Eine Frau geht an einem Geschäft auf der Tuchlauben vorbei
ORF.at/Carina Kainz
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Wirtschaft

WKO: Sorge um Ausfall russischer Touristen

Seit dem Krieg in der Ukraine kommen de facto keine russischen Touristinnen und Touristen mehr nach Wien. Sie machen mittlerweile unter ein Prozent der Nächtigungen aus. Die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) ist besorgt, weil deren Kaufkraft dadurch wegfällt.

„Zahlenmäßig lässt sich das Fehlen dieser Gruppe vielleicht ausgleichen, aber es fällt eine sehr große Kaufkraft weg“, sieht WKO-Bundesspartenobmann Rainer Trefelik den Rückgang kritisch. Die russischen Touristinnen und Touristen seien bisher speziell im Luxusbereich ein wichtiger Kundenkreis gewesen, weshalb viele Geschäfte der Wiener Innenstadt russischsprachiges Personal haben.

Unternehmen spüren Ausfall

Anhand der Mehrwertsteuerrückvergütung in der Vergangenheit ließe sich diese Kaufkraft nachvollziehen, so Trefelik. Man passe sich an, die russische Kaufkraft sei aber so schnell nicht kompensierbar: „Es wäre blauäugig zu sagen, das spüren wir nicht“, sagte Trefelik. Man müsse die Zahlen tiefergehend untersuchen, fordert er. Die bloße Anzahl von Touristinnen und Touristen sage aus ökonomischer Sicht ohne ihre Kaufkraft nichts aus. Eine große europäische Reisegruppe kompensiere zwar die Nächtigungen, jedoch nicht das Konsumverhalten von einzelnen Personen in einem Luxusgeschäft.

Besucher der Innenstadt am Graben
APA/Georg Hochmuth
Vor allem die Luxusgeschäfte in der Innenstadt würden laut Wirtschaftskammer das Ausbleiben der russischen Touristen spüren

Es sei außerdem eine hochemotionale Angelegenheit, sagte Trefelik: „Es ist schmerzhaft, denn es gehen langjährige Kundenbeziehungen zu Ende, auch mit ukrainischen Kunden.“ Auf lange Sicht sei es extrem schwierig, Kundschaft, die durch solche Einschnitte verloren geht, wieder zurückzuholen. Auch im Personal von Wiener Innenstadtgeschäften hätten viele Verwandte in der Ukraine und in Russland, was für sie emotional eine besondere Herausforderung sei, beschrieb Trefelik.

Rückgang schon seit Krim-Annexion

Mit 700.000 Nächtigungen pro Jahr in Wien waren die russischen Gäste ein nicht unwesentlicher Faktor für den Tourismus. Doch das ist inzwischen einige Jahre her. Seit 2014 – mit der Annexion der Krim und den verhängten Sanktionen der EU – geht die Zahl der russischen Gäste beständig zurück, wie Walter Straßer von Wien Tourismus sagte.

„Der Anteil der russischen Nächtigungen ist mittlerweile auf unter ein Prozent abgerutscht. Aber auch schon vor der aktuellen Ukrainekrise und auch vor Corona, also 2019, betrug der Anteil russischer Nächtigungen gerade einmal zweieinhalb Prozent am gesamten Wiener Tourismus“, so Straßer. Der Wien Tourismus habe deshalb auch keine Marketing-Schwerpunkte mehr in Russland gesetzt.

Hotelbedienstete überzieht Bett
APA/Roland Schlager
Die Hotelzimmer sind trotz des Ausfalls der russischen Gäste gut besetzt

Im ersten Halbjahr 30.000 Nächtigungen aus Russland

Der Rückgang an russischen Touristinnen und Touristen ist laut Straßer aber kein Problem, da die Entwicklung absehbar war. „Zuletzt im ersten Halbjahr 2022 verzeichnete Wien gerade einmal 30.000 Nächtigungen aus Russland. Und zum Vergleich: Insgesamt erreichte Wien da schon wieder fünf Millionen Nächtigungen und wir waren im Juni bereits wieder auf 80 Prozent des Vorkrisenniveaus“, so Straßer.

Der Ausfall der russischen Gäste könne derzeit sehr gut ausgeglichen werden, da es im Laufe der Jahre laut Wien Tourismus ganz gut gelungen ist, andere Märkte zu erschließen. „Aktuell ist natürlich pandemiebedingt der Wiener Tourismus sehr stark von den Nahmärkten geprägt. Aber die USA kommen als erster Fernmarkt sehr stark zurück und sind mittlerweile auch nach Deutschland und Österreich Wiens drittstärkster Herkunftsmarkt“, sagte Straßer.