Jean-Michel Basquiat, Francesco Clemente, Andy Warhol: Alba’s Breakfast
Bischofberger Collection, Männedorf-Zurich, Switzerland © The Estate of Jean-Michel Basquiat / Bildrecht, Wien 2021 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Bildrecht, Vienna 2021 © Francesco Clemente
Bischofberger Collection, Männedorf-Zurich, Switzerland © The Estate of Jean-Michel Basquiat / Bildrecht, Wien 2021 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Bildrecht, Vienna 2021 © Francesco Clemente
Kultur

Albertina bringt die 80er zurück

Die Achtziger sind gerade wieder groß in Mode. Nun feiert auch die Albertina modern dieses Jahrzehnt und präsentiert mit „The 80s“ eine mit 165 Werken vollgepackte Retrospektive, von Jean-Michael Basquiat bis Jeff Koons.

Die Kunst der Achtziger ist farbenfroh, facettenreich und hat dennoch einen gemeinsamen Nenner: Sie wollte alles sein, nur nicht langweilig. Kuratiert wurde die Ausstellung, die ab Sonntag zu sehen ist, von Angela Stief, die erst vor Kurzem zur Direktorin des Hauses bestellt wurde.

„Hunger nach figurativen Bildern“

Albertina-Generaldirektor Klaus Albrecht Schröder räumte ein, dass dem Herausheben eines Jahrzehnts freilich die Gefahr einer gewissen Beliebigkeit anhafte. Doch worin liegt nun die Bedeutung der 1980er-Jahre als „wichtigste Dekade für das Verständnis der Kunst des 21. Jahrhunderts“ und wodurch unterscheidet sie sich von der vorangegangenen Dekade? Die Achtziger markieren laut Schröder den Beginn der Postmoderne in der Bildenden Kunst: „Nach dem Minimalismus der 70er schien das Bild ausgedient zu haben. Aber der Hunger nach figurativen Bildern, Symbolen, Erzählungen hat weiter bestanden und bricht sich nun Bahn.“

Fotostrecke mit 8 Bildern

Franz Gertsch: Irene
Franz Gertsch
Franz Gertsch: „Irene“, 1980
Francesco Clemente: Hermaphrodite
Francesco Clemente
Francesco Clemente: „Hermaphrodite“, 1985
Leuchtstofflampen von Brigitte Kowanz:
Stefan Altenburger
Brigitte Kowanz: „1x8“, Leuchtstofflampen, 1988
Keith Haring: Untitled
Keith Haring Foundation
Keith Haring: Untitled, 1983
Bruce Naumann: Sex and Death by Murder and Suicide, Neonröhren
Bisig & Bayer
Bruce Nauman: „Sex and Death by Murder and Suicide“, 1985
Jenny Holzer & Lady Pink (geb. 1950 in Gallipolis)
Savor kindness because cruelty is always possible later
1983/1984
Sprühfarbe auf Leinwand, 269 x 324.5 x 2 cm
Bildrecht, Wien 2021
Jenny Holzer & Sandra Fabara: „Savor kindness because cruelty is always possible later“, 1983/1984
Verso Damaso
Bildrecht, Wien 2021
Sandro Chia: „Verso Damasco“, 1981
Isolde Joham: Electric Rider
Isolde Joham/ Foto: Olga Pohankova
Isolde Joham: „Electric Rider“, 1981

Street Art, Kitsch und Comic

In 13 Räumen spürt man dieser Absage an Konzeptkunst und verkopfter Avantgarde nach. Die Einflüsse auf das künstlerische Schaffen sind vielfältig. Street Art und Kitsch spielen eine große Rolle, wie gleich im ersten großen Raum klar wird. Das riesige Gemälde „Dirosapocalypse“ von Herve Di Rosa zeigt ein grelles comichaftes Durcheinander aus Planeten, grünen Männchen, Fantasiegebilden und Explosionen. Zwischen den Graffiti-Figuren von Keith Haring und einem gesprühten, dank motivischer Überlagerungen prallen Großformat von Lady Pink und Jenny Holzer steht die lebensgroße Holzskulptur „Bear and Policeman“ von Jeff Koons.

Viel Platz ist dem Neoexpressionismus in seinen diversen Spielformen gewidmet. Hier finden sich auch einige Werke österreichischer Provenienz – von den pastosen Abstraktionen von Herbert Brandl und Hubert Scheibl bis zu figurativen und an Ernst Ludwig Kirchner erinnernden figurativen Szenen von Hubert Schmalix. In den USA prägen vor allem das Fragmentarische und der Rückgriff auf historisches Quellenmaterial die Arbeiten von Julian Schnabel und David Salle.

Kopieren als Stilelement

Ausgiebig gewürdigt wird in der Albertina modern auch die Appropriation Art. Hier wird ungeniert kopiert und angeeignet. Cindy Sherman stellte für ihre Fotoserien Szenen aus 50er-Jahre-Streifen nach, Mike Bidlo malte Picassos „Les demoiselle d’Avignon“ aus 1907 eins zu eins ab und nannte sein Bild „Not Picasso“, die Österreicherin Isolde Joham setzte nach einem Filmstill aus „The Electric Horseman“ mit Robert Redford und Jane Fonda ihren „Electric Rider“ vor einer neongrellen Las-Vegas-Kulisse in Szene.

Die Ausstellung

„The 80s. Die Kunst der 80er Jahre“ in der Albertina modern, Karlsplatz 5, 1010 Wien. Ab Sonntag und bis 13. Februar 2022.

Schröder verwies auf die großen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der 80er – markiert u. a. durch den von Margaret Thatcher und Ronald Reagan befeuerten Aufstieg des Neoliberalismus, den Zusammenbruch der Sowjetunion, die Wiedervereinigung Deutschlands und Tschernobyl. „Wer durch die Ausstellung geht, wird von all dem nichts mitbekommen“, sagte der Generaldirektor. Nur eine Entwicklung spiegle sich wieder: die ab den 80ern grassierende Krankheit Aids.

„Man sieht sie in den Totenköpfen Basquiats, in den roten Kreuzen und Wunden von Haring, in den Schießscheiben von Philip Taaffe und bei Ross Bleckner.“ Letzterer setzte für „Architecture in the Sky“ helle Lichtpunkte auf eine dunkelgraue Leinwand. Es gibt aber noch eine andere Lesart. Die weißen Tupfen ähneln jenen Flecken, durch die eine bei Aidskranken häufig auftretende Tumorerkrankung erkennbar ist. Die 80er waren eben auch in der Kunst nicht nur eine große Party.