Michael Ludwig an Rednerpult bei PK am 3.2.22
APA/Hans Punz
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Coronavirus

Wien weiter vorsichtig: 2-G bleibt

Wien folgt dem Großteil der Lockerungen des Bundes, bleibt aber vorsichtig. Die 2-G-Regel bleibt vorläufig aufrecht, man will weiter Gratis-Tests. Die Politik habe sich der Kraft des Faktischen unterworfen, analysierte der Politikwissenschafter Peter Filzmaier.

Eine aktuelle Coronavirusvariante, die für weniger schwere Verläufe verantwortlich ist, gleichzeitig auch immer mehr geimpfte Menschen: Trotzdem mahnte Ludwig weiter zur Vorsicht und wiederholte, die Pandemie sei noch nicht vorbei. Das Virus sei sehr flexibel, daher müssten auch Schutzmaßnahmen adaptiert und angepasst werden. Jetzt sei man in einer Situation, in der man abwägen müsse, inwieweit Öffnungsschritte gesetzt werden könnten, ohne gleichzeitig die Gesundheit der Bevölkerung zu gefährden.

Pro-Kopf-Belastung des Spitalspersonals sehr hoch

Ludwig wies auf die weiter hohen Belagszahlen in Wiener Spitälern hin. Das Gesundheits- und Pflegepersonal sei aus mehreren Gründen besonders gefordert: Zum einen seien die Zahlen der Patientinnen und Patienten sehr hoch, auch wenn man den Verlauf der gesamten Pandemie vergleiche. „Wir haben Spitzenwerte in den letzten Tagen in Wien gehabt, was die Zahlen auf den normalen Stationen betrifft“, so Ludwig.

Gleichzeitig sind laut Ludwig auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsbereich betroffen von Ansteckung, Erkrankung bzw. auch der Notwendigkeit, in Quarantäne sein zu müssen. Zudem sei auch die Belastung im pädagogischen Bereich eine ähnliche.

2-G-Regel für Gastronomie, Nachtgastro öffnet

Das sei ein Grund, an Gewohnheiten festzuhalten und etwa in geschlossenen Räumen die Maskenpflicht aufrecht zu erhalten. Überall dort, wo Masken nicht durchgehend getragen werden könnten, etwa in der Gastronomie, sei besondere Vorsicht geboten. Von daher sollte man in Wien noch nicht abrücken von 2-G, betonte Ludwig: „Ich hoffe, dann sehr bald diese Möglichkeit in Wien verändern zu können, aber nicht mit 19. Februar.“

Ludwig geht davon aus, dass die Nachtgastronomie in Wien mit 5. März geöffnet werden könne. Allerdings sei dies vorerst nur mit Einschränkungen in Form von 2-G oder 2-G+ möglich, um die Nachtgastronomie für Besucherinnen und Besucher als „sehr sicheren Raum“ präsentieren zu können. Ein weiterer Wiener Sonderweg steht auch in Sachen Handel bevor. Wien wird wohl auch nach dem 5. März noch eine FFP2-Maskentragepflicht im gesamten Einzelhandel verordnen, kündigte Ludwig an. Die Bundesregelung sieht dies nur für Bereiche wie Lebensmittelhandel oder für die Öffis vor.

Gratis-Tests als Hoffnung und als Dilemma

Ludwig verwies auch auf das „sehr gute“ Wiener Testsystem „Alles gurgelt!“. Das sei nicht nur aus gesundheitlicher Sicht, sondern auch aus volkswirtschaftlicher Sicht erfolgreich. So habe sich gezeigt, dass während der Delta-Variante von Oktober bis Dezember des Vorjahres durch Tests rund 40 Millionen Euro an Kosten für das Gesundheitssystem eingespart werden konnten. Ludwig betonte, Wien werde daher weiter auf kostenlose Tests setzen und hoffe, den Bund auch dafür gewinnen zu können, diese weiter kostenlos anbieten zu können.

Das sei aber auch genau das Dilemma, so Politikwissenschafter Peter Filzmaier im „Wien heute“-Gespräch. Er könne zwar nicht beurteilen, ob man es aus dem Wiener Budget sich nicht leisten könne oder es nicht leisten wolle. Hier gehe es wie so oft in der Politik um das Thema Geld. Aber die Widersprüche beim Testen seien vielfältig: „Und für den größten Widerspruch kann die Stadt Wien nichts. Das ist nämlich die 3-G-Regel, Wien bleibt ja bei 2-G. Aber einerseits Impfpflicht und andererseits kann ich mich testen lassen und kann als Ungeimpfter trotzdem alles machen, das ist dann wirklich ein Widerspruch in sich.“

„Politische Unterwerfung unter das Faktische“

Mit dem Entschluss Österreichs, die Corona-Schutzmaßnahmen zu lockern, und der Entscheidung Wiens, das meiste davon mitzutragen, hat man sich nach Ansicht Filzmaiers „politisch wohl auch irgendwie der Kraft des Faktischen unterworfen“. Denn zuletzt habe sich wohl kaum noch jemand im Detail mit den verschiedenen Regeln ausgekannt.

Auch sei die Umsetzung sehr österreichisch gewesen, wie es Filzmaier formulierte, „irgendwo zwischen kann man machen, muss man aber nicht oder bissi was geht immer“. Die Regierung hätte nur die Möglichkeit gehabt, die Kontrolle radikal zu verschärfen, was wahrscheinlich weniger realistisch gewesen wäre als man lockert gleich und macht auf.

Am Ende also doch ein Fleckerlteppich?

Den Haken an Wiens Sonderweg sieht Filzmaier daran, dass auch Wien bei der Landeshauptleutekonferenz am 5. November dabei gewesen sei, als verkündet worden sei, man müsse endlich mit dem Fleckerlteppich aufhören. Jetzt habe man die Situation, dass man verschiedene Regeln beachten müsse, wenn man Wirtshäuser innerhalb oder außerhalb Wiens besuche.

Dazu werde die Umgehungsmöglichkeit der Wiener Regelung zumindest für jemanden aus den Außenbezirken quasi auf einem Silbertablett geliefert, denn Niederösterreich und das Burgenland seien ja leicht erreichbar. Und das motiviere auch nicht dazu Regeln generell zu beachten, wenn ich nur ein Stück nach Niederösterreich fahren muss.

Bund spricht sich für weitgehende Lockerungen aus

Laut den Entscheidungen des Bundes wird Maskenpflicht nur mehr in Öffentlichen Verkehrsmitteln, Supermärkten, Post, Bank und Spitälern gelten. Beschränkungen wie 2-G und 3-G sollen fallen, die Nachtgastronomie darf demnach wieder öffnen – mehr dazu in Große Lockerungen mit 5. März (news.ORF.at).

Aktuelle Kennzahlen aus Wien

Laut der Gesundheitsbehörde Wien und dem medizinische Krisenstab der Stadt Wien sind seit gestern 9.104 neue Infektionen mit dem Coronavirus hinzugekommen. Die Zahl der mit dem Virus in Zusammenhang stehenden Todesfälle beträgt 2.978, neun Personen sind zuletzt verstorben. Wien verzeichnet damit aktuell 87.243 aktive Fälle.

Vor einer Woche waren 7.157 neue Infektionen gemeldet worden. Die Zahl der mit dem Virus in Zusammenhang stehenden Todesfälle betrug 2.932, elf Personen waren innerhalb von 24 Stunden verstorben. Wien verzeichnete damit vor einer Woche 105.460 aktive Fälle.