Kind mit Taschentuch
Getty Images/Ariel Skelley
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CORONAVIRUS

Vierte Welle: Mehr Kinder mit „Long Covid“

Zwei bis sechs Prozent aller Kinder, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, sind laut Studien von „Long Covid“ betroffen. Der Wiener Kinderinfektiologe Florian Götzinger warnt vor einer höheren Zahl im Herbst.

Im Herbst und Winter wird es wohl wieder mehr Infektionen mit dem Coronavirus geben, auch unter Kindern, so Götzinger gegenüber Radio Wien: „Und da wird man wohl auch den ein oder anderen Patienten mehr sehen, der ‚Long Covid‘ hat.“ Denn wenn sich mehr Menschen anstecken, bekommen auch mehr Menschen Folgeerkrankungen – wie eben „Long Covid“.

Allerdings bestehe für Einzelne kein Grund zur Panik, da die meisten Kinder die akute Infektion locker wegstecken würden, meinte der Kinderinfektiologe an der Klinik Ottakring. Es sei aber wichtig, dafür zu sensibilisieren, dass auch Kinder „Long Covid“ bekommen können, sagte Götzinger.

Vierte Welle: Mehr Kinder mit „Long Covid“

Zwei bis sechs Prozent aller Kinder, die sich mit dem Coronavirus angesteckt haben, sind laut Studien von „Long Covid“ betroffen. Der Wiener Kinderinfektiologe Florian Götzinger warnt vor einer höheren Zahl im Herbst.

Schwierig zu diagnostizieren

Mit „Long Covid“ ist gemeint, dass mindestens ein Coronavirus-Symptom auch drei Monate nach der Infektion noch da ist. Das reicht von Kopfschmerzen über Geruchsverlust bis hin zu dauernder Müdigkeit. Diese Symptome können aber viele Ursachen haben und auch unabhängig von einer Coronavirus-Infektion auftreten.

Auch deshalb ist sich die Wissenschaft hinsichtlich „Long Covid“ bei Kindern uneins. Eine kürzlich veröffentlichte britische Studie sieht nur knapp zwei Prozent aller Kinder, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, als betroffen an. Eine aktuelle kanadische Studie kommt dagegen zu dem Ergebnis, dass etwa sechs Prozent aller Kinder – also inklusive der symptomlos infizierten – „Long Covid“ bekommen.

Das deckt sich auch mit vorläufigen Ergebnissen der MedUni Graz und der AGES. Die vollständige Studie ist noch nicht öffentlich. Die Sachlage ist so schwierig zu erforschen, weil „Long Covid“ nicht eindeutig definiert ist und eben weil die Symptome viele Ursachen haben können. Allerdings scheinen Kinder insgesamt seltener als Erwachsene „Long Covid“ zu bekommen. Je jünger die Kinder, desto unwahrscheinlicher ist diese Erkrankung.

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APA/Erwin Scheriau
Lange Lockdowns und wenig soziale Kontakte können bei Kindern auch zu körperlichen Beschwerden führen

Coronavirus, Psyche oder etwas anderes?

Gerade bei Kindern können diese Beschwerden laut Götzinger auch durch psychische Belastungen hervorgerufen werden. „Wenn zum Beispiel jemand in der Familie eine schwere Corona-Infektion hatte, oder auch wegen der langen Lockdowns, wo die Kinder nicht in die Schule durften, da kann es schon sein, dass solche Symptome auftreten.“ Deswegen sollen Eltern sich in erster Linie an den Kinderarzt oder die Kinderärztin wenden, wenn sie befürchten, dass ihr Kind „Long Covid“ haben könnte.

„Wenn sich der Verdacht erhärtet, bekommt man eine Überweisung in die Lungenambulanz der Kinderklinik Wien Ottakring“, so Götzinger. Dort bekommt man einen Termin in der hauseigenen „Long Covid“-Ambulanz. Götzinger hat dort bisher etwa fünf Kinder mit „Long Covid“ behandelt.

Entzündungssyndrom MIS-C – Plötzlich hohes Fieber

Gefährlicher als „Long Covid“ ist das Entzündungssyndrom MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children, deutsch etwa Multisystemisches Entzündungssyndrom bei Kindern). Es tritt zwei bis acht Wochen nach einer Corona-Infektion auf und ist nur bei Kindern bekannt. Die Kinder bekommen plötzlich sehr hohes Fieber und können im ganzen Körper Entzündungen haben. Das tritt bei etwa jedem tausendsten Kind auf, aber auch hier steht die tatsächliche Häufigkeit noch nicht fest.

Diese Kinder brauchen oft ärztliche Behandlung. „Wenn das Kind also plötzlich Fieber bekommt und es dafür keinen anderen guten Grund gibt, dann bitte unbedingt zu einem spezialisierten Zentrum gehen. Wenn man diese Kinder behandelt, werden zum Glück fast alle wieder gesund“, so Götzinger.

Götzinger betont, dass Eltern jetzt nicht in Panik verfallen müssen. Sowohl „Long Covid“ als auch MIS-C treten bei Kindern zwar auf, sie sind aber sehr selten. Das Risiko, daran zu erkranken, sei sehr gering. „Es ist aber trotzdem wichtig, Eltern sowie Ärztinnen und Ärzte dafür zu sensibilisieren, gerade angesichts der steigenden Infektionszahlen im Herbst“, so Götzinger.