunächst unterkommen

Im hauseigenen Stickstoffzelt werden Kunstwerke „begast“ und in den Depots herrscht Überdruck – nicht nur, um Staub zu verhindern, sondern auch Schädlinge. „Jeder geringste Schädlingsbefall wird bekämpft mit konventionellen und alternativen Methoden. Wir hatten schon Pharaoameisen, Silberfischchen und noch weit fantasievollere Schädlinge“, so Schröder.

Klimawandel fördert Befall

Querner ist unter anderem auch für die Nationalbibliothek regelmäßig im Einsatz. Wenn es zu einem Befall kommt, versucht man hier, „den Ursachen entgegenzuwirken – zum Beispiel durch eine bessere Abdichtung“. Papierfischchen kommen in der Österreichischen Nationalbibliothek „in geringer Zahl immer wieder vor“, heißt es gegenüber wien.ORF.at.

„Wir beobachten die Entwicklung durch das Monitoring und setzen Präventivmaßnahmen, wie noch häufigere Reinigungsintervalle oder das rasche Entsorgen von Verpackungsmaterial“, heißt es. Im Lockdown habe es aber keinen Anstieg gegeben. Das könnte sich aber auch unabhängig von der Pandemie ändern: Querner hat zum Thema Schädlinge und Klimawandel ein Forschungsprojekt in mehreren Museen gestartet. Da die Temperaturen steigen werden, sagt er den Schädlingen in den Museen eine lebendige Zukunft voraus.