Ausstellungsansicht Georg Eisler. Spurensicherung
Johannes Stoll / Belvedere, Wien
Johannes Stoll / Belvedere, Wien
Kultur

„Zeitzeuge“ Georg Eisler im Belvedere

Künstler sein: Das hieß für Georg Eisler, Zeuge seiner Zeit zu sein. Zwischen unbeschwerten Szenen im Tanzclub und militärischer Gewalt an Zivilisten spannen sich seine Motive. Das Belvedere widmet Eisler die Einzelausstellung „Spurensicherung“.

Generaldirektorin Stella Rollig bezeichnete den 1998 verstorbenen Eisler als „Kaliber der österreichischen Kunst“. Die Werke in drei Räumen des Oberen Belvedere präsentieren einen kritischen Geist und scharfen Beobachter, dessen Bilder nichts von ihrer Aktualität verloren haben: „Die Sujets von Georg Eisler stellen Bezüge zu aktuellen Themen her: zur Me-too-Debatte, zur Black-Lives-Matter-Bewegung, zu Konflikten bei Demonstrationen wie den Coronaprotesten oder politischen Krisen“, so Rollig.

So vielseitig wie das Leben sind Eislers Motive: Da gibt es Zusammenkünfte von Menschen, die trotz räumlicher Nähe nicht miteinander interagieren – Eisler malte eine Szene aus dem Wiener Café Sperl, in der Bildmitte stehen leere Tische, vereinzelte Personen verlieren sich auf Bänken an den Bildrändern. Der Jazzliebhaber Eisler, Sohn des Komponisten Hanns und der Sängerin Charlotte Eisler, malte auch Szenen aus Tanz- und Nachtklubs.

Fotostrecke mit 6 Bildern

Georg Eisler, Café Sperl, 1975, Privatbesitz
Johannes Stoll, Belvedere. Wien / © Bildrecht, Wien, 2022
Georg Eisler, Straße mit Laufenden V, 1969, Georg und Alice Eisler–Fonds für bildende Künstler und Komponisten, Wien
Dominik Buda / Belvedere, Wien / © Bildrecht, Wien, 2022
Georg und Alice Eisler, London, um 1970
Georg und Alice Eisler-Fonds für bildende Künstler und Komponisten
Ausstellungsansicht Georg Eisler. Spurensicherung
Johannes Stoll / Belvedere, Wien
Ausstellungsansicht Georg Eisler. Spurensicherung
Johannes Stoll / Belvedere, Wien
Ausstellungsansicht Georg Eisler. Spurensicherung
Johannes Stoll / Belvedere, Wien

Diesen Alltagsszenen stehen Sujets von – teilweise politisch motivierter – Gewalt und Konflikten gegenüber, mit denen Eisler das politische Establishment kritisierte. So hielt er etwa Szenen von rassistischer Gewalt in Südafrika fest. Der 1928 in der Zwischenkriegszeit geborene Maler lernte auch selbst früh repressive und ihre Macht missbrauchende politische Systeme kennen. Mit seiner Mutter zog er 1936 nach Moskau, die Rückkehr nach Österreich war ihm wegen des „Anschlusses“ an Deutschland unmöglich.

Figurativer, realistischer Malerei treu geblieben

Während er thematisch aus seiner Gegenwart schöpfte, blieb Eisler stilistisch den Avantgarden fern. Die zeitgenössischen Strömungen nach 1945 – Abstraktion, Surrealismus, informelle Kunst, Pop-Art oder Neoexpressionismus – fanden in seinem Schaffen keinen Niederschlag. Das Sichtbare mit lockerem Pinselstrich in die ihm eigene Bildsprache zu übersetzen war sein Anliegen und eine stete Herausforderung. „Die Zwischenräume sichtbar zu machen, die perspektivischen, emotionellen und geistigen Zwischenräume von Figur zu Figur“, so formulierte Georg Eisler im Jahr 1963 sein künstlerisches Anliegen.

„Ausstellungshinweis“

Im Blick: Georg Eisler Spurensicherung, Oberes Belvedere, Prinz Eugen-Straße 27, 1030, 8. April bis 25. September, Mo bis So von 10.00 bis 18.00 Uhr

Eisler – stets ausgerüstet mit einem Skizzenblock – fing das Leben dort ein, wo er es beobachtete und wo es ihn gedanklich und emotional bewegte. Die gewählten Bildhandlungen setzte er mit meist lockerem, lebendigem Pinselduktus um, vermied unnötige Details und konzentrierte sich auf das Wesentliche. So kreierte er eine Darstellungsweise, die bis heute fasziniert.

Aufarbeitung des Werks im Gang

Eisler war zeit seines Lebens erfolgreicher Maler, erhielt 1965 den Österreichischen Staatspreis für Malerei, war von 1968 bis 1972 Präsident der Wiener Secession und nahm 1982 an der Biennale in Venedig teil. Nach dem Tod Georg Eislers 1998 nahm sich Alice Eisler des künstlerischen Nachlasses ihres Mannes an. 2013 wurde dieser in den Georg und Alice Eisler-Fonds für bildende Künstler und Komponisten überführt, der sich bis heute um die Aufarbeitung und Verwaltung des umfangreichen Werks bemüht.

In Kooperation mit dem Fonds wird seit Anfang 2019 im Belvedere an einem Werkverzeichnis des Künstlers gearbeitet. Im Rahmen der Ausstellung erhielt das Belvedere eine von 14 Gemälden Eislers. Die großformatigen Werke behandeln Themen, die bis dato noch nicht im Eisler-Sammlungsbestand repräsentiert waren, und schließen damit eine wesentliche Lücke.