Artistinnen bei der Probe
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Kultur

Schau: Der Zirkus im Nationalsozialismus

Wien bekommt ein neues Zirkuszentrum in Simmering. Am Sonntag wird dort die Ausstellung „Memory – Wiener Zirkus im Nationalsozialismus“ eröffnet. Parallel dazu werden Artistinnen ihre Künste an jenen Orten zeigen, an denen einst Zirkusgebäude standen.

Die „Memory“-Schau wird im künftigen Zirkuszentrum TRAP (Verein zur Förderung des zeitgenössischen Zirkus, der Artistik und der darstellenden Künste) in der Rappachgasse 26 für vier Wochen lang zu sehen sein. Beleuchtet werden darin Biografien von Artistinnen und Artisten, die vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Wien wirkten.

Daten zur Ausstellung

„Memory – Wiener Zirkus im Nationalsozialismus“ wird am Sonntag im Zirkuszentrum TRAP, Rappachgasse 26, 1110 Wien eröffnet. Die Ausstellung geht bis 18.9.2021.

Für Propagandazwecke missbraucht

Der Zirkus bot Ablenkung und Unterhaltung für alle Gesellschaftsschichten. Seine exotischen Darbietungen passten in die Feierkultur der schillernden 1920er Jahre, die spektakulären körperlichen Leistungen zum Weltbild des Nationalsozialismus. In der NS-Zeit wurden zahlreiche Zirkusfamilien verfolgt, eingesperrt und vernichtet. „Die Zirkusse wurden arisiert und als Propagandamöglichkeit verwendet“, sagte
die Kulturwissenschafterin Johanna Prantz am Freitag im „Wien heute“-Interview.

Zirkus-Geschichte neu erlebt

Das neue Zirkuszentrum in Simmering wartet mit einer Ausstellung auf, die nicht zum Lachen ist. Es geht um die Künstler*innen in der NS-Zeit. Sie wurden verfolgt oder für die Propaganda missbraucht. An Zirkus-Orten in Wien treten Artisten und Artistinnen auf.

Erzählt werden in der Ausstellung zum Beispiel die Geschichte der Varietekünstlerin Therese Zauser, die im Konentrationslager ermordet wurde, und jene des jüdischen Zauberkünstlers C.H. Larette aus Wien, der aus Angst vor der unmittelbar drohenden Verhaftung in den Niederlanden Suizid beging.

22 Zirkusgebäude vor Zweitem Weltkrieg

Neben den Zeltzirkussen gab es vor der NS-Zeit auch Zirkusgebäude, die fester Bestandteil des Stadtbildes waren. 22 Zirkusgebäude sind vor dem Zweiten Weltkrieg in Wien dokumentiert, es gab wahrscheinlich sogar mehr. Während des Krieges wurden viele dieser Gebäude zerbombt, einige wurden danach abgerissen.

Schild „An dieser Stelle stand in den Jahren 1854 – 1957 der Zirkus Renz“
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In der Zirkusgasse stand bis 1957 der Zirkus Renz

An diesen Orten sind nun die Aktionen der Künstlerinnen geplant, wie z.B. im Prater, wo anstelle der heutigen Tankstelle der Zirkus Zentral stand, oder in der Zirkusgasse, wo ein Mosaik an den Zirkus Renz erinnert.

Riesenrad, davor Tankstelle beim Praterstern
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An der Stelle der Tankstelle stand der Zirkus Zentral, der rund eineinhalb Jahrzehnte das wichtigste Zirkus-Etablissement in Wien war. 1942 wurde das Gebäude abgebrochen.

Stadtführung mit Performances

Neben der Ausstellung werden an vier Tagen bei einer Stadtführung durch Wien Lebensgeschichten von Wiener Artistinnen aus der Zeit des Nationalsozialismus in kurzen Performancestücken neu entdeckt. „Wir gehen spazieren durch die Stadt und es tauchen immer wieder Performerinnen auf, um auf einzelne Gechichten oder spezielle Aspekte der Geschichte damals einzugehen und performativ darzustellen, was damals passiert ist“, so „Memory“-Projektleiterin Ariane Oechsner.