Illustration zum Thema Ambulatorium für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Im Bild: Das neue Ambulatorium für Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen am Montag, 10. Februar 2020, in Wien-Hietzing
APA/Helmut Fohringer
APA/Helmut Fohringer
Gesundheit

Personalmangel in Kinderpsychiatrie Hietzing

Der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Klinik Hietzing droht eine deutliche Einschränkung. Wegen Personalmangels könnte die Einrichtung ab Juli an den Wochenenden zusperren müssen, berichtet der „Standard“ am Dienstag.

Die Pandemie hat die Versorgungsmängel im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Österreich sichtbar gemacht. Zuletzt ist deshalb der Ausbildungsschlüssel geändert worden. Akut hilft das allerdings noch nicht. Das zeigt sich in der Klinik Hietzing. Der Personalmangel spitzt sich so zu, dass ab Sommer womöglich Kinder am Wochenende in andere Spitäler verlegt werden müssen. Schon im Februar haben Ärztinnen und Ärzte der Klinik einen Hilferuf, eine sogenannte Gefährdungsanzeige, abgesetzt.

Es wäre dann nur mehr eine bettenführende Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie in ganz Wien auch am Wochenende offen, jene im AKH, die schon jetzt als sehr stark ausgelastet gilt. Transfers wären auch in sogenannte transitionspsychiatrische Abteilungen möglich – Stationen für Jugendliche ab 16 und junge Erwachsene. Solche existieren in Hietzing und Floridsdorf. Zusätzlich gibt es die Kinder- und Jugend-Psychosomatik der Klinik Ottakring.

Wochenklinikbetrieb noch nicht fix

Nach Informationen des „Standards“ werden demnächst nur mehr vier Fachärztinnen bzw. -ärzte (Vollzeitäquivalente) an der Abteilung in Hietzing tätig sein. Sogar der Betrieb mit Nachtdiensten lediglich unter der Woche wäre damit nur schwer aufrechtzuerhalten. Schon jetzt werden auch externe Ärzte für Nachtdienste eingesetzt, um Engpässe abzufedern.

Dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie übers Wochenende zusperren wird, sei noch nicht fix, heißt es heute aus dem zuständigen Stadtratsbüro. Es sei ein mögliches Szenario. Es würden noch Bemühungen laufen, Personal zu rekrutieren. Das sei aber schwierig. Es gebe einen akuten Mangel an psychiatrischen Fachärztinnen und -ärzten, allerdings nicht nur in Österreich, sondern auf europäischer Ebene, heißt es aus dem Stadtratsbüro und dem Wiener Gesundheitsverbund.

Ärztekammer: Arbeitsbedingungen unerträglich

Etwas anders sieht das die Wiener Ärztekammer, Gerald Gingold, zuständig für die angestellten Ärztinnen und Ärzte sagt gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal. „Was wir haben, ist ein Fachärztemangel, weil die Fachärzte und Fachärztinnen einfach kündigen, weil die Arbeitsbedingungen dermaßen unerträglich geworden sind, dass dort niemand mehr arbeiten möchte.“

Im Stadtratsbüro wird betont, dass man zahlreiche Maßnahmen getroffen hätte. So seien in Hietzing zusätzliche Dienstposten für Pädiatrie und Allgemeinmedizin zur Verfügung gestellt und die Planstellen im multiprofessionellen Team – etwa für Psychologinnen und Pädagogen – aufgestockt worden.

Wochenklinik „hilft Kindern nicht“

Es fehlt an allen Ecken und Enden in der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sagt auch Edgar Martin. Der Gewerkschafter ist für die Gemeindespitäler in Wien zuständig und vertritt 30.000 Bedienstete. Der Personalmangel sei ein Drama und habe sich über die letzten Jahre zugespitzt, sagt er in Ö1. „Die wenigen Verbleibenden kommen dann für sich an einen Punkt, wo sie sagen: Das kann ich nicht mehr mittragen. Das ist einerseits nicht die Versorgung, die ich den Kindern und Jugendlichen zukommen lassen will. Und auf der anderen Seite geht es auch um mich. Wie lange, wie lange kann ich das mittragen, bis ich selbst kaputtgehe?“

Sowohl Ärztekammer als auch Gewerkschaft halten die Idee einer Wochenklinik, wo Kinder dann am Samstag und Sonntag in einer anderen Klinik betreut werden, also verlegt werden müssen, für keine gute Idee. Die Leidtragenden seien dann die Kinder und Jugendlichen, meint Personalvertreter Edgar Martin. „Schwierig, wenn es am Ende heißt, der einzige Ausweg ist, auf eine Wochenklinik umzustellen. Dann ist das eigentlich der letzte Schluss und ein Drama, weil es den Kindern und Jugendlichen so nicht hilft.“

Vertraute Umgebung bricht weg

Es gehe gerade hier sehr stark um Beziehungsarbeit: Gleiche Gesichter und gleiche Umgebung würden Sicherheit geben, so Martin. Das würde dann wegbrechen. Im Stadtratsbüro wird betont, Ziel sei natürlich, eine stationäre Vollversorgung in der Klinik Hietzing weiterhin aufrecht zu erhalten.

Generell heißt es: Um bei weiteren Personalausweisen den Betrieb trotzdem aufrechterhalten zu können, unterstützen Fachärztinnen und Fachärzte, die über den Psychosozialen Dienst (PSD) der Stadt Wien angestellt sind. Außerdem verweist man darauf, dass die Kassen Planstellen im niedergelassenen Bereich erhöht worden seien, um zu verhindern, dass der stationäre Bereich noch weiter belastet wird.