Psychologin der Corona-Sorgen-Hotline
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Coronavirus

Corona-Sorgen-Hotline immer gefragter

Seit dem Frühjahr 2020 haben rund 16.000 Menschen bei der Corona-Sorgen-Hotline angerufen. Sie suchen in der Pandemie Hilfe, sind einsam oder überfordert. Immer mehr junge Menschen nutzen das Hilfsangebot, das in Wien akut „gut aufgestellt“ ist.

Im Schnitt sind die Anruferinnen und Anrufer 45 Jahre alt und es sind mehr Frauen, die die Nummer 01 4000 53000 wählen. Doch je länger die Pandemie dauert, desto mehr Menschen jüngeren Alters melden sich, wenn ihnen die Decke auf den Kopf zu fallen droht. Die Gründe dafür sind vielfältig, manchmal geht es um Depressionen oder um Arbeitslosigkeit, dann wieder um Geldsorgen oder Probleme in der Beziehung, aber auch um Konflikte in der Familie in Verbindung mit der Pandemie. Nicht alle Probleme lassen sich am Telefon lösen, es wird aber zumindest versucht, die akute psychische Krise zu bewältigen.

Hier gibt es Hilfe

  • 01 / 4000 5 3000
    Corona-Sorgen-Hotline, 8.00 bis 20.00 Uhr
  • 01 / 406 95 95
    Montag bis Freitag, 10.00 bis 17.00 Uhr
  • 01 / 31330
    Sozialpsychiatrischer Notdienst, rund um die Uhr

Das wichtigste ist dabei, zuzuhören und die Probleme ernst zu nehmen: „Dass man sich der Sorgen annimmt und sich gemeinsam überlegt, was gibt es für Möglichkeiten die eigenen Ressourcen zu stärken, was gibt es für Möglichkeiten sich was gutes zu tun, sich abzulenken“, sagte Barbara Haider-Novak, Projektleiterin der Corona-Sorgen-Hotline.

Das ist nicht immer einfach, manche Anrufer sind ängstlich, andere wiederum wütend. 15 Psychologinnen und Psychologen nehmen im Schichtdienst die Anrufe entgegen. Ihrer Erfahrung nach genügt es in vielen Fällen schon, wenn sie an die richtige Stelle weiterverweisen können. Die Psychologinnen sind jedenfalls davon überzeugt, dass Reden hilft.

Psychologin der Corona-Sorgen-Hotline
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15 Psychologinnen für alle, die Corona-Sorgen haben.

Akut gut aufgestellt, für die Zukunft aber Ausbau nötig

Reden ist auch gut angesichts der steigenden Infektionszahlen. Denn die rasante Steigerung sorge für Verunsicherung, sagte Georg Psota, Chefarzt der Psychosozialen Dienste in Wien, in „Wien heute“. Denn es gehe jetzt darum, diese Realität überhaupt annehmen und einschätzen zu können. Ein Alarmzeichen sei hier, „wenn eine länger währende Schlafstörungen einsetzt bei jungen Menschen“. Wenn also junge Menschen immer wieder nicht durchschlafen, verfrüht aufwachen „und sich auch sehr zurückziehen“, sagte Psota. Der Rückzug von sonst eigentlich angenehmen Aktivitäten sei eigentlich ein Alarmsignal.

Verunsicherung bis hin zur Aggression: Für akute Situationen ist man in Wien laut Psota gut aufgestellt, etwa mit der Corona-Sorgen-Hotline, dem Kriseninterventionszentrum oder dem Notdienst des Psychosozialen Dienstes, aber „für das, was in den nächsten Jahren auf uns schon auch, gerade im Bereich der jüngeren Menschen an aufzuarbeitenden auf uns zukommen wird, werden wir sicher ausbauen müssen“. Das bedeute, „wir müssen dem Bereich der Jugendpsychiatrie bei der Kinderpsychiatrie noch mehr Aufmerksamkeit widmen, aber auch im erwachsenen psychiatrischen Bereich, auch im psychologischen, psychotherapeutischen Bereich.“

Eine Chance, offen über psychische Probleme zu reden

Psota sieht die Pandemie aber auch als Chance, vor allem für jene, die nicht zugeben wollen, psychische Probleme zu haben. Paradoxerweise mache die Situation gerade jetzt es möglich, über das, was einem psychisch zu schaffen macht, zu reden. Psychische Reaktionen vieler Menschen seien jetzt nicht ungewöhnlich: „Diese Pandemie geht uns ja mittlerweile allen auf die Nerven. Und in dem, dass das so ist, ist es genau jetzt die Möglichkeit, sozusagen offener damit umzugehen und dieses Stigma gegenüber psychisch Kranken einfach zu verringern und sich zu trauen, darüber zu reden“.

Zu Beginn der Pandemie hatte Psota davon gesprochen, dass auf die virale Pandemie die psychische Pandemie folgen werde. Jetzt sei sie da, sagt er heute. Aber es gebe eben auch Hilfe, „auch bei der Hotline, die sich da sehr bewährt hat.“ Auch andere helfende Institutionen stünden mit Rat und Tat zur Seite. Im sozialpsychiatrischen Notdienst hätten die Anrufe seit Beginn der Pandemie um 50 Prozent zugenommen – „aber dafür sind wir ja auch da“, schloss Psota.