Die Türe des Verhandlungssaals
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Chronik

Klimademo: Polizist bestätigt Fauststöße

Zwei Polizisten haben sich am Freitag für ihr Verhalten bei einer Klimademo im Mai 2019 verantworten müssen. Einer der Beamten bestätigte heftige Faustschläge gegen einen Mann – er habe „keine andere Möglichkeit gesehen“. Der Prozess wurde vertagt.

Bereits mehrfach war der Einsatz der Exekutive am 31. Mai 2019 bei der Auflösung einer Sitzblockade bei der Klimademo in der Wiener Innenstadt ein Fall fürs Gericht – am Freitag war ein Übergriff auf einen Demonstranten Gegenstand der Verhandlung. Dem Aktivisten waren neun Fauststöße in die Nierengegend versetzt worden, bei gleichzeitiger Fixierung durch mehrere Beamte am Boden, was auch ein Video der Amtshandlung zeigt, das im Internet veröffentlicht worden war.

Der Verteidiger des 33-jährigen Revierinspektors erklärte dem Schöffensenat gleich zu Beginn der Verhandlung, dass sein Mandant die Stöße nicht leugnet, jedoch sei die Frage, ob sein Handeln strafbar wäre, „ob sie das gelindeste Mittel wären“. Genau dieses hätte der Beamte nämlich gewählt, auch wenn nach den Richtlinien für das Einsatztraining in diesem Fall ein Beinhebel anzuwenden gewesen wäre. Besagte Beinhebeltechnik würden nicht einmal die Beamten der „Supereinheit“ Wega beherrschen. Das Video bemängelte der Rechtsanwalt ebenfalls, da sehe man immer nur, was die Polizei gemacht hätte, nicht aber was der Demonstrant getan habe.

Angeklagter sieht keine Schläge, sondern „Impulse“

Bei der Befragung durch die Richterin rechtfertigte sich der 33-Jährige – wegen Körperverletzung und strafbarer Handlung unter Ausnützung einer Amtsstellung angeklagt – damit, er habe den Demonstranten „möglichst schnell aus der Bauchlage bringen“ wollen, auch wegen der Gefahr eines möglichen Erstickungstodes. Daher habe er den „weichen Bereich“ des Rückens als Ziel gewählt, damit keine Verletzungen die Folge wären. „Schläge“ würde er seine Handlungen nicht nennen, er wollte „Impulse“ setzen, damit die Arme freigegeben werden.

Polizisten neben Aktivisten am Boden
privat
Der Vorfall ereignete sich bei einer Klima-Demonstration im Mai 2019

Der Beinhebel wäre jedoch keine Alternative gewesen, denn da hätte bereits eine Hand frei sein müssen. Mildernd wertete zudem sein Verteidiger, dass laut dem Bundeseinsatztrainer der Polizei die Fauststöße seines Mandanten aufgrund der knienden Haltung nicht „schulgemäß und daher nur stark abgeschwächt ausgeführt“ worden seien.

Zweiter Beamter wegen falschem Aktenvermerk angeklagt

Dem Zweitangeklagten wird Missbrauch der Amtsgewalt und falsche Beweisaussage vorgeworfen. Er soll noch am selben Tag einen tatsachenwidrigen Amtsvermerk verfasst haben, in dem er behauptete, der Aktivist habe mehrfach versucht, die Beamten zu treten, rechtfertigte sich hingegen mit Kreislaufproblemen und sprach von „verschmolzenen Erinnerungen“. „Das gibt es in meiner Erinnerung so nicht“, sagte der 37-Jährige zu dem Video, das den Angaben in seinem Amtsvermerk widersprach. In diesem stand, dass der Aktivist mehrfach versucht habe, nach Beamten zu treten und sein beschuldigter Kollege habe nur zwei Schläge ausgeteilt.

Was denn der Sinn eines Amtsvermerks sei, wollte die Richterin von dem Angeklagten wissen, und was da drin stehen soll. „Was sich zugetragen hat“, antwortete der Angeklagte. Die Richterin wies darauf hin, dass das Verfahren gegen den Demonstranten wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt eingestellt worden war.

„Ich habe nie getreten“

„Ich habe nie getreten“, gab der betroffene 52-jährige Mann an, der sich als Privatbeteiligter an dem Verfahren beteiligt hatte. Er erkannte zwar den Kontrollinspektor wieder, er erinnerte sich aber nicht, wie viele Beamte auf ihm gewesen wären, als er in Bauchlage war. Er sei vor einem Jahr, im Juni 2020, im Krankenhaus wegen der Niere gewesen und danach wegen der Schmerzen auch kurz im Rollstuhl. Unmittelbar nach dem Vorfall seien im AKH eine leichte Prellung an der rechten Niere sowie Blessuren und Hämatome festgestellt worden.

Als symbolischen Betrag wolle er 1.000 Euro gegen beide Angeklagten vorbehaltlich geltend machen, sagte seine Rechtsvertreterin. Gegenüber der APA gab der einstige Demonstrant an, dass er nach dem Vorfall seine Wohnung verloren habe, dort habe ihn die Polizei nach dem Vorfall aufgesucht, wie auch an seinem Arbeitsplatz an einer Universität. Erst als er über seine Anwältin bekannt gemacht habe, dass Befragungen nur über sie zu erfolgen hätten, habe dies aufgehört.

Verhandlung wurde vertagt

Die Verhandlung wurde schließlich vertagt, die Staatsanwaltschaft beantragte die Ladung von Gutachterin Elisabeth Friedrich. Die Verteidigung beantragte zudem den Bundeseinsatztrainer der Polizei als Zeugen.