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Stadt sucht dringend Krisenpflegeeltern

Wien ist derzeit wieder dringend auf der Suche nach Krisenpflegeeltern sowie Pflegeeltern. Denn durch Pandemie und Teuerung melden sich deutlich weniger Menschen. Die Hoffnung liegt auch auf einem neuen Arbeits- und Gehaltsmodell, das mit Herbst in Kraft tritt.

Man sei laufend auf der Suche nach einerseits Krisenpflegeeltern, die kurzfristig und rasch Kinder betreuen können. Andererseits habe man auch Bedarf an Pflegeeltern, die Kinder langfristig in ihre Familie aufnehmen, sagt Martina Reichl-Roßbacher, Leiterin des Fachbereichs Pflegekinder bei der MA 11 im Interview mit Radio Wien. Denn derzeit melden sich nur wenige Interessenten, Pandemie und Teuerung „lassen viele Menschen überlegen, ob sie ihr Familiensystem belasten können und das leisten können“, so Reichl-Roßbacher.

Der Bedarf ist „sehr groß“

Krisenpflegeeltern sind die erste Anlaufstelle, wenn die Gefährdungssituation für die Kinder sehr hoch ist. Meist werden Kinder im Alter von 0 bis 3 Jahren vermittelt. „Der Bedarf ist sehr groß“, sagt Reichl-Roßbacher. Denn man brauche zwar keine bestimmte Ausbildung, die meisten Krisenpflegeeltern machen den schwierigen Job aber nur ein paar Jahre lang. „Denn es ist schon eine große Belastung, man weiß nicht, mit welchen Rucksäcken die Kinder kommen und man muss auch immer wieder Abschied nehmen – meisten Krisenpflegeeltern haben vier, fünf Kinder pro Jahr bei sich.“

Mit zusätzlichen 10 bis 15 Krisenpflegefamilien wäre man gut aufgestellt, so Reichl-Roßbacher. Je mehr Krisenpflegeeltern sich bereit erklären, desto mehr Pflegeeltern brauche es aber auch. Sie übernehmen dann langfristig. Denn nur etwa 40 Prozent der Kinder gehen nach einer Krise wieder nachhause, der Rest kommt zu langfristigen Pflegeeltern.

Das Ziel der Stadt ist dabei, alle Kinder bis sechs Jahren im Familienverbund zu betreuen, das gelinge derzeit allerdings nicht. Sonst habe man circa 120 Vermittlungen pro Jahr, 2021 waren es nur rund 100, da es an Eltern mangelt. Besonders schwierig ist es, Plätze für Geschwister, Zwillinge oder Kinder mit bekannten gesundheitlichen Problemen wie etwa einem Drogenentzug zu finden. „40 bis 60 neue Pflegeeltern dazu wäre optimal“, sagt Reichl-Rossbacher, „weil bei langfristigen Vermittlungen müssen Pflegepersonen und Kind gut zusammenpassen.“

Neue Arbeitsbedingungen ab September

Sie hofft nun auf das neue Gehalts- und Arbeitsmodell für Krisenpflege- und Pflegeeltern. Künftig wird das Gehalt für Krisenpflegeeltern auf 1.500 Euro netto monatlich (exklusive Krisenpflegegeld) erhöht. Für die Aufnahme eines weiteren Krisenkindes, die selbst bestimmt werden kann, erhält man eine Aufwandsentschädigung von jeweils 500 Euro. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, fünf Wochen Urlaub bzw. Pause ohne Betreuungsverpflichtung zu erhalten.

„Wir hoffen schon, dass sich dann mehr melden. Vor allem, da die Verpflichtung, ein zweites Kind aufzunehmen, weggefallen ist“, so Reichl-Roßbacher. Das habe in der Vergangenheit einige Eltern abgeschreckt. Auch für Langzeitpflegeeltern ändert sich etwas: Sie haben dann die Möglichkeit, eine Anstellung schon ab dem 2. Lebensjahr des Pflegekindes in Anspruch zu nehmen zu können. Im Juni ist die Neuregelung im zuständigen Gemeinderatsausschuss beschlossen worden, mit September tritt sie in Kraft.