CHRONIK

Anklageschrift in Causa Chorherr fertig

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat die Anklageschrift in der Causa Chorherr eingebracht. Chorherr selbst hat am Abend bestätigt, dass er zu den zehn Angeklagten gehört.

In dem Verfahren geht es um Spenden an jenen Schulprojektsverein, dem einst Christoph Chorherr, Ex-Planungssprecher der Wiener Grünen, vorstand. Anklage wurde gegen zehn Personen eingebracht, „darunter ein (ehemaliger) Amtsträger“, sowie gegen 21 Verbände. Die Vorwürfe lauten auf Missbrauch der Amtsgewalt, Bestechlichkeit und Bestechung, hieß es Mittwochnachmittag in einer WKStA-Aussendung.

Zusammengefasst wird „dem angeklagten Amtsträger“ vorgeworfen, er habe für die Einflussnahme auf das Zustandekommen von diversen Immobilienprojekten in Wien und das Herbeiführen der jeweiligen Beschlussfassung über diese Projekte im Gemeinderat Spenden an den Verein „S2Arch“ gefordert, angenommen oder sich versprechen lassen. Die weiteren Angeklagten sollen diese Vereinsspenden geleistet haben. Dass es sich beim genannten Amtsträger um Chorherr selbst handelt, wurde in der WKStA auf APA-Anfrage nicht bestätigt.

Chorherr sieht keine strafrechtlich relevante Schuld

Christoph Chorherr bestätigte am Abend via Twitter, dass er zu den Betroffenen gehört. Eine strafrechtlich relevante Schuld sieht er jedoch nicht. „Die WKStA kam zum Schluss, gegen mich und einige Spender Anklage zu erheben. Desw. kurz meine Sicht dazu: Vorweg: Die WKStA handelt gemäß ihres Auftrags in einem Rechtsstaat. Ich will hier nichts kritisieren. Meine Sicht der Vorkommnisse ist jedoch eine andere“, hieß es in der Stellungnahme.

Er sei sehr zuversichtlich, dass er vor Gericht „fußend auf den Ermittlungsergebnissen“ die Vorwürfe der Anklageschrift entkräften werde. Chorherr verwies darauf, dass er das Hilfsprojekt in Südafrika vor dem Regierungseintritt der Grünen 2010 gegründet habe.

„Meine Motivation: Wer möchte, dass Menschen aus dem Teufelskreis von Armut und Arbeitslosigkeit selbstbestimmt ausbrechen können, muss ihnen Zugang zu Bildung eröffnen. Das betrifft in höchstem Masse jene townships Südafrikas, die Jahrzehnte durch Apartheid benachteiligt wurden“, schrieb Chorherr. Er sei stolz, dass in zwei Bildungseinrichtungen rund 500 Kinder Unterstützung erhalten würden. Er und andere hätten unentgeltlich für das Projekt gearbeitet.

„Keine Begünstigung von Unternehmen“

„Diese Initiative wurde vor allem in der Architekturszene stark wahrgenommen und diskutiert. So veranstaltete das Architekturzentrum Wien einen großen öffentlichen Kongress dazu sowie eine Ausstellung all unserer Projekte“, führte der Ex-Politiker aus: „Da es sich um ein Bauprojekt über Architekturfakultäten handelte, kamen auch einige aus der Baubranche in Kontakt dazu und unterstützten es finanziell.“ Auch öffentliche Stellen, also etwa die Gemeinde Wien oder die Länder Kärnten und Tirol hätten sich beteiligt.

Er habe, als er dann im Bereich Stadtentwicklung tätig geworden sei, nie ein Unternehmen wegen einer Spende begünstigt, beteuerte er. Auch im Akt sei dokumentiert: „Alle Magistratsmitarbeiter bestätigten, dass die Bearbeitung sämtlicher Projekte ihren üblichen Lauf nahmen und keinerlei rechtswidrige Interventionen durch Politik, Vorgesetzte oder sonst am Projekt interessierte Personen erfolgten.“

Verbleib als Vereinsvorsitzender „war Fehler“

Seine Tätigkeit als Politiker sei in keiner Weise von Spenden beeinflusst worden. Wichtig sei ihm eine qualitätsorientierte Stadtplanung gewesen – mit ausschließlich inhaltlichen Kriterien. Allerdings, so gestand er ein, sei es ein Fehler gewesen, den Vereinsvorsitz nicht 2010 zurückzulegen. „Diesen Fehler habe ich auch einbekannt und einen Diversionsantrag gestellt.“

„Mir ist heute klar, dass aufgrund meiner Tätigkeit als Obmann des Vereins und Gemeinderat der Eindruck entstehen konnte, dass es einen Zusammenhang zwischen Spenden und meinem politischen Handeln geben könnte. Auch wenn es nie der Fall war“, versicherte Chorherr. Teile einer vorverurteilenden medialen Berichterstattung seien für ihn belastend gewesen – zugleich sei er aber nun froh, dass die Angelegenheit nach vier Jahren nun vor einem unabhängigen Gericht ein Ende finde.

Dort werde er detailliert darlegen, warum er „keine strafrechtliche Schuld“ auf sich geladen habe. „Abschließend: Bis zum Gerichtsverfahren werde ich aus genau diesen genannten Gründen keine Fragen beantworten bzw. auf Einzelaspekte eingehen und dazu auch keine Interviews geben.“

ÖVP sieht sich bestätigt

Die ÖVP bekräftigte am Abend ihre in der Causa wiederholt geäußerte Kritik: „Die Anklage der WKStA gegen den früheren Planungssprecher der Wiener Grünen Christoph Chorherr bestätigt die jahrelange Kritik der neuen Volkspartei Wien am System der Flächenwidmungen in Wien und ist geradezu ein Schlag ins Gesicht für die Apologeten der vergangenen rot-grünen Regierungskoalition in Wien“, konstatierten Klubobmann Markus Wölbitsch und Planungssprecherin Elisabeth Olischar in einer Aussendung.

„Dieses rot-grüne System der Flächenwidmungen, welches auch nach dem Ende der damaligen Regierungskoalition bis zum heutigen Tage fortgeführt wird“, sei „geradezu ein Musterbeispiel für Intransparenz“. Auch die Rolle der Wiener SPÖ müsse in diesem Zusammenhang gründlich aufgeklärt werden, forderten sie. Für eine Flächenwidmung nach dem Wunsch einzelner Personen dürfe kein Platz sein.

Ermittlungen seit Herbst 2017

Die WKStA hat die Ermittlungen seit Herbst 2017 geführt. Betroffen waren 50 Beschuldigte, rund die Hälfte davon Verbände. Es ging um den Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt, der Bestechlichkeit und der Bestechung. 2020 wurden Ermittlungen gegen drei Personen eingestellt, 2021 dann gegen vier Personen und vier Verbände.

Die Einbringung der Anklageschrift erfolgte nach Genehmigung des entsprechenden Vorhabensberichts durch die Oberstaatsanwaltschaft Wien und das Justizministerium und nach Befassung des „Weisungsrats“, der gegen das Vorhaben der WKStA keinen Einwand erhoben habe. Der Strafrahmen für die den Angeklagten zur Last gelegten Delikte beträgt – abhängig von der Höhe des geforderten, angenommenen bzw. gewährten Vorteils – sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe, bei einem Wert des Vorteils über 50.000 Euro sogar bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.