Padhi Frieberger, Ohne Titel, undatiert
Belvedere, Wien
Belvedere, Wien
Kultur

Uraltes Motiv: Schau zum Baum in der Kunst

Im Unteren Belvedere eröffnet heute Abend eine Ausstellung rund um eines der ältesten Motive der Kunst. „Grow. Der Baum in der Kunst“ ist der Titel der Schau, die sich auch als Kommentar zur Klimakatastrophe versteht. Gezeigt werden über 100 Objekte.

Der Baum als Motiv sei „immer schon symbolisch aufgeladen“ gewesen, sagte Generaldirektorin Stella Rollig am Donnerstag bei der Presseführung. Die Schau behandle daher „Bildgeschichte, Geistesgeschichte, Ideengeschichte“, so Rollig.

Kurator Miroslav Halak wählte 76 Künstlerinnen und Künstler aus. 60 der 102 gezeigten Werke stammen aus eigenen Beständen des Belvedere. Das älteste Objekt ist ein Fastentuch aus dem 15. Jahrhundert, die jüngsten Exponate sind in situ geschaffene Auftragswerke, etwa Jakub Spanhels Eckinstallation „Willst du deinen Wald vernichten, pflanze Fichten, nichts als Fichten“.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Ausstellungsansicht – in der Mitte des Raums: Giuseppe Penone, Respirare l’ombra, 1998
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Giovanni Segantini, Die bösen Mütter, 1894
Belvedere, Wien
Steirischer Maler, Fastentuch-Fragment, um 1440
Belvedere, Wien
Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld, Die Breite Föhre nächst der Brühl bei Mödling, 1838
Belvedere, Wien
Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld, „Die breite Föhre nächst der Brühl bei Mödling“, 1838
Nilbar Güreş, Headstanding Totem, 2014
Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll
Nilbar Güres, „Headstanding Totem“, 2014
Dorota Sadovská, #StayHome 2, 2020
www.sadovska.sk
Dorota Sadovska, „#StayHome 2“, 2020
Emilie Mediz-Pelikan, Blühende Kastanien, 1900
Belvedere, Wien, Foto: Johannes Stoll
Emilie Mediz-Pelikan, „Blühende Kastanien“, 1900

Kunst „immer mehr Botschafterin höherer Inhalte“

Giovanni Segantinis symbolistisches Hauptwerk „Die bösen Mütter“, eine Praterallee von Olga Wisinger-Florian, ein Baum von René Magritte, „Blühende Kastanien“ von Emilie Mediz-Pelikan und reduzierte Baumdarstellungen der Gugging-Künstler Johann Korec und Oswald Tschirtner spannen einen weiten Bogen auf.

Ausstellungshinweis

„Grow. Der Baum in der Kunst“, Unteres Belvedere, 23. September 2022 bis 8. Jänner 2023

Nilbar Güres’ Fotoarbeit „Headstanding Totem“ verweist wie viele andere Werke nicht nur auf den mythologischen Gehalt des Themas, sondern auch auf jene menschliche Zerstörungsarbeit, die ein Video von Asta Gröting am anschaulichsten zum Ausdruck bringt: In „Apple Tree“ sägt eine der beiden Performerinnen fröhlich an jenem Ast, auf dem sie Platz genommen hat.

Sowohl die Museumschefin als auch der Kurator betonten, die Ausstellung verstehe sich auch als Kommentar zur sich anbahnenden Klimakatastrophe, in der Waldbrände und Abholzung zu den großen Problemen zählen. „Da wird Kunst immer mehr zur Botschafterin höherer Inhalte“, sagte Halak.

Baum als Projektionsfläche

Die Ausstellung ist in drei Abschnitte gegliedert, die sich allerdings nicht sehr klar voneinander unterscheiden: Baum der Erkenntnis, Baum des Wissens, Achse der Welt. Vom Sündenfall im Paradies (vertreten u. a. durch KHM-Leihgaben aus der Werkstatt von Lucas Cranach) angefangen, sei der Baum immer schon viel mehr als bloße Dekoration gewesen, so der Kurator: „Kaum ein anderes Naturobjekt wurde öfter zur Projektionsfläche als der Baum.“

Eine kleine Sektion beschäftigt sich mit der ideologischen Instrumentalisierung des Baums etwa im Nationalsozialismus, ein paar Meter weiter lachen einem die Peanuts entgegen, die auf einer gerodeten Fläche vor einem abgeschlagenen Baumstamm stehen (Jimmy Zurek: „Ama Mater“). Dem Problem der Beliebigkeit kann die Auswahl nicht immer ausweichen.

Eigens kreierter Soundtrack

Eine Ausstellung mit diesen Inhalten müsse sich auch in der Herstellung ökologischen Kriterien stellen, betonte Rollig. Das Belvedere, das stolz auf seine Zertifizierung als „grünes Museum“ ist, legte einerseits Wert darauf, dass der Radius der Leihgeber kein allzu großer ist (angeblich stammt das am weitesten gereiste Objekt aus Turin), andererseits hat man den Katalog CO2-neutral produziert und durchwegs auf Plastik verzichtet. Wandtexte wurden mithilfe von Papierschablonen aufgemalt, die Objektkärtchen sind aus Samenpapier. Halak: „Im Papier befinden sich noch aktive Samen. Wenn Sie dieses Papier einpflanzen, dann wächst etwas – hoffentlich.“

In der Ausstellung herrscht Stille – den eigens kuratierten Soundtrack dazu kann man jedoch nicht nur mittels CD nach Hause mitnehmen, sondern ihn auch per Audioguide oder mittels Museums-App Smartify während des Besuchs genießen. Ein Rahmenprogramm mit Artist Talks und Filmprogramm im Blickle Kino ist Themen wie „Kunst und Ökologie“, dem Stammbaum sowie „Ökologie und Forstwirtschaft im Spiegel der Sammlung“ gewidmet.

Mensch-Tier-Hybridwesen von Rona Pondick

Von der Flora kann man im Belvedere übrigens auch in die Fauna wechseln – also von den Pflanzen ins Tierreich: Rona Pondick, im Marmorsaal des Unteren Belvedere mit einem „Head in Tree“ vertreten, zeigt parallel dazu im Carlone-Saal des Oberen Belvedere „Monkeys“: In ihre Skulpturen von Mensch-Tier-Hybridwesen fügte die US-Künstlerin Abgüsse eigener Körperteile ein, die sie zuvor mittels 3-D-Technologie abgenommen und verkleinert hatte.