Gericht

Mann in London attackiert: Einweisung

Ein 32-Jähriger ist Mittwochabend rechtskräftig in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden. Der Wiener, der obdachlos in London lebte, hatte versucht, einen ihm unbekannten Spaziergänger zu töten.

„Mir tut leid, dass es dazu kommen musste“, erklärte der 32-Jährige dem Gericht. Er habe aber „keine andere Möglichkeit gehabt, mich der Nadeldrohnenfolter zu entziehen“, führte der Mann ins Treffen. Er sei überzeugt, Opfer einer gegen ihn gerichteten Verschwörung zu sein. „Es geht um Alien-Hater-Verräter, die sich fälschlicherweise als Reptilien ausgeben. Sie haben begonnen, mich mit Nadeldrohnen zu foltern“, legte er unter anderem vor Gericht dar.

Das Gedankenkonstrukt des Mannes bezeichnete der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann als „buntes, paranoides Wahnsystem“: „Sie haben die seltene Gelegenheit, das Vollbild einer paranoiden-schizophrenen Psychose vor sich zu sehen“, bemerkte Hofmann in Richtung der Geschworenen. Der 32-Jährige sei im Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig und damit nicht schuldfähig gewesen. Hofmann empfahl dringend, dem Unterbringungsantrag der Staatsanwaltschaft zu folgen. Der Mann sei aus mehreren Gründen gefährlich.

Tiefe Schnittwunden im Gesicht

Wie die Staatsanwältin ausführte, wurde das Opfer „wie aus dem Nichts“ angefallen. Der psychisch Kranke habe ihn längere Zeit verfolgt, dann zu Boden gestoßen, geschlagen und getreten und mit den Worten „I need to kill someone today“ versucht, ihm mit der Scherbe einer zerbrochenen Wodkaflasche die Kehle aufzuschneiden. Das Opfer habe sich heftig gewehrt, laut um Hilfe geschrien, dessen ungeachtet aber tiefe Schnittwunden im Gesicht davongetragen.

Das 35-jährige Opfer sagte Mittwochnachmittag per Videokonferenz aus. „Ich hatte echt Glück“, hielt er fest. Über mehrere Wochen habe er „ungefähr 100 Nähte im Gesicht“ gehabt. Er habe in der Zeit viel meditiert und versucht, sich psychisch nicht runterziehen zu lassen. Zum Glück habe die Attacke äußerlich keine großen bleibenden Schäden hinterlassen und nicht zum Verlust der Sehkraft seines linken Auges geführt.

Völlig ungehinderte Ausreise aus England

Erstaunlich mutet die weitere Vorgangsweise der englischen Behörden in dem Fall an. Der Wiener wurde nach zwei Monaten aus einer Psychiatrie entlassen. Er kaufte Feuerzeugbenzin in einer Trafik, zündete in einem Park in London eine Statue an und wurde erneut in eine Psychiatrie gebracht. Nach einiger Zeit verlies er völlig unbehelligt England, ohne strafrechtlich belangt worden zu sein. Er kehrte nach Wien zurück und zog bei seinem Vater ein. Im Dezember 2020 erzählte er dann seinen Eltern von seinem Überfall auf den Spaziergänger. Die heimische Justiz erfuhr wiederum vom österreichischen Außenministerium von der Gewaltattacke in London.

Als sich der Zustand des 32-Jährigen immer mehr verschlechterte und sich seine Mutter und sein jüngerer Bruder vor ihm zu fürchten begannen, wandte sich auch der Vater an die Behörden. Diese mussten sich erst mühsam die Unterlagen aus England beschaffen, um die Dimension dessen zu erkennen, was dort vorgefallen war, wobei Teile nicht übermittelt wurden – „aus datenschutzrechtlichen Gründen“, wie nun die zuständige Staatsanwältin verriet.