Chronik

Ukrainer üben heftige Kritik an Wiener Plakat

Vertreter der ukrainischen Diaspora üben heftige Kritik an einem Plakat, das im Rahmen einer Kampagne von Wirtschaftskammer (WK) Wien und Stadt Wien entstanden ist. Das Sujet trage zur „Relativierung der Schuld“ von Russland bei.

Auf dem Sujet ist ein russisch-ukrainisches Ehepaar aus Wien mit Puzzle-Elementen in den Farben des jeweiligen Herkunftslandes und mit dem Text „GEMEINSAM. Das ist unser Wien“ zu sehen. Auf der Website der Wiener Wirtschaftskammer ist das Sujet nun jedoch nicht mehr zu finden. Man habe es aufgrund der aktuellen Diskussion gelöscht, um diese nicht weiter zu befeuern, so ein Sprecher gegenüber wien.ORF.at.

Über Suchmaschinen ist das Bild jedoch noch zu finden (siehe Link unten). Auch in der Stadt ist es noch als Plakat zu sehen – bis Ende nächster Woche. Bei den weiteren Plakatwellen im Zuge der Kampagne werde es jedoch nicht mehr dabei sein, so die Wiener Wirtschaftkammer. Das sei von Beginn an so geplant gewesen, denn es sollen komplett neue Sujets zum Einsatz kommen.

„Versöhnung ist derzeit der falsche Mechanismus“

„Wir sind empört, dass nach drei Monaten einer brutalen und durch nichts zu rechtfertigenden russischen Invasion der Ukraine hier in Österreich versucht wird, eine Relativierung der Schuld in der öffentlichen Kommunikation zu betreiben, ohne sich die Meinung von Ukrainerinnen und Ukrainern einzuholen“, schrieb die Diasporaorganisation „Gesellschaft ukrainischer Jugend in Österreich“ (TUMA) am Dienstag auf Facebook.

Das Plakat vermittle die Botschaft, dass es sich bei Russland und der Ukraine um zwei streitende Parteien handeln würde und dass sich Solidarität in gleichem Ausmaß auf Opfer und Aggressor verteilen würde, erklärten die Ukrainer. Auch wären selbst jene Russinnen und Russen, die den Krieg und das Putin’sche Regime verurteilten, mit dem Sujet nicht einverstanden, da sie sich angesichts der Gräueltaten der russische Armee in der Ukraine für ihr Land schämen würden.

„Es ist zwar eine noble Idee, Versöhnung auf die politische Agenda zu schreiben, gerade in einer so kosmopolitischen Stadt wie Wien. Aber Versöhnung ist derzeit der falsche Mechanismus, denn es bedarf des Anerkennens einer Verantwortungsübernahme seitens aller Russinnen und Russen ungeachtet dessen, wo sie leben“, erläuterte die Diasporaorganisation.

Wien als „Stadt der Weltoffenheit“ präsentieren

Hintergrund des kritisierten Plakats ist eine gemeinsame „Kommunikationsoffensive“ der Wirtschaftskammer Wien und der Stadt Wien, die Österreichs Hauptstadt als „Stadt der Weltoffenheit“ präsentieren, in der die gemeinsame Arbeit an der Zukunft zum Wohle aller an erster Stelle stehe. Neben dem russisch-ukrainischen Ehepaar finden sich auf Plakaten unter dem Motto „GEMEINSAM. Das ist unser Wien“ Geschäftsfrauen und -männer mit unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichem Alter. Auch Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Wirtschaftskammer Wien-Präsident Walter Ruck haben sich für die Kampagne gemeinsam fotografieren lassen.