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Chronik

Vierter Missbrauchsverdacht in Kindergarten

Der mögliche Missbrauch von Kindern in einem städtischen Kindergarten in Wien-Penzing durch einen Pädagogen zieht weitere Kreise. Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Donnerstagnachmittag bekannt gegeben, dass es einen weiteren Verdachtsfall gibt.

„Es ist eine weitere Anzeige bei uns eingelangt“, sagte Sprecherin Nina Bussek. Damit wird nun in vier möglichen Missbrauchsfällen ermittelt. Anfang der Woche wurde bekannt, dass in einem städtischen Kindergarten vor 13 Monaten ein Pädagoge ein Kind mutmaßlich missbraucht haben soll. Dann folgten zwei weitere mögliche Fälle und jetzt der nächste.

Keine Angaben zu Gutachten

Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geht es um den Vorwurf des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen bzw. des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen. In dem Fall, der ein Jahr zurückliegt, wurde ein Gutachten beauftragt, dessen Ergebnis mittlerweile eingelangt ist. Zum Inhalt machte Sprecherin Bussek keine Angaben.

In den drei Fällen, die eben erst bekannt wurden, müssen Gutachten noch eingeholt werden. „Es ist bereits der Sachverständige bestellt worden, zu allen drei Fällen ein Gutachten zu erstellen.“

Vierter Missbrauchsverdacht in Kindergarten

Der mögliche Missbrauch von Kindern in einem städtischen Kindergarten in Wien-Penzing durch einen Pädagogen zieht weitere Kreise. Die Staatsanwaltschaft Wien hat am Donnerstagnachmittag bekannt gegeben, dass es einen weiteren Verdachtsfall gibt.

Über ein Jahr keine Information an Eltern

Nach Bekanntwerden des ersten Verdachtsfalls – die Eltern suchten das Gespräch mit der Kindergartenleitung – wurde die Staatsanwaltschaft eingesetzt und der Mann in den Innendienst versetzt. Die Eltern der anderen Kinder am Standort erhielten jedoch vorerst keine Information, das geschah erst kürzlich.

Dies führte zu scharfer Kritik an der für die Kindergärten zuständigen Magistratsabteilung 10. Einerseits geht es um den Umstand, dass die Eltern erst jetzt, so viele Monate später, über den Missbrauchsverdacht informiert wurden, andererseits fühlen sich Eltern offenbar mit der Situation allein gelassen.

Die Leiterin der MA 10, Daniela Cochlar, wies in den vergangenen Tagen Vertuschungsvorwürfe zurück. So sagte sie Medienberichten zufolge, es werde von Fall zu Fall entschieden, wie informiert werde. Im Gespräch mit der APA betonte Cochlar, dass man das Beste tue, um Licht in die Sache zu bringen: „Wir nehmen das wirklich ernst.“ Für Donnerstagabend ist ein Elternabend für die Familien vom betroffenen Standort organisiert. Dieser soll auf Bitte der Eltern unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Roller vor einem Kindergarten
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Eine Kommission der Stadt beleuchtet mögliche Fehler im Zuge des mutmaßlichen Missbrauchs in einem Kindergarten

Stadt setzte Kommission ein

Im Auftrag der Stadt Wien untersucht eine eigens eingesetzte Kommission die Vorwürfe und Vorgehensweise rund um den Fall. Das Gremium traf sich am Mittwochnachmittag erstmals zu einer längeren Sitzung. „Wir haben die zentrale Fragestellung definiert und festgehalten, dass wir vom Verdachtsfall bis zu heutigen Tag den Ablaufprozess prüfen werden“, berichtete der Kinder- und Jugendanwalt der Stadt, Ercan Nik Nafs der APA.

Weitere Details zum Sitzungsinhalt und zum weiteren Prozedere wurden nicht bekannt gegeben. Plan ist, Anfang Juli einen Bericht mit den Ergebnissen zu präsentieren. Das Gremium umfasst drei Personen. Dabei handelt es sich um jeweils einen Vertreter der Kinder- und Jugendanwaltschaft, des Kinderschutzzentrums Möwe und der Kinder- und Jugendhilfe Wien.

Anwalt will Stadt klagen

Nik Nafs versicherte im APA-Gespräch die Unabhängigkeit der Kommission: „Die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit der Kinder- und Jugendanwaltschaft und der Kommission ist gesichert, zu 100 Prozent.“

Zweifel daran hatte jüngst der Rechtsanwalt Johannes Bügler geäußert. Er vertritt fünf Elternpaare, deren Kinder in der betroffenen Einrichtung betreut würden. Den Schilderungen der Eltern zufolge würden die Kinder Symptome eines möglichen Missbrauchs zeigen. Er kündigte an, die Stadt klagen zu wollen.

Verpflichtende Schutzstandards gefordert

Am Donnerstag meldeten sich auch die Österreichischen Kinderschutzzentren und die Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung (ECPAT Österreich) zu Wort. Sie forderten in einer Aussendung verpflichtende Standards für den Kinderschutz. Derartige Konzepte würden etwa die Sicherheit erhöhen, ein klar geregeltes Vorgehen bei Verdachtsfällen ermöglichen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einer Organisation Handlungssicherheit geben.

Übergriffe und Gewalt könnten überall dort passieren, wo Erwachsene mit Kindern zusammenleben oder -arbeiten – im nahen Umfeld der Kinder sowie in Organisationen und Institutionen, in denen Kinder untergebracht sind bzw. unterrichtet und beaufsichtigt werden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung der Österreichischen Kinderschutzzentren und ECPAT Österreich.

Organisationen und Institutionen könnten dieses Risiko jedoch minimieren, indem sie ein umfassendes Kinderschutzkonzept entwickeln. Selbst wenn ein Restrisiko bleibe, so seien die Maßnahmen in einem Kinderschutzkonzept ein bewährtes Mittel im institutionellen Kinderschutz.

Vorgehen im Verdachtsfall

„Kinderschutzkonzepte fußen auf einer umfassenden Risikoanalyse und präventiven Maßnahmen im Personalwesen wie Einstellungskriterien, einem erweiterten Strafregisterauszug sowie einem Verhaltenskodex, dem alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ihrer Unterschrift zustimmen. Sie umfassen auch das gesamte Beschwerdewesen und Maßnahmen die interne und externe Kommunikation betreffend und regeln das Vorgehen bei Verdacht auf Gewalt“, sagte ECPAT-Geschäftsführerin Astrid Winkler.

Konzepte würden auch für klar geregeltes Vorgehen bei Verdachtsfällen sorgen. „In einem Kinderschutzkonzept wird das Vorgehen im Verdachtsfall vorab detailliert überlegt und geplant, und zwar individuell von jeder Organisation für unterschiedliche Szenarien“, führte Martina Wolf, Geschäftsführerin im Bundesverband Österreichischer Kinderschutzzentren, weiter aus.

Dazu zähle, dass Mitarbeitende zwischen Grenzverletzung und Gewalt unterscheiden können und wissen, an wen sie sich bei einem „internen Verdacht“ (gegen eine mitarbeitende Person) wenden könnten, wer worüber zu informieren ist und welche Schritte der Reihe nach zu gehen sind.