Anwalt Michael Schnarch und der Angeklagte
APA/Hans Punz
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Chronik

Frau angezündet: „Wollte nur Angst machen“

Anfang März hat ein 47-jähriger Mann in Wien seine Ex-Partnerin mit Benzin übergossen und angezündet. Die 35-jährige Trafikantin verstarb an schwersten Verbrennungen. Zum Prozessauftakt am Donnerstag bekannte sich der Angeklagte „nicht schuldig“.

Er habe sie „nur schrecken“, ihr „Angst machen wollen“, gab der 47-Jährige zu Protokoll. Sein Ex-Anwalt habe ihn nach seiner Festnahme zu einem falschen Geständnis „gezwungen“, behauptete der Angeklagte. Er habe die um zwölf Jahre jüngere Frau „definitiv nicht töten wollen“. Er habe während der rund vierjährigen Beziehung auch „nie im Leben“ Gewalt gegen die 35-Jährige ausgeübt.

Überwachungsvideo zeigt Tat

„Er zündete sie an, weil es ihm nicht genug war, sie zu erschlagen oder zu erdrosseln“, hielt die Staatsanwältin in ihrem Eröffnungsvortrag fest. Der Mann habe die Frau, mit der er eine On-off-Beziehung führte, „auslöschen“ wollen. In Richtung der Geschworenen betonte die Anklägerin, die Tat sei „außergewöhnlich“.

Das gesamte Tatgeschehen sei auf Video dokumentiert – in der Trafik war eine Überwachungskamera installiert. „Sie werden die grausigen Bilder nicht so schnell vergessen“, warnte die Staatsanwältin die Laienrichter. Zum Vorgehen des Angeklagten bemerkte die Anklägerin: „Meine Worte schaffen es nicht, die Brutalität und die Vehemenz des Angriffs zu beschreiben.“

Fotostrecke mit 5 Bildern

Versuchter Mord in Wien-Josefstadt: Ein Mann soll eine Frau mit Benzin übergossen und angezündet haben. im Bild: Verrauchter Tatort
ORF/Claudia Peintner
Einsatzkräfte am Schauplatz in der Nu§dorfer Stra§e in Wien-Alsergrund nachdem am Freitag, 5. März 2021, eine Trafikantin mit Flüssigkeit überschüttet und dann angezündet worden war.
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Versuchter Mord in Wien-Josefstadt: Ein Mann soll eine Frau mit Benzin übergossen und angezündet haben. im Bild: Einsatzkräfte am Tatort
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Versuchter Mord in Wien-Josefstadt: Ein Mann soll eine Frau mit Benzin übergossen und angezündet haben. im Bild: Einsatzkräfte am Tatort
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Versuchter Mord in Wien-Josefstadt: Ein Mann soll eine Frau mit Benzin übergossen und angezündet haben. im Bild: Einsatzkräfte am Tatort
ORF/Claudia Peintner

Mann vorbestraft

Laut Anklage war die Beziehung des gebürtigen Ägypters zur später Getöteten von dessen Eifersucht und Kontrollzwang geprägt. Er hatte in der Trafik ein Abhörgerät installiert, um ihre Gespräche am Arbeitsplatz überwachen zu können. Auch ihr Handy soll der vorbestrafte Mann – er hatte seine Ex-Frau geschlagen und bedroht und war dafür im November 2018 wegen Körperverletzung und Nötigung vor Gericht gestanden – durchforstet haben.

Aufgrund des installierten Abhörgeräts bekam der 47-Jährige schließlich mit, dass seine Freundin einen Detektiv engagiert hatte. Laut Anklage teilte er ihr darauf hin zwei Tage vor der Tat mit, sie mache ihn „narrisch, bis ich dich verbrenne in deinem Geschäft“. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits vier Liter Benzin gekauft und zu Hause in Fläschchen abgefüllt.

Am 5. März traf die 35-Jährige den Detektiv in ihrem Geschäft. Der Angeklagte hörte mit, wie die Frau diesem gegenüber die „endgültige Trennung“ von ihrem Partner in den Raum stellte. Der Detektiv empfahl in diesem Zusammenhang, einen Peilsender am Auto des 47-Jährigen anzubringen, weil sich die Frau vor der Reaktion des Ägypters fürchtete. Darauf hin habe der 47-Jährige „eine Riesenwut“ bekommen und sei schnurstracks mit Benzin zur Trafik gefahren, schilderte die Staatsanwältin das weitere Geschehen.

Mann „wollte sie zur Rede stellen“

Der Angeklagte gab an, dass seine Frau ihn betrogen haben soll: „Sie hat unsere Beziehung mit dem Fuß getreten.“ Deswegen sei er mit einer Benzinflasche in ihre Trafik gegangen und habe ihr Angst machen wollen: „Ich wollte sie zur Rede stellen.“ Nach Betreten der Trafik schloss der gebürtige Ägypter hinter sich die Tür und ließ die Rollbalken hinunter. Die 35-Jährige drückte sofort den Alarmknopf, die Alarmanlage war allerdings nicht intakt.

Das Benzin habe er nur mitgenommen, um die Trafik in Brand zu stecken, sagte er. Als das Feuer ausbrach, habe er geglaubt, dass sie ihm folgt. Die 35-Jährige wurde laut Anklage zuvor aber zu Boden geschlagen. Sie bekam ein Kabel um ihren Hals geschlungen und wurde laut Anklage fast zwei Minuten lang gedrosselt. Ehe er das Geschäft verließ – die Tür sperrte er wieder hinter sich ab, den Schlüssel warf er weg –, habe er wahrgenommen, „wie sie noch Fuß und Hand bewegt“, sagte er vor Gericht. Folglich sei er davon ausgegangen, „dass sie noch aufstehen kann“.

Frau angezündet: „Wollte nur Angst machen“

Anfang März hat ein 47-jähriger Mann in Wien seine Ex-Partnerin mit Benzin übergossen und angezündet. Die 35-jährige Trafikantin verstarb an schwersten Verbrennungen. Zum Prozessauftakt am Donnerstag bekannte sich der Angeklagte „nicht schuldig“.

Passanten zertrümmerten Glastür

Zwei Passanten bekamen die Flammen im Inneren des abgeschlossenen Geschäfts mit und zertrümmerten mit einem Einkaufswagen die Glastür. Den alarmierten Rettungskräften gegenüber war die 35-Jährige noch in der Lage, das Erlebte kurz zu schildern und den Namen des vom Tatort Geflüchteten zu buchstabieren.

In einem Spital wurde die lebensgefährlich Verletzte intensivmedizinisch behandelt. Wochenlang kämpften die Frau und die Ärzte um das Leben der 35-Jährigen, ein Arm und ein Bein mussten ihr amputiert werden. Am 3. April starb die Frau an einem Multiorganversagen infolge der erlittenen Brandwunden.

Angeklagter laut Gutachten zurechnungsfähig

Dem Angeklagten drohen im Fall eines Schuldspruchs zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft seine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher beantragt. Ausschlaggebend dafür war das Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Peter Hofmann, der den Mann zwar als zurechnungsfähig, aufgrund einer schwerwiegenden kombinierten Persönlichkeitsstörung mit sadistischen, narzisstischen und zwanghaften Zügen aber als hochgefährlich eingestuft hatte.

Die Verhandlung wird am Freitag fortgesetzt. Ein Gerichtsmediziner und der psychiatrische Sachverständige werden dann ihre Gutachten darlegen. Das Urteil wird für Freitagnachmittag erwartet.