Wien Stadtansicht
ORF.at/Christian Öser
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Klima & Umwelt

Studie: Fernwärme essenziell für Klimaziel

Die Stadt Wien hat sich das Ziel gesetzt, bis 2040 klimaneutral zu sein. Dafür muss laut einer aktuellen Studie vor allem die Wärmeversorgung komplett umgebaut werden, Fernwärme soll mehr als die Hälfte des Wärmebedarfs decken.

Die Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Compass Lexecon im Auftrag von Wien Energie skizziert das Szenario „Klimaneutral 2040“, also wie Wien im Jahr 2040 klimaneutral aussehen könnte. Eines der zentralen Ergebnisse ist, dass 2040 56 Prozent des Wärmebedarfs in Wien über die Fernwärme abgedeckt wird, wobei mehr als die Hälfte der Fernwärme aus Geothermie und von Großwärmepumpen kommen soll. Der Anteil an Heizkraftwerken geht in dem Szenario massiv zurück.

Ab 2030 liegt Hoffnung auf Grünem Gas

Während die Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen heute rund 52 Prozent der Wärme-Produktion ausmachen, liegt ihr Anteil 2040 nur mehr bei 13 Prozent. Ab den 2030er-Jahren werden diese zunehmend mit Grünem Gas betrieben und erreichen so bis 2040 Null-Emissionen. Der übrige Teil soll vor allem durch die Müllverbrennungsanlagen und Abwärme aus der Industrie abgedeckt werden.

Abgase eines Autos
ORF
Zur CO2-Neutralität gehört auch, dass Verbrennungsmotoren nicht mehr erlaubt sein werden

Noch heuer werde man mit der Errichtung der leistungsstärksten Großwärmepumpe Europas beginnen, sagte Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl anlässlich der Präsentation der Studie. Diese Anlage werde die Abwärme aus der Kläranlage in Simmering nutzen. „Damit werden wir in der ersten Ausbaustufe 2023 mehr als 27.500 Haushalte CO2-frei versorgen können. Bis 2030 wollen wir außerdem Wärme für 125.000 Haushalte mit Geothermie erzeugen, unsere Forschungsarbeiten sind hier in den Endzügen“, sagte Strebl.

Wärmebedarf wird durch Klimawandel sinken

Während der Hochphase der Umrüstungen in den 2030er-Jahren müssen pro Jahr etwa 1.500 Gebäude auf Wärmepumpen umgerüstet werden, was auch als Chance für die regionale Wertschöpfung und den Wiener Arbeitsmarkt gesehen wird. „Gemeinsam mit Wiener Wohnen schauen wir uns aktuell an, wie konkret der Umstieg im Gemeindebau gelingen kann“, sagte Strebl.

Studie zur Klimawende

Es sind hohe Ziele, die sich die Wiener Stadtregierung schon in ihrem Regierungsprogramm gesteckt hat: Eine komplett Klimaneutrale Stadt bis zum Jahr 2040, also in 19 Jahren. Eine Studie für Wien Energie zeigt jetzt: Dieses Ziel ist zu erreichen.

Die Studie nimmt an, dass durch die Klimaerwärmung und Wärmedämmung der Wärmebedarf in Wien bis 2040 trotz Bevölkerungswachstums um 18 Prozent abnehmen wird. Insgesamt soll der Endenergiebedarf Wiens sogar um 27 Prozent sinken. Gleichzeitig wird sich vor allem durch die Umstellung auf Elektroautos der Strombedarf in Wien um 65 Prozent auf 15,7 Terawattstunden (TWh) erhöhen. Allein der Strombedarf für Elektromobilität soll sich auf 3,15 TWh versiebenfachen.

Wien deckt 2040 nur ein Drittel des Strombedarfs

Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund des Ziels klimaneutral zu werden, der Strombedarf 2040 nicht mehr aus den Gaskraftwerken der Stadt abgedeckt werden kann. Die Studie skizziert als Ersatz eine Verdreifachung der erneuerbaren Produktion aus Sonne und Wind. Damit kann aber voraussichtlich nicht einmal ein Drittel des Strombedarfs der Stadt abgedeckt werden, beim Rest sei man dann von Stromimporten abhängig. Schon jetzt importiert Wien rund ein Fünftel seines Stroms.

Die Müllverbrennungsanlage Spittelau mit der von Friedensreich Hundertwasser gestalteten Fassade
APA/Helmut Fohringer
Die Fernwärme spielt eine der größten Rollen, soll sie doch die Gasheizungen ersetzen

Wie groß das Vorhaben ist, zeigt sich auch an den CO2-Emissionen: Im Jahr 2019 lagen diese bei 6.900 Kilotonnen, bis 2030 sollen sie laut den Berechnungen auf 4.700 Kilotonnen sinken. Den CO2-neutralen Bereich sollen sie 2040 erreichen, da wird der Ausstoß 2040 nur noch 300 Kilotonnen betragen. Das soll dann durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden. In der Studie werden etwa Carbon-Capture-Methoden genannt, also die Abscheidung und Speicherung von CO2.

Investitionen im Milliardenbereich notwendig

Die Studie soll quasi eine Straßenkarte sein, wie Wien die CO2-Neutralität erreichen kann. „Es ist schaffbar“, sagt Strebl. „Aber es ist eine Herkulesaufgabe, das möchte ich nicht verhehlen. Es ist eine Anstrengung notwendig, die ihresgleichen sucht.“ Es müssen alle an einem Strang ziehen – Energieversorger, Stadt, Bund und EU – „sonst wird das in dieser Form nicht gehen“.

Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) ergänzt: „Wenn es uns gelingt, sehr konsequent über 19 Jahre Milliarden zu investieren, wird uns dieses Projekt gelingen. Das haben wir uns vorgenommen und das wurde uns mit dieser Studie von einem Experten bestätigt.“ Die Kosten für die Stadt sind enorm: Laut der Studie sind 21,2 Milliarden Euro bis 2040 notwendig. Um den zusätzlichen Strombedarf abzudecken, seien außerhalb Wiens außerdem weitere Investitionen über 7,3 Milliarden Euro notwendig.