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ORF.at/Carina Kainz
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Politik

Debatte zu Inseraten und Kindergarten

In Wien hat am Donnerstag wieder der Gemeinderat getagt. Die Grünen übten gemeinsam mit der FPÖ Kritik an der Inseratenvergabe der rot-pinken Stadtregierung. Die SPÖ sprach von grüner „Doppelmoral“. Diskussionen gab es auch über die Kindergärten.

Keine Inserate mehr in der Tageszeitung „Österreich“ – das fordern die Wiener Grünen von der Stadtregierung. Die Stadt soll darauf verzichten, „bis die Korruptionsvorwürfe geklärt“ sind, hieß es in dem Antrag. Derzeit zahle die Stadt jährlich rund vier Millionen Euro an „Österreich“, wird im Antrag der Grünen ausgeführt.

Zum geforderten Inseratenstopp konterte die SPÖ: Ein Anspruch, mit dem es die Bundes-Grünen offenbar nicht so genau nehmen. „Ich sehe bei den Grünen in dieser Frage eine gewisse Doppelmoral. Wenn Kogler (Vizekanzler, Anm.) seine Sportkampagne jetzt durchzieht und auch in den genannten Medien schaltet und Gewessler (Umweltministerin, Anm) ihre Klima Ticket-Kampagne durchzieht und in den genannten Medien schaltet“, sagte SPÖ-Gemeinderat Jörg Neumayer.

FPÖ und ÖVP üben auch Kritik an den Grünen

Die Wiener FPÖ kündigte im Vorfeld per Aussendung einen Antrag an, in dem sie fordert, dass die Vergabe von städtischen Inseraten transparent wird. Kritik gab es von FPÖ-Klubobmann aber ebenfalls an den Grünen. „Es ist schade, dass die Grünen erste jetzt, nachdem sie zehn Jahre in der Regierung die Zeit gehabt hätten etwas zu ändern, erst jetzt auf das Problem daraufkommen. Fakt ist: Dass es ähnliche Vorwürfe gegen die Stadt Wien und gegen ausgelagerte Betriebe der Stadt Wien gibt, wie sie auch im Bereich der Bundesebene im Raum stehen“, so Kraus.

Kritik an den Grünen kommt auch von der ÖVP. „Die Grünen waren selbst jahrelang Teil der Stadtregierung und haben dieses System der Inseratenvergabe selbst gelebt und auch davon profitiert. Das heißt, mit dem Finger auf den Bund zu zeigen, das weisen wir zurück“, sagte ÖVP-Gemeinderätin Laura Sachslehner.

Inseraten-Diskussion im Gemeinderat

Millionen an Euros gehen für Inserate von der Bundesregierung aber auch von der Stadt Wien an Medienunternehmen. Spätestens seit Auffliegen der Ermittlungen gegen Ex-Kanzler Kurz und die Mediengruppe Österreich ist das ein großes Diskussions-Thema. Im Gemeinderat waren die Inserate der Stadtregierung nun Thema.

Ludwig weist alle Vorwürfe zurück

Für die Stadt wies Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) alle Vorwürfe zurück. Man setze auf Transparenz und eine Reduktion der eingesetzten Mittel, „so wurden im Vorjahr 0,15 Prozent des Stadtbudgets für werbliche Information und Kommunikation aufgewendet. In der Privatwirtschaft werden üblicherweise zwischen ein bis drei Prozent des Unternehmensbudgets hierfür veranschlagt“, sagte Ludwig.

Das Inseratenbudget der Stadt Wien machte 2015 ohne ausgelagerte Betriebe 28,3 Millionen aus. 2019 waren es 19,2 Millionen, ein Jahr später dann – wahlbedingt, wie es heißt – 24,2 Millionen Euro. Heuer will man trotz Corona-Info-Kampagnen auf 20,3 Millionen kommen.

„Wir haben da ein sehr gutes Einverständnis wie wir mit dem Thema umgehen und wir haben da einiges vor und ich glaube, es geht absolut in die richtige Richtung“, sagte Neos-Gemeinderat Markus Ornig. Bis Jahresende soll dazu ein eigener „Transparenz-Bericht“ vorliegen, hieß es von der Stadtregierung im Gemeinderat.

Schlagabtausch zu Kindergärten

Das Thema der Aktuellen Stunde brachte die ÖVP ein – zu Verbesserungen der Rahmenbedingungen in den Wiener Kindergärten. Die Proteste von Kindergartenpädagoginnen und -pädagogen führten zu einem Schlagabtausch zwischen ÖVP und den restlichen Fraktionen. Die Zuständigkeit liege dabei nicht beim Bund, sondern bei der Stadt Wien, betonte der türkise Gemeinderat Harald Zierfuß, der die Gruppengröße in den Kindergärten geschmälert sehen will.

Verwunderung, dass ein solcher Antrag ausgerechnet von der ÖVP kommt, kam zu allererst vom Freiheitlichen Maximilian Krauss. Er wollte angesichts der bekannt gewordenen Kurz-Chats wissen: „Ist das wirklich Zufall oder wollt ihr dieses Match Schwarz gegen Türkis in den Gemeinderat tragen?“ Immerhin habe Kurz laut den Protokollen versucht, „1,2 Mrd. an Bildungsgeldern zu verunmöglichen“. Für das Anliegen der Pädagoginnen und Pädagogen zeigte Krauss – wie auch die Vertreter aller anderen Fraktionen – Verständnis.

Alle sehen Handlungsbedarf

Dass der Kindergarten als Bildungseinrichtung in Österreich „stiefmütterlich“ behandelt werde, gestand auch Bettina Emmerling von den NEOS ein. Ab September würden die Bediensteten durch zusätzliche Stunden für Assistenzkräfte in den Gruppen entlastet, verwies sie auf Maßnahmen vonseiten der Stadt. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels sei auch abhängig von der Finanzierung des Bundes, betonte SPÖ-Mandatar Marcus Gremel, der die Themenwahl ausgerechnet durch die ÖVP „dreist“ nannte.

Auch die Wiener Grünen sahen Handlungsbedarf eher beim Bund und damit bei der Regierungspartei ÖVP. „Dass ihr hier über Kinderbetreuung sprechen wollt, entbehrt nicht eines gewissen Zynismus und Scheinheiligkeit“, schoss sich auch deren Gemeinderat Felix Stadler auf die veröffentlichten Chatnachrichten ein. Einig waren sich zumindest alle Fraktionen darin, dass es beim Thema grundsätzlich Handlungsbedarf gebe.

Verschnupft angesichts der Attacken gegen Kurz gab sich im Anschluss Zierfuß. „Hier werden wieder gezielt Unwahrheiten gestreut“, verteidigte er die türkise Regierungspolitik. Seit 2017 seien nicht nur 1,2 Mrd. Euro, sondern sogar 1,6 Mrd. Euro für den Ausbau der ganztägigen Betreuung geflossen. „Wir haben verhindert, dass hier nur Geld in Ganztagszwang gepumpt wird – und das ist gut so“, befand Zierfuß.