Schrift Großer Schwurgerichtssaal
APA/Georg Hochmuth
APA/Georg Hochmuth
Gericht

„Märchen“: Drei Jahre Haft für Betrügerin

Indem sie Männern frei erfundene Geschichten auftischte, „erwirtschaftete“ eine 24-jährige Wienerin innerhalb von zwei Jahren 100.000 Euro. Nun wurde sie wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs verurteilt: drei Jahre unbedingte Haft.

Zudem wurden der bereits drei Mal einschlägig vorbestraften Betrügerin offene 15 Monate aus ihren Vorverurteilungen widerrufen, so dass sie insgesamt vier Jahre und drei Monate verbüßen muss. Nach Rücksprache mit ihrem Verteidiger Normann Hofstätter nahm die Frau die Strafe an. Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Geld von Männern erschlichen

Von Jugend an hatte es die Angeklagte mit der Wahrheit nicht ganz ernst genommen und sich mit so genannten Lügenmärchen von Männern Geldern erschlichen. Ihr ansprechendes Äußeres und ihre gewinnende Art dürften dabei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Als sie 2019 die Fußfessel bekam und schließlich vorzeitig aus ihrer letzten Haft bedingt entlassen wurden, hatte sie bereits begonnen, sich fremdes Geld zu beschaffen.

Auf Instagram, Facebook und anderen Social Media-Kanälen postete sie Fotos. Den Männern, die sie darauf anschrieben, antwortete sie mit netten Nachrichten – als sich die Kommunikation vertiefte, kam sie auf ihre vorgeblichen Probleme zu sprechen. Ihre Freundin liege im Sterben, sie müsse deren Kinder aufnehmen, hieß es einmal, sie werde von ihrem Ex-Freund erpresst, ein anderes Mal.

Zuletzt gab sie sich als Unternehmerin mit 15 Mitarbeitern aus und brachte ihre Gesprächspartner dazu, Handy-Verträge abzuschließen und ihr die Mobiltelefone zu überlassen, indem sie behauptete, sie habe noch keine Steuernummer und könne daher keine Handy-Verträge abschließen. Die einkassierten Handys veräußerte sie in weiterer Folge um 500 bis 700 Euro auf Online-Plattformen.

Schwere Kindheit

17 Fakten umfasste die Anklage. „Meine Taten kann man auf keinen Fall rechtfertigen und entschuldigen“, gab die 24-Jährige zu Protokoll. Sie verwies auf ihre schwere Kindheit: „Ich wurde von Mama zu Papa herumgeschossen wie ein Flummi (Gummiball, Anm.)“. Mit 15 sei sie zu Hause ausgezogen, habe in Notschlafstellen übernachtet und damit begonnen, Geld aufzustellen. Aufgrund ihrer Betrügereien und den erfolgten Verurteilungen, die ihr stets Schadensgutmachung aufgetragen hätten, habe sie einen Schuldenberg in Höhe von rund 100.000 Euro zu tragen. Statt sich einem Schuldenregulierungsverfahren zu stellen, habe sie nach ihrer Haftentlassung wieder mit dem Schwindeln begonnen: „Ich habe Inkassozetteln gehabt, der Gerichtsvollzieher ist vor der Tür gestanden. Es ist sich von hinten bis vorn nicht ausgegangen.“

„Sie war fesch – und ich deppert“

„Sie sind 24. Ein bisserl sprachlos macht das schon, diese Karriere“, stellte Richter Stefan Romstorfer am Ende fest. Einer der betrogenen Männer hatte einen Kredit von 50.000 Euro aufgenommen, um der 24-Jährigen zu helfen. Ein anderer erhoffte sich eine Liebesbeziehung, ein weiterer zumindest ein Treffen.

Dazu kam es aber nicht, denn kurz vor dem Date ereilte ihn ihre Nachricht, sie sei nach einem Unfall in der Notaufnahme. „Komisch war, dass sie die ganze Zeit online war“, berichtete der Mann nach dem Prozess, als die um ihr Geld gebrachten und als Zeugen geladenen Männer vor dem Verhandlungssaal ihre Erfahrungen austauschten. „Sie war blond und fesch. Und ich deppert“, brachte es einer von ihnen auf den Punkt.