„Das Wetter von morgen“ können Künstler und Kulturschaffende nicht vorhersagen. Aber sie können sich mit den aufgrund der Klimakrise rapide veränderten Lebensbedingungen in der Stadt beschäftigen. „Wir hatten mehr als doppelt so viele Einreichungen wie sonst“, sagt die Geschäftsführerin von Kunst im öffentlichen Raum (KÖR) Martina Taig.
Bewusster Fokus auf einen verdichteten Randbezirk
Bei dieser Ausschreibung wollte man sich bewusst auf einen Randbezirk konzentrieren, dem die zunehmende Verdichtung zu schaffen macht: Floridsdorf. Neun ausgewählte Projekte werden Straßenzüge im Floridsdorfer Zentrum bespielen, die Eröffnung findet am 2. Juni um 18.00 Uhr Am Spitz statt. Am Eröffnungswochenende bieten Guides am Franz-Josef-Platz Informationen und Kurzführungen an, zusätzlich gibt es ein Vermittlungsprogramm. „Es ist uns wichtig, nicht nur die ‚Art people‘ zu erreichen, sondern möglichst viele Gruppen anzusprechen.“
Zu den Blickfängern dürfte die interaktive multimediale Skulptur „Kwirki, der Sendbote“ von Böhler & Orendt zählen, die Am Spitz einen fünfeinhalb Meter hohen Eichenstamm in einen Cyborg verwandeln. Auch die Skulptur „Palm Tree – 5 nach 12“ von Veronika Dirnhofer und Anna Khodorkovskaya ist mit ihren sieben Metern Höhe unübersehbar.
Etwas unscheinbarer wirkt da die Arbeit „Das hier ist Wasser“ von Katarina Schmidl, die sich in Form zweier hölzerner Pavillons bereits jetzt auf der Fläche von zwei PKW-Parkplätzen auf Floridsdorfer Straßen breitmacht. In ihren temporären Biotopen wachsen Baume, Sträucher und Gräser, die heute im Überschwemmungsgebiet wachsen würden, wäre es nicht trockengelegt worden.
Kunstwerke erfüllen teils auch Funktionen
„Bei den Einreichungen war alles dabei, so wie wir es uns gewünscht hatten: Das reichte von skulpturalen und installativen Arbeiten bis zu performativen, aktivistischen, partizipativen oder forschenden Ansätzen. Die Projekte erfüllen teilweise auch Funktionen, indem sie etwa Schatten spenden oder Wasser abgeben, wichtig war uns aber künstlerische Qualität, nicht Funktionalität“, sagt Taig.
Ephemer wirkt dagegen das Projekt „Biosphere“ von Conny Zenk, Verena Dürr und Gischt, das als performative Konzertreihe mit mobilen Lautsprechern konzipiert ist, an der man per Fahrrad teilnehmen kann. Der Soundride endet jeweils mit einem Livekonzert von Flonky Chonk am Schlingermarkt. Und auch für den spielerischen Audiowalk „Bird Watch“ von play:vienna bewegt man sich durch Floridsdorf – und begibt sich dabei in das Jahr 2049.
Nachnutzung der Projekte im Fokus
„Nachhaltiges Handeln und Leben erhält auch in der Kunst immer größere Aufmerksamkeit“, berichtet die Leiterin der 2004 gegründeten Institution, mit der die Belebung des öffentlichen Raums der Stadt Wien mit permanenten und temporären künstlerischen Projekten vorangetrieben werden soll, im Gespräch mit der APA. „Dabei geht es nicht nur um das Thema, sondern immer stärker auch um die Nachhaltigkeit und die Nachnutzung der Projekte selbst.“
Zusätzlich zu den von einer Jury ausgewählten Projekten gibt es in dem Zusammenhang auch eine Fassadengestaltung der VHS Floridsdorf von Christoph Schäfer sowie eine Kooperation mit der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), die eines ihrer anlässlich des 150-jährigen Bestehens der Universität entwickelten temporären Kunstprojekte nach Floridsdorf schickt: Der von Folke Köbberling konzipierte „Jubiläumswagen“ hinterlässt dabei auch „Lasting Signs of Jubilee“, etwa indem er Asphalt entsiegelt oder herkömmliche Pflastersteine durch kompostierbare ersetzt.