Menschen vor Brunnen unter Nebeldusche
APA/Hans Punz
ORF
Klima

Kromp-Kolb lobt „Hitzeaktionsplan“

Die Stadt Wien hat am Mittwoch einen „Hitzeaktionsplan“ präsentiert, mit dem auf die immer heißeren Sommer reagiert werden soll. Lob kommt von der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb – es sei ein „sehr, sehr guter erster Schritt“.

„Was da drinnen steht, kann sehr schnell umgesetzt werden. Und das ist wichtig, weil wir es ja im Sommer schon brauchen“, kommentierte Kromp-Kolb in „Wien heute“ den von der Stadt präsentierten „Hitzeaktionsplan“. Ausreichend seien die Maßnahmen aber „sicher nicht“. Aber: „Ich glaube, schneller geht wenig.“

Förderungen an Klimaschutz koppeln

Zur Erhitzung der Stadt tragen laut der Forscherin beispielsweise auch die Autos bei – zumindest wenn sie keine Elektroautos sind. „Jeder weiß, dass der Motor heiß wird – und dann stehen die heißen Motoren herum und sind im Grunde Heizungen für die Stadt“, so Kromp-Kolb. Es gehe darum, mit viel weniger motorisiertem Individualverkehr auszukommen.

Klimaforscherin zum Hitzeaktionsplan

Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin an der Universität für Bodenkultur Wien, spricht unter anderem über die langfristige Maßnahmen gegen die Hitze in Wien sowie die wichtigsten Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel.

Zudem müssten sich die Vorstellungen vom Wohnen ändern, meinte die Klimaforscherin, um den vorhandenen Wohnraum besser zu nützen – anstatt Neubauten auf bisher grünen Wiesen zu errichten. Das aktuell Wichtigste im Kampf gegen den Klimawandel sei jedoch, „dass man überall dort, wo der Staat oder die Stadt Geld in die Hand nimmt, dass man sicherstellt, dass dieses Geld so verwendet wird, dass es zugleich Klimaschutz bedeutet.“ Die Wirtschaft brauche aufgrund der aktuellen Krisen in vielen Bereichen Unterstützung – diese sollte eine sein, die zukunftsfähig sei.

Maßnahmen auf 60 Seiten

Der von Stadt präsentierte „Hitzeaktionsplan“ umfasst sowohl langfristige Maßnahmen gegen den Klimawandel als auch kurzfristige Lösungen. Einen beschlossenen „Klimafahrplan“ samt Rahmenstrategie bis 2040 gibt es seit Jahresanfang. „Ein Set an Akutmaßnahmen, mit spezifischen Maßnahmen für die vulnerablen Gruppen“, fasste Umweltstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) am Mittwoch den Inhalt des druckfrischen, 60-seitigen Werks zusammen, das sozial gerechte Klimaanpassungsmaßnahmen ins Zentrum stellt.

Vorsorge gegen heiße Tage

Die Anzahl an Hitzetagen hat sich in den letzten drei Jahrzehnten mehr als verdoppelt. Daher setzt die Stadt Wien auf neue Maßnahmen, um die Hitze ertragbar zu machen. Auch langfristige Maßnahmen wie mehr Schattenplätze sind geplant.

Hitzetage mit Temperaturen jenseits von 30 Grad, an denen es auch nachts keine echte Abkühlung gibt, haben sich in den vergangenen drei Jahrzehnten in Wien zahlenmäßig mehr als verdoppelt. Im Aktionsplan finden sich nun auf besonders vulnerable Gruppen abzielende Maßnahmen, angefangen von älteren Menschen, Kleinkindern, Obdachlosen oder an Menschen mit chronischen Erkrankungen.

Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ) verwies darauf, dass bereits seit langem auf die Kälte in der Stadt reagiert werde, „wir sind im Sozialbereich auch mit dem Thema Hitze stärker betroffen, als dies noch im 20. Jahrhundert der Fall war.“

„Cooling Zones“ in zugänglichen Gebäuden

Die Stadt möchte besonders diesen vulnerablen Gruppen etwa mit „Cooling Zones“ einen Ort zur Abkühlung bieten. In frei zugänglichen Gebäuden in der Stadt sollen einige Stunden im Kühlen verbracht werden können. Auch das Outdoor-Arbeiten soll weiter forciert werden. Wie bereits in Ottakring möglich, sollen schattige Arbeitsplätze in Parks mit W-Lan als kühle Alternative zum Büro zur Verfügung stehen. Das Angebot an öffentlichen Trinkbrunnen soll erweitert werden.

Langfristige Maßnahmen

Die akuten Maßnahmen an heißen Tagen sollen den Wiener Klimafahrplan ergänzen. Zu den langfristigen Maßnahmen des Wiener Klimafahrplans zählt unter anderem die große Photovoltaik-Offensive. Bis 2025 will die Stadt Wien die Produktion von Sonnenstrom ums Fünffache steigern. Ziel ist es, bis 2030 sechzehn Mal so viel Strom aus der Sonne zu gewinnen wie 2020. Weitere Maßnahmen seien der Gasausstieg und der Ausbau des Rad- und Fußwegenetz.

Wien soll zudem im dichtverbauten Gebiet grüner werden, ob in Parks oder im Straßenraum. Dabei setzt man auf klimafitte, robuste Baumarten und auf das Wiener Baumsubstrat für Straßenbäume. Bis 2025 sollen 25.000 neue Stadtbäume gepflanzt, davon mindestens 3.000 Bäume an mindestens 500 neuen Standorten.

Hitzeresistente Pflegeeinrichtungen

In Geriatriezentren und Pflegewohnhäusern habe man bereits auf einen hohen Dämmstandard gesetzt, berichtete Hacker. Die Lösung laute passive Raumkühlung mit Deckenelementen. Damit schaffe man mit hohen technischen Aufwand vier Grad Abkühlung, dies auch dank der Bereitschaft der Stadt mit einem entsprechenden Budget auf die Herausforderung zur reagieren. Zu den weiteren Maßnahmen zählen etwa die Beschattung und die Installation von elektronischen Außenjalousien in allen neuen Gebäuden.

Die Zusammenarbeit mit Wien Energie sei dabei notwendig, um durch Photovoltaik die Wanddeckenenergiesysteme mit Strom zu versorgen. Ein weniger aufwändige, aber wirksame Maßnahme seit das Verteilen von Wasserflaschen durch Sozialarbeiter, die dann an den Trinkbrunnen in der Stadt wieder befüllt werden können, nannte Hacker ein weiteres Beispiel für die „sozial gerechte Umsetzung des Klimaprogramms“.

Vierte Tagung des Wiener Klimarats

Beim vierten Zusammentreffen des Wiener Klimarats am Dienstag und Mittwoch lag der Fokus ebenfalls auf Sofortmaßnahmen für Klimaschutz und Klimaanpassung, zu denen auch der „Hitzeaktionsplan“ gehört. Der Wiener Klimarat setzt sich aus drei Gruppen, sogenannten Boards, zusammen. Das „Wissenschaftliche Board“ ist Kern des Klimarats und wird von zwei „Sounding Boards“ unterstützt. Diese unterstützenden Boards setzen sich einerseits aus Schlüsselpersonen der Stadt Wien und andererseits aus Fachleuten zusammen.

Als weit weg von konkreter Umsetzung bezeichnen die Grünen Wien den „Hitzeaktionsplan“. „Die Pläne sind vernünftig, bleiben aber größtenteils im reinen Planungsstadium hängen. Wir bezweifeln, dass die heutigen Ankündigungen bis zur nächsten Hitzewelle umgesetzt sein werden“, so Parteivorsitzender Peter Kraus von den Grünen Wien.