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APA/HANS KLAUS TECHT
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Politik

Väterkarenz immer noch große Ausnahme

Seit rund 30 Jahren haben Väter die Möglichkeit, in Karenz zu gehen. Doch von einer Ausgeglichenheit zwischen Frauen und Männern ist man noch weit entfernt. Die Arbeiterkammer fordert nun endlich mehr als nur „Lippenbekenntnisse“.

Für Mütter ist es quasi normal, für Väter aber immer noch die große Ausnahme: für eine bestimmte Zeit aus dem Beruf auszusteigen, um sich ganz und gar dem eigenen Nachwuchs zu widmen. Dabei ist die Väterkarenz seit mehr als 30 Jahren im Gesetz verankert. Doch laut Arbeiterkammer (AK) Wien gehen bei acht von zehn Paaren Männer weder in Karenz noch beziehen sie Kinderbetreuungsgeld. Der AK geht es hier um mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Sie fordert unter anderem einen Ausbau der Kinderbetreuung.

In Zahlen gegossen liest sich die Situation folgendermaßen: Zehn Prozent der Väter nehmen die Karenz nicht länger als drei Monate in Anspruch. Nur zwei Prozent der Väter in Partnerschaften unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit für drei bis sechs Monate, ein Prozent für mehr als sechs Monate. Sechs Prozent beziehen Kinderbetreuungsgeld, ohne ihre Erwerbstätigkeit zu unterbrechen. In das aktuelle Wiedereinstiegs-Monitoring flossen Daten zur Erwerbs- und Einkommenssituation von 760.897 Personen ein, die von 2006 bis 2018 in Österreich Kinder bekommen haben.

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Kein alltägliches Modell: Väter in Karenz

Am längsten im Sozialbereich, am ehesten in der Stadt

Das Monitoring zeigt kaum Veränderungen: Nur ein Prozent der Väter geht länger als sechs Monate in Karenz, und wenn, dann am ehesten in den Papa-Monat. Je höher das Einkommen der Männer, desto kürzer fällt die Karenz aus. Je mehr die Frau verdient, desto eher gehen die Männer in Karenz. Im öffentlichen Dienst ist die Karenzdauer bei den Männern nicht länger als anderswo. In größeren Betrieben, die ja meist Vereinbarkeitsmaßnahmen haben, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für eine längere Väterkarenz nicht. Die längere Karenz gibt es noch am ehesten im Sozialbereich. In der Stadt gehen mehr Väter in Karenz als am Land, was wohl mit den Betreuungsangeboten für Kinder zusammenhängt.

Gehen Männer in Karenz, dann steigen ihre Einkommen danach deutlich stärker als die der Frauen. 54 Prozent der Frauen verdienten vor der Karenz 2.000 Euro brutto und mehr pro Monat, zwölf Jahre später waren es nur noch 47 Prozent. Bei den Männern sieht es anders aus: Vor der Geburt verdienten 66 Prozent 2.000 Euro und mehr, danach waren es 74 Prozent. Ingrid Moritz, Leiterin der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien, sieht die Hauptgründe dafür in längeren Erwerbsunterbrechungen bei Frauen sowie der Teilzeitarbeit: Während Mütter nach der Karenz großteils in Teilzeit arbeiten, gehen Väter wieder einer Vollzeitbeschäftigung nach.

Finanzielle Anreize durch Familienarbeitszeit

Die AK fordert daher unter anderem die Einführung einer Familienarbeitszeit, bei der es finanzielle Anreize gibt, wenn beide Elternteile die Arbeitszeit reduzieren. Denn Mütter und Väter würden sich gleichermaßen ein Teilzeitausmaß um die 30 Stunden pro Woche wünschen, berichtete Klein. Teilen sich Eltern die Kindererziehung, soll es finanzielle Anreize geben. Das Arbeitszeitausmaß soll sich auf 28 bis 32 Stunden pro Woche belaufen, die Familienarbeitszeit mindestens vier Monate dauern und 250 Euro Pauschale an Entgeltersatz pro Monat an jeden Elternteil ausgeschüttet werden.

AK-Expertin Ingrid Moritz im ORF-Radio:

Viele Väter würden später oft bereuen, dass sie wegen des Berufs nicht mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht haben. Ein höherer Anteil der Väter in Karenz sei aber auch eine Frage der Gerechtigkeit, sagte AK-Direktor Christoph Klein: „Frauen sollen sich im Beruf ebenso wie Männer entfalten können, sollen ebenso wie Männer eine Karriere im Berufsleben anstreben können, sollen ein gutes Einkommen erzielen können, sollen vor allen Dingen auf Basis eines solchen guten Einkommens später mal im Alter vor Altersarmut geschützt sein.“

Bisher eher politische „Lippenbekenntnisse“

Die Arbeiterkammer fordert außerdem den Ausbau der Kinderbetreuung und eine Reform des Kinderbetreuungsgeldes. Zur Regel etabliert hat sich bei der partnerschaftlichen Aufteilung eine Mindestdauer für Väter von zwei Monaten. Der Vorschlag sei daher, die Mindestdauer zu verlängern, um die Akzeptanz in der Gesellschaft und in den Betrieben zu stärken. Die Politik habe die Möglichkeit, traditionelle Geschlechterrollen aufzubrechen, steht für Klein fest, der bei Politikern bisher eher „Lippenbekenntnisse“ ortet.