Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi am Dienstag, 12. Oktober 2021, während der Viennale PK „Programm-Präsentation 2021“ in Wien. –
APA/GEORG HOCHMUTH
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Kultur

Viennale: Kino als Spiegel des Heute

Es ist die 59. Viennale, die ab dem 21. Oktober Besucherinnen und Besucher mit einem besonderen Programm in fünf Wiener Kinos lockt. Zu sehen ist zeitgenössisches Kino, das sich mit allen Facetten der heutigen Gesellschaft beschäftigt.

So eröffnet wenig verwunderlich der heurige Venedig-Gewinner, das Abtreibungsdrama „L’Evenement“ von Audrey Diwan, das Festival. Es folgen rund 240 Filme, bei denen sich als roter Faden das Thema der Jugend, des Erwachsenwerdens und der Bildung durchzieht. Hierzu gehört etwa Maria Speths „Herr Bachmann und seine Klasse“, der bei der Berlinale gefeiert wurde, „The Inheritance“ von Ephraim Asili oder auch Ignacio Cerois Debütfilm „Qué será del verano“. Eine Besonderheit stellt hier „Lo Impide“ von Jonás Trueba dar, der über vier Jahre mit acht Heranwachsenden selbstreferenziell gedreht wurde.

Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi am Dienstag, 12. Oktober 2021, während der Viennale PK „Programm-Präsentation 2021“ in Wien. –
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Gesellschaftliche Spaltpilze und Revolutionsbewegungen rücken hingegen Alice Diop in „Nous“ oder Elisabeth Perceval und Nicolas Klotz in „Nous Disons Révolution“ ins Zentrum – oder etwas parabelhafter Denis Côté in „Hygiène sociale“. Und auch das österreichische Filmschaffen ist heuer wieder vertreten, finden sich doch sechs Langfilme aus heimischer Produktion im Programm. Dazu gehört etwa Sebastian Meises gerade eben zum Auslandsoscar eingereichtes Drama „Große Freiheit“ oder „Beatrix“ vom Regieduo Milena Czernovsky und Lilith Kraxner. Mit Joachim Triers „Verdens Verske Menneske“, in Cannes gefeiert, endet die Viennale am 31. Oktober.

Zwei Monografien zu Terence Davies und Henrik Galeen

Der traditionelle Festivaltrailer stammt heuer vom britischen Filmemacher Terence Davies. Dieser lässt in dem einminütigen Werk „Buy Why?“ einen jüngeren Mann eine Stiege erklimmen, bevor sie ein älterer herabsteigt, während Davies aus dem Off über das Leben und die Vergänglichkeit philosophiert. Und die Viennale belässt es nicht bei dem Trailer, sondern widmet dem 75-Jährigen auch eine Monografie. Dabei sind unter den zehn Arbeiten seine jüngeren Literaturverfilmungen wie „The House of Mirth“ oder „A Quiet Passion“ ebenso zu finden wie seine neueste Arbeit „Benediction“ aus 2021.

Die zweite Monografie widmet sich in Zusammenarbeit mit dem Filmarchiv Austria indes dem Oeuvre von Henrik Galeen, einem der Großmeister des Weimarer Gruselkinos, der an Klassikern wie „Nosferatu“ mitschrieb oder als Regisseur etwa „Der Student von Prag“ verantwortete. Eine „Kinematografie“ ist hingegen dem italienischen Filmemacher Fabrizio Ferraro vorbehalten, von dem unter dem Titel „Gedanke und Vorstellungskraft“ sieben Filme gezeigt werden. Die dritte Retrospektivenschiene „Historiografie“ ist der kubanischen Regievorreiterin Sara Gómez, die als erste Kubanerin einen Langspielfilm drehte, sowie dem spanischen Trickpionier Segundo de Chomón gewidmet.

Filmmuseum-Direktor Michael Loebenstein und Viennale-Direktorin Eva Sangiorgi
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Hommage an Amos Vogel

Die gemeinsam mit dem österreichischen Filmmuseum konzipierte Retrospektive ist heuer als Hommage an den legendären, wienstämmigen Filmwissenschafter und -kritiker Amos Vogel angelegt, der heuer 100. Geburtstag gefeiert hätte und deshalb auch in seiner Wahlheimat New York gewürdigt wird. Unter dem Titel „Film as a Subversive Art“ sollen dabei jedoch nicht von Vogel gepushte Werke gezeigt werden. Zu sehen ist eine Auswahl von sechs Kuratierenden, die seinem Credo vom Film als Medium der Vielstimmigkeit, des politischen Bewusstseins und der ästhetischen Sprengkraft folgten.

Veranstaltungshinweis

59. Viennale, 21. bis 31. Oktober

Und nicht zuletzt soll das Kurzfilmschaffen bei der Viennale eine prominentere Rolle bekommen. 42 Kurz- und Mittellangfilme sind heuer programmiert, um dem Genre mehr Aufmerksamkeit zukommen lassen. So laden heuer acht Kurzfilmprogramme die Liebhaber des Kurzen.

Im Gartenbaukino 2-G, sonst 2,5-G-Regel

Die Viennale wird über weite Strecken unter 2,5-G-Regel abgehalten – also offen für Geimpfte, Genesene oder jene mit einem aktuellen PCR-Test. Lediglich im Gartenbaukino, das mit 736 Plätzen mehr als 500 Besucherinnen und Besucher begrüßen kann, gilt gemäß den Wiener Vorgaben 2-G, also der Zutritt nur für Geimpfte und Genesene. Auch den Weg der Barrierefreiheit geht man weiter. In allen fünf Festivalkinos gibt es induktive Höranlagen für hörbeeinträchtigte Menschen, und in der Urania werden vier Vorstellungen mit Audiodeskription für sehbeeinträchtigte Menschen offeriert.