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ORF.at/Zita Klimek
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Chronik

Verurteilter Camp-Betreiber: Eltern entsetzt

Ein wegen sexuellen Missbrauchs Unmündiger verurteilter Wiener bietet Feriencamps für Kinder an – seine Vorstrafe ist getilgt worden. Die betroffenen Eltern sind entsetzt, viele melden ihre Kinder nun ab. Die Eltern sowie Kinderschutzvereine fordern Konsequenzen.

Man glaubt das Kind in guten Händen zu wissen, vertraut der Betreuungsperson und plötzlich stellt sich heraus: Der Mann, mit dem Kinder seit Jahren in den Wald oder in die Donauauen Ausflüge machen, wurde wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses und geschlechtlicher Nötigung verurteilt. Die Vorstrafe wurde getilgt – doch der Schock sitzt tief, wie eine Mutter, die anonym bleiben möchte, im „Wien heute“-Interview erzählt.

Betroffene Mutter: „Dann wird einem schlecht“

„Die Emotionen gehen am Anfang hoch. Dann wird einem schlecht, dann ist man eigentlich wahnsinnig traurig, welchen Gefahren wir unsere Kinder aussetzen, ohne es zu wissen.“ Mehr als zwei Jahre verbrachte ihre Tochter alle zwei Wochen mehrere Stunden zusammen mit anderen Kindern Zeit mit dem Mann bei Ausflügen in die Natur. Ihre Tochter besucht die Camps jetzt nicht mehr – auch andere Eltern zogen die Reißleine. Die Verunsicherung ist groß, genauso wie der Wunsch nach Konsequenzen.

Silhouette einer Frau
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„Dann wird einem schlecht“, sagt eine betroffene Mutter, die ihr Kind nun abgemeldet hat

„Das Allerwichtigste ist, dass so etwas in Zukunft nicht mehr passieren darf. Also, dass ein verurteilter Sexualstraftäter, quasi ein Pädophiler, mit Kindern in den Wald gehen darf, alleine mit einer Gruppe von Kindern – das darf es rechtlich nicht geben“, so die Mutter. Derzeit ist das aber – wie der Fall zeigt – möglich. Kinder- und Jugendschutz ist seit 2018 wieder Ländersache, unter der türkis-blauen Regierung wurde die Bundeskompetenz aufgelöst.

Personen praktisch nicht überprüfbar

Jugendschutzeinrichtungen verweisen darauf, dass es bei Einzelunternehmern, die ein freies Gewerbe betreiben und Freizeit- oder Sportkurse für Kinder anbieten, praktisch nicht überprüfbar ist, ob diese Person in strafrechtlicher aber auch pädagogischer Hinsicht unbedenklich ist.

Aufregung um Kindercamp-Betreiber

In Wien konnte ein Mann jahrelang Ausflüge und Camps für Kinder anbieten, obwohl er wegen sexuellen Missbrauchs von Unmündigen verurteilt worden ist. Kinderschutzvereine und betroffene Eltern fordern nun Konsequenzen vom Gesetzgeber.

Nikolaus Rast, Strafverteidiger in Wien und Mitbegründer des Vereins „Bündnis Kinderschutz Österreich“, hält es für unerträglich, dass potenzielle Täter nach wie vor oftmals leichtes Spiel haben, über ein berufliches Setting in Kontakt zu Kindern zu kommen. „Wer ein Einzelunternehmen gründet, bei dem spielen allfällige Vorstrafen keine Rolle. Niemand schaut hin, niemand schaut auf die Kinder“, hält Rast fest. Und weiter: „Kinder haben einfach keine Lobby.“

Einheitliche Qualitätskriterien gefordert

„Das ist sicher im Moment eine Lücke, die da ist. Wir fordern wirklich ein österreichweites Kinderbundesschutzgesetz. Wo Qualitätskriterien für alle, die in irgendeiner Weise Angebote für Kinder und Jugendliche haben, festgeschrieben sind. Sei es jetzt wirklich im Freizeitbereich, in den Ferien zu Ferienzeiten oder auch im Sportbereich und ähnliches“, so Hedwig Wölfl von der Kinderschutzorganisation „die Möwe“.

Eine Frau tippt am Computer
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Hedwig Wölfl fordert einheitliche Qualitätskriterien für alle Angebote für Kinder

„Die Möwe“ empfiehlt in diesem Zusammenhang Eltern und Erziehungsberechtigten, bei Freizeit- und Feriencamp-Angeboten darauf zu achten, ob diese ein Kinderschutz-Konzept enthalten, zu dem sich die Anbieter auch verpflichtet fühlen. Wünschenswert wäre aus Sicht der „Möwe“ in diesem Kontext die Einführung eines „Güte-Siegels“, mit Hilfe dessen sich seriöse, das Kindeswohl garantierende Anbieter erkennen lassen.

Eine Forderung, die auch die betroffenen Eltern unterstützen. „Ich verstehe schon, jeder darf eine zweite Chance haben. Ich finde auch, er soll arbeiten dürfen – mit Erwachsenen. Einfach nicht mehr mit Kindern. Kinder sind schutzwürdig und da müssen wir als Erwachsene die Vorgaben dafür geben“, so die Mutter.