Ein verletzter Terrorist umringt von Polizeibeamten und Sanitätern am 29. August 1981 in Wien.
APA/KRISTIAN BISSUTI
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Chronik

Gedenken an Anschlagsopfer auf Synagoge

Die Israelitische Kultusgemeine (IKG) gedenkt heute des 40. Jahrestags des Anschlags auf die Synagoge in der Seitenstettengasse. Zwei Menschen wurden getötet und 18 verletzt, als Terroristen das Feuer eröffneten. Seitdem werden IKG-Einrichtungen streng bewacht.

Am 29. August 1981 wollten zwei Terroristen den Stadttempel stürmen, als Gläubige am Sabbat Bar-Mizwah feierten. Polizisten, die direkt an den Eingangstoren die Feier sicherten, konnten diese verriegeln, bevor die Terroristen eindringen konnten. Die Männer schossen weiter in der Seitenstettengasse um sich. Ein zufällig anwesender Leibwächter eines Industriellen setzte einen der Terroristen durch einen Bauchschuss außer Gefecht.

Ein verletzter Terrorist umringt von Polizeibeamten und Sanitätern am 29. August 1981 in Wien.
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Zwei Menschen starben bei dem Anschlag, 18 wurden zum Teil schwer verletzt

Der zweite Terrorist konnte zunächst fliehen. Er schoss bei einer wilden Verfolgungsjagd durch die Wiener Innenstadt wahllos auf Passanten und schleuderte Handgranaten auf einen Funkstreifenwagen. Er erschoss eine 25-jährige Frau, die sich schützend auf einen Kinderwagen warf, um das Baby zu schützen, und einen Pensionisten. Beide waren von einem anderen jüdischen Bethaus in der Innenstadt gekommen. Die Polizei konnte schließlich beide Männer festnehmen.

Auch an Attentat auf Wiener Stadtrat beteiligt

Die Männer waren Anhänger der palästinensischen Extremistengruppe „Fatah Revolutionärer Rat“ des Terroristen Abu Nidal. Einer von ihnen hatte auch den Anschlag auf Heinz Nittel verübt und die Tat später gegenüber der Polizei gestanden. Der damalige Präsident der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft kam dabei ums Leben. Die Abu-Nidal-Gruppe, auch als „Fatah Revolutionärer Rat“ bekannt, wurde 1974 von Sabir al-Banna alias Abu Nidal als Abspaltung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) gegründet.

Nach wenigen Tagen konnte die Polizei ein palästinensisches Terrornetz aufdecken. Wenig später wurde in Salzburg ein Palästinenser verhaftet, der ein Waffenlager hortete und eine Reihe von Anschlägen auf „zionistische Ziele“ plante. Die beiden Attentäter wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Dem in Salzburg festgenommenen mutmaßlichen Anführer konnten nicht alle Vorwürfe nachgewiesen werden, weshalb er mit 20 Jahren Haft davonkam.

Terroranschlag am Flughafen Wien-Schwechat

Nach den Urteilen versuchte die Gruppe um Abu Nidal die drei Gefangenen gegen einen „Nicht-Angriffs-Pakt“ mit Österreich freizukaufen. Nachdem dies seitens Österreichs abgelehnt worden war, wurde offenbar der Auftrag für zwei zeitgleiche Attentate auf die Flughäfen Wien-Schwechat und Rom gegeben. Bei den Anschlägen im Dezember 1985 auf einen Check-In-Schalter der israelischen Fluggesellschaft „El Al“ in Schwechat wurden drei Menschen getötet und 40 teils schwer verletzt.

Jüdische Synagoge in der Seitenstettengasse am Dienstag, 3. November 2020, am Tag nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt
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Noch heute wird der Stadttempel, wie andere jüdische Einrichtungen in Österreich, von der Polizei ständig beschützt. Die Synagoge in der Seitenstettengasse war aber auch schon vor dem Anschlag 1981 Schauplatz eines Anschlages. Zwar gab es keine Verletzten, es entstand jedoch erheblicher Sachschaden, als am 22. April 1979 im Hof des Hauses ein halbes Kilogramm Plastiksprengstoff explodierte. Die palästinensische Extremistengruppe „Adler der palästinensischen Revolution“, ein Zweig der pro-syrischen Palästinenserbewegung Al-Saika, bekannte sich zu dem Angriff.