Logo von „Wien Energie“ am Hauptsitz des Energieversorgers
APA/Roland Schlager
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Wirtschaft

Wien Energie: Hanke schließt Spekulation aus

Die Stadt Wien rechnet mit einem weiteren Finanzierungsbedarf von bis zu sechs Mrd. Euro für die Wien Energie und fordert deshalb einen Schutzschirm. Spekulation seitens der Wien Energie habe es nicht gegeben, sagte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) in „Wien heute“.

„Ich weise das absolut zurück“, sagte Hanke am Abend im „Wien heute“-Studio. Es sei nicht die Zeit, jetzt „politisches Kleingeld“ zu wechseln. „Wir müssen jetzt alle gemeinsam durch diese Krise gehen.“ Ein erster Schritt seit mit der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) gesetzt. Die Wien Energie erhalte schon am Dienstag zwei Milliarden Euro, um die notwendigen Sicherheitsleistungen hinterlegen zu können. „Es braucht sich keiner Sorgen machen, dass es im Strom- und Gasbereich in den nächsten Wochen Probleme geben wird.“

Am späten Abend sah alles anders aus. Wie Hanke in der Zib2 bestätigte, würde aufgrund des „verrücktspielenden Strommarkts“ derart kurzfristig nun doch keine zwei Milliarden Euro schwere Lücke sondern ein positiver Saldo von „400 bis 700 Millionen Euro“ herausschauen. Trotzdem bleibe insgesamt ein milliardenschwerer Finanzierungsbedarf. Laut Angaben des Finanzministeriums gegenüber der APA vom Montagabend wird Dienstagfrüh weiterverhandelt: „Angesichts der im Raum stehenden Summen braucht es jedenfalls auch Verhandlungen auf politischer Ebene“, hieß es aus dem Büro von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP).

Verrückte Märkte

In einem Brief an das Finanzministerium rechnete die Stadt mit einem weiteren Finanzierungsbedarf von sechs Milliarden Euro. Insgesamt soll der geforderte Schutzschirm sogar zehn Milliarden Euro umfassen und allen österreichischen Energieunternehmen zur Verfügung stehen. Wie viel davon die Wien Energie tatsächlich braucht, konnte Hanke im Interview nicht benennen. „Es sind verrückte Märkte, mit denen wir es zu tun haben im Strom- und Gasbereich. Wir haben eines gesehen, dass am vergangenen Freitag auf einmal die Strompreise auf den Börsen durch die Decke gegangen sind. So etwas hat es noch nie in den letzten 50 Jahren, solange wir aktiv waren, gegeben.“

Finanzstadtrat zur Causa Wien Energie

Finanzstadtrat Peter Hanke ist zu Gast bei ORF-Wien-Chefredakteur Oliver Ortner im Wien-heute-Studio und spricht zur Causa Wien Energie.

Die Wien Energie sei besonders betroffen, da die Eigenproduktion geringer sei. Bundesländer wie Tirol oder Vorarlberg, die mehr Energie selbst aufbringen könnten, wären hier nicht so sehr betroffen. Wien sei gezwungen, mehr Strom an den Handelsplätzen zu kaufen. „Das ist ein ganz normaler Vorgang.“ Nötig seien dabei stets Sicherheitsleistungen, also Kautionen, für bereits für die Zukunft abgeschlossene Geschäfte.

Politischer Beschluss im Gemeinderat folgt

Das Problem sei nicht von jetzt auf gleich aufgetreten, gab Hanke zu. Schon in den letzten Monaten – insbesondere seit Beginn des Ukraine-Kriegs – habe sich die Notsituation gezeigt. Zweimal habe die Stadt schon 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, zuletzt diesen Montag. Erfolgt sei das über die Notkompetenz des Bürgermeisters, bei der ersten Sitzung des Gemeinderats nach der Sommerpause erfolge auch der entsprechende Beschluss.

Wegen der Schwierigkeiten auszusteigen, sei keine Option, so Hanke zuvor zur APA: „Man muss im Markt bleiben.“ Dies sei der Grund gewesen, auf den Bund zuzugehen, um gemeinsam hier einen Weg zu suchen. Bis vor nicht allzu langer Zeit sei der Bedarf von der Wien Energie selbst gestemmt worden. Jetzt betrage der Einsatz aber zum Teil bis zu zwei Mrd. Euro pro Tag. „Wir haben keine Planungssicherheit mehr“, beklagte der Ressortchef.

Vertrauen für Wien-Energie-Führung

Hanke bekräftigte, dass es sich bei der Wien Energie um ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen handle, das auch keine Verluste schreibe. Bei den Sicherheitsleistungen handle es sich um Depotgeld, das der Verkäufer hinterlegen muss. Dieses gehe aber nach erfolgtem Verkauf wieder zurück.

Der Unternehmensführung sprach Hanke im „Wien heute“-Interview sein Vertrauen aus. „Sie machen wirklich einen tollen Job. Wir haben dort tausende Mitarbeiter, die Tag für Tag für das Unternehmen und für die Wiener arbeiten.“ Kritik an ihm selbst, dass er nicht an der Sitzung Sonntagabend im Bundeskanzleramt teilgenommen hat, versuchte Hanke zu entkräften. Es sei als Expertengespräch geplant gewesen, sagte er.

Umgehende Kritik

Nur kurz nach Ausstrahlung des Interviews äußerte sich Peter Kraus, Co-Vorsitzender der Wiener Grünen, auf Twitter. Für ihn seien weiter viele Fragen offen. „Wenn die Lage seit Wochen bekannt ist – bereits im Juli gab es die ersten 700 Mio. der Stadt – warum hat man so lange gewartet? Warum wartet man bis zum letzten Moment, um auf den Bund zuzugehen? Warum alles an Gremien vorbei?“

„Strom kann jederzeit normal am Markt zugekauft werden. Dazu benötigt man keine komplexen Finanzinstrumente, die der Wien Energie, der Stadt und schlussendlich den Menschen in Wien jetzt über Nacht einen ordentlichen Stromschlag verpassen, offensichtlich ist in Wien vieles anders“, so ÖVP-Landesparteiobmann Karl Mahrer in einer Aussendung vom späten Montagabend.