Karl Mahrer am 37. Landesparteitag der ÖVP Wien
APA/HANS PUNZ
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politik

94 Prozent: Mahrer ist Wiener ÖVP-Chef

Karl Mahrer ist mit 94,21 Prozent zum Landesparteiobmann der ÖVP Wien gewählt worden. Als ÖVP-Chef wolle er die Umgangsformen in der Politik ändern, hatte er in seiner Rede vor der Wahl angekündigt. Hass und Aggression hätten in der Politik nichts verloren.

376 Delegierte gaben Mahrer ihre Stimme und kürten ihn damit mit 94,21 Prozent auch offiziell zum Parteichef der Wiener ÖVP. Er nehme die Wahl in Dankbarkeit und Demut an, sagte Mahrer: „Vielen Dank für das große Vertrauen. Nun gilt es, mit voller Kraft und Geschlossenheit als Wiener Volkspartei für die Menschen in Wien zu arbeiten“, sagte der frisch gewählte Landesparteiobmann: „Eines ist sicher, wir lassen uns nicht unterkriegen, wir sind die Wiener Volkspartei.“

Mahrer folgt auf Gernot Blümel, der im Dezember aus allen politischen Ämtern ausschied. Der 67-Jährige Mahrer war Polizist und Nationalratsabgeordneter, wechselte zuletzt vom Parlament ins Rathaus und ist dort nicht amtsführender ÖVP-Stadtrat.

Probleme der Stadt als langjähriger Polizist bekannt

Im Interview mit ORF-Wien-Chefredakteur Oliver Ortner entgegnete Mahrer dem Tipp eines seiner Vorgänger, Bernhard Görg, aufzupassen, nicht zu nett zu sein, mit dem Hinweis auf „seine“ klare Linie: Er wolle das aufzeigen, was aus seiner Sicht und der der ÖVP falsch laufe in der Stadt. Er wolle der SPÖ auch anbieten, wenn sie die Konstruktivität der Wiener ÖVP annehme, zusammenzuarbeiten.

ÖVP-Wien-Chef Mahrer zu seinen Plänen

Karl Mahrer, neuer ÖVP-Wien-Obmann und Nachfolger von Gernot Blümel, zu seinen Vorhaben im Interview mit ORF-Wien-Chefredakteur Oliver Orter.

Er sei viele Jahre Polizist in Wien gewesen und kenne die Probleme in der Stadt. Er wisse, dass es Parallelgesellschaften gebe, die sich abschotten würden. Das bringe Probleme für die Stadt, so Mahrer auf die Frage, wieviel Sebastian Kurz in ihm stecke. Sein Rezept, an das Ergebnis der letzten Wahl wieder heranzukommen, heiße arbeiten und sofort ganz nah an die Menschen heranzukommen. Das würden die ÖVP-Bezirksräte sicherstellen.

Nur kurz kommentieren wollte Mahrer die am Freitag bekannt gewordene mutmaßliche Verwicklung in die Causa Wienwert. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führt ihn in dieser Causa als Beschuldigten. Das sei keine Hypothek für seine Obmannschaft, betonte Mahrer. Die Vorwürfe seien haltlos, er werde alles tun, um diese Vorwürfe aufzuklären.

Nehammer gratuliert Mahrer

„Karl Mahrer ist ein Garant für eine erfolgreiche ÖVP-Stadtpolitik. Die hohe Zustimmung der Delegierten am heutigen (Freitag, Anm.) Landesparteitag der Wiener Volkspartei zeigt, dass Karl Mahrer höchstes Vertrauen genießt. Ich gratuliere dem neugewählten Landesparteiobmann sowie seinen Stellvertreterinnen und Stellvertretern herzlichst zur Wahl", betonte Bundeskanzler und Bundesparteiobmann Karl Nehammer. Mahrer werde die Geschicke der Wiener ÖVP mit „erfahrener und ruhiger Hand leiten“.

Gedankt wurde auch Mahrers Vorgänger Gernot Blümel, Nehammer würdigte dessen Verdienste. Blümel hatte 2015 die im Stadtparlament marginalisierte Wiener ÖVP übernommen und sie von der Einstelligkeit bei der Wahl 2020 wieder auf den zweiten Platz geführt.

Karl Nehammer und Karl Mahrer am 37. Landesparteitag der ÖVP Wien
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Karl Nehammer und Karl Mahrer am 37. Landesparteitag der ÖVP Wien

ÖVP als zweite „große Liebe“ seines Lebens

In seiner Rede vor der Abstimmung sagte Mahrer, er sei „aus Liebe“ in der Politik tätig. Vor rund 500 Delegierten und 1.000 Gästen in der Steffl Arena bezeichnete er die ÖVP als die nach seiner Frau zweite „große Liebe“ seines Lebens. Er sei der Volkspartei 45 Jahre treu verbunden. „Wir kommen aus dem Volk“, hielt er fest, man müsse für Menschen in ihren Lebensrealitäten arbeiten. Hier gibt es laut Mahrer durchaus Nachholbedarf auch in seiner Partei: „Wir müssen noch viel näher zu den Menschen kommen.“

Mahrer forderte eine Politik mit Herz und Verstand: „Als Volkspartei bieten wir ein klares Gegenmodell an." Man stelle nicht wie die „arrogante und abgehobene“ SPÖ das Rathaus, sondern die Menschen in den Mittelpunkt. „Die Volkspartei ist die wahre Grätzelpartei.“ Und er kündigte an: Für jedes Grätzel werde es künftig einen zuständigen Bezirksrat der ÖVP geben, den „Grätzelbezirksrat“.

Fehlende Sprachkenntnisse als „Ärgernis“

„Kritik an Wien ist kein Wien-Bashing“, so Mahrer weiter. Man wolle vielmehr alles tun, damit sich Dinge in der Stadt bessern würden. Ein Ärgernis seien etwa fehlende Sprachkenntnisse von Zuwanderern und deren Kindern. Hier ortete er ein Versagen der Stadtregierung im Bereich Bildung und Integration. Letztere müsse von den Betroffenen auch eingefordert werden. Wer in Wien oder Österreich leben wolle, müsse die „geltenden Werte“ akzeptieren.

37. Landesparteitag der ÖVP Wien
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37. Landesparteitag der ÖVP Wien

Abstimmung über Leitantrag

Neben Mahrers Kür stand auch noch die Abstimmung über einen umfangreichen Leitantrag auf dem Programm. Darin bekräftigt die türkise Landespartei langjährige Forderungen wie etwa nach einer Stadtwache samt Sicherheitsstadtrat, Sonntagsöffnung und einem Gehaltscheck für Gemeindebaumieter. Gleichzeitig drängt die ÖVP auch darauf, dass Wien den Bund beim Wunsch nach mehr Mitteln für Investitionen unterstützt und die langfristige Erhöhung der Regelbudgets für die innere und äußere Sicherheit unterstützt.

Neo-ÖVP-Wien-Chef Mahrer setzt auf Sachlichkeit

Karl Mahrer will als neuer ÖVP-Wien-Obmann die Umgangsformen in der Politik ändern. Er wolle Hass und Aggression aus der politischen Diskussion heraushalten und sei gegen „Schläge unter der Gürtellinie“. Er will die Partei öffnen und breiter aufstellen.

In Sachen Bildung fordert die ÖVP ebenso wie die SPÖ mehr Lehrpersonal und Klassen. Doch anders als die SPÖ soll nicht der Bund für mehr Planposten sorgen. Vielmehr vermutet die ÖVP, dass viele Dienstposten für Verwaltung statt Unterricht genützt würden. Das sei zu ändern. Auch die Deutschförderung müsse ausgebaut werden. Ebenfalls im Leitantrag finden sich Tourismuszonen, um die Sonntagsöffnung zu ermöglichen. Es sei dringend nötig, dass kaufwillige Touristen am Wochenende in Wien einkaufen könnten.

Das Zonenmodell bei den Kurzparkzonen findet sich ebenso im Antrag wie die Förderung anderer Mobilitätsformen wie Radfahren, allerdings ohne zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs zu gehen. Außerdem will die Wiener ÖVP Schwellenwerte in Sachen Mietzins: „Wir fordern eine regelmäßige Überprüfung sowie einen Solidarbeitrag bei Überschreitung der Grenze. Damit bleibt die soziale Durchmischung weiterhin erhalten, und die Sanierung von Gemeindebauten kann endlich umgesetzt werden.“