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Gesundheit

Verwirrung um neue Blutspendeverordnung

Die neue Blutspendeverordnung hat gleich zum Auftakt für Verwirrung gesorgt. Bei einem Medientermin in der Wiener Blutspendezentrale wurde eine transidente Person abgewiesen. Das Gesundheitsministerium stellte nun klar: Trans Menschen dürfen spenden.

Die neue Blutspendeverordnung, die mit 1. September in Kraft trat, sollte am Donnerstag in der Blutspendezentrale Wien gefeiert werden. SPÖ-Gleichbehandlungsexperte Mario Lindner, der bisher selbst von der Blutspende ausgeschlossen war, wollte daher mit einer trans Kollegin im Rahmen des Medientermins gemeinsam Blut spenden. Allerdings durfte nur Lindner selbst auch spenden – seine Kollegin wurde ausgeschlossen, weil sie trans ist.

Ann-Sophie Otte, Obfrau der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien, übte danach Kritik: Statt der erwarteten Feierlaune habe es bittere Enttäuschung gegeben. Aus der Einladung des Roten Kreuz unter dem Titel „Zum ersten Mal Blutspenden ohne Diskriminierung“, ließe sich eher schließen, dass mit schwulen und bisexuellen Männern nun auch trans Personen Blut spenden dürften – aber dem war nicht so. „Wir werden weitermachen bis Transgenderpersonen endlich inkludiert sind“, kündigte sie an.

Blutspenden ohne Diskriminierung

Am Donnerstag ist die neue Verordnung in Kraft getreten, dass auch homo- und bisexuelle Menschen sowie Transpersonen Blut spenden dürfen. Viele haben sich daher auf den Weg in die Blutspendezentrale gemacht.

„Dieselben sonstigen Zulassungskriterien wie für alle“

Das ist jedoch nicht notwendig, wie wenig später das Gesundheitsministerium und das Rote Kreuz mitteilten. Die diskriminierungsfreie Blutspende umfasse selbstverständlich auch trans Personen, der Vorfall am Donnerstag sei falsch gehandhabt worden. „Es gelten dieselben sonstigen Zulassungskriterien wie für alle Menschen. Dies wird bei der Blutspende in Österreich ab sofort auch so gehandhabt“, hieß es in einem Statement des Gesundheitsministeriums am Donnerstagnachmittag.

Auch Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) selbst erklärte via Twitter, es sei in direktem Gespräch mit dem Roten Kreuz klargestellt worden, dass trans personen Blut spenden dürfen.

Lindner ortet „absolute Verwirrung“

Am Donnerstagvormittag hatte das Rote Kreuz noch mitgeteilt, dass bei allen Blutspendediensten in Österreich trans Personen nicht zur Blutspende zugelassen seien. „Die Zulassungskriterien werden aktuell aber bereits von den Fachgremien im Gesundheitsministerium überarbeitet“, hieß es, dazu am Vormittag vom Roten Kreuz.

In einer Aussendung von SPÖ-Gleichbehandlungssprecher Lindner hieß es am Donnerstagnachmittag, nun herrsche „absolute Verwirrung um die Situation von transidenten Personen“. Als Begründung für die Abweisung einer transidenten Person sei die ausstehende Entscheidung durch eine Arbeitsgruppe im Gesundheitsministerium angegeben worden – nun sei davon nicht mehr die Rede. „Wo ist die Arbeitsgruppe geblieben und warum braucht man deren Ergebnisse innerhalb weniger Stunden doch nicht mehr?“, fragte Lindner. Man werde jedenfalls in jedem Bundesland ganz genau beobachten, wer nun unter welchen Kriterien wirklich spenden dürfe.

Fragen nach individuellen Sexualverhalten

Mit der neuen Blutspendeverordnung ist die sexuelle Orientierung kein Kriterium mehr, ob man Blut spenden darf oder nicht. Gefragt wird stattdessen nach dem individuellen Sexualverhalten – etwa ob man in den letzten drei Monaten mit mehr als drei Personen Sex hatte. Ausschlussgründe für eine Spende sind zudem weiterhin etwa Fieberblasen, kürzliche Zahnarztbehandlungen oder die Einnahme von Antibiotika.

Weniger Blutspenden in Großstädten

In Wien gehen im Vergleich zum Rest des Landes unterdessen weniger Menschen zur Blutspende. Im vergangenen Jahr spendeten 3,56 Prozent der österreichischen Bevölkerung im spendenfähigen Alter Blut – in Wien waren es nur 1,4 Prozent. Die Beobachtung, dass in Großstädten weniger Blutaufbringung möglich ist als im ländlichen Bereich, lässt sich weltweit machen.

Simon Gänsdorfer von der Blutspendezentrale des Roten Kreuzes nennt als möglichen Grund die Anonymität der Großstadt: „Durch dieses Anonymitätsgefühl denkt man, dass es auf meine Spende eh nicht so ankommt.“ Das sei auf dem Land anders: „Dort ist die Blutspende oft als soziales Event im Rahmen eines Feuerwehrfests oder Kirtags eingebunden, wo man gemeinsam Blutspenden geht.“

Finanzieller Anreiz riskant

Eine finanzielle Zeitaufwandsentschädigung wie beim Plasmaspenden gäbe es beim Blutspenden aus mehreren Gründen nicht, so Gänsdorfer. Erstens, weil das Blutspenden viel schneller gehe als das Plasmaspenden; zweitens, weil das Rote Kreuz im Gegensatz zur Plasmaindustrie eine Non-Profit-Organisation sei; und drittens, weil ein finanzieller Anreiz zu unzuverlässigen Angaben seitens der Spendenden führen könnte.

Diese müssen nämlich vor jeder Blutspende einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. „Studien zeigen, dass die Angaben verlässlicher sind, wenn kein finanzieller Anreiz für eine Spende besteht“, sagt Gänsdorfer. „Und darum geht es ja – dass das gewonnene Blut auch sicher ist.“ Zwar werde jede Spende auf über Blut übertragbare Infektionskrankheiten getestet, der Fragebogen sei jedoch trotzdem erforderlich, weil die Ergebnisse erst nach einem diagnostischen Zeitfenster aussagekräftig seien, heißt es in einer Presseaussendung des Roten Kreuzes.

Blutspendezentrale

Wiedner Hauptstraße 32, 1040 Wien, Hotline: 0800 190 190, Rotes Kreuz (Online)

5.000 Erstspenderinnen und Erstspender

Im vergangenen Jahr wuchs die Spendenbereitschaft im Großraum Wien. Es habe mit 5.000 Erstspenderinnen und Erstspendern in Wien, Niederösterreich und dem Burgendland um 50 Prozent mehr als im Jahr 2020 gegeben, so Gänsdorfer. Vor sechs Wochen hatte es in Wien einen Mangel an Spenden gegeben, nun ist der Lagerstand wieder stabil. Weil eine Blutkonserve nur 42 Tage lang haltbar ist, muss konstant gespendet werden.

In ganz Österreich wurden vergangenes Jahr 340.000 Konserven von rund 220.000 Personen gewonnen. Das Rote Kreuz gilt als Arzneimittel herstellender Betrieb, wo demnach die Blutspenderverordnung einzuhalten ist. Bei Männern liegt die maximal erlaubte Entnahmehäufigkeit bei sechsmal im Jahr, mit einem Mindestabstand von acht Wochen. Bei Frauen sind es maximal vier oder fünf jährliche Spenden, abhängig von der Menopause.