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Ukraine-Seminar bleibt ohne Folgen

Ohne dienstrechtliche Konsequenzen bleibt ein Ukraineseminar der Wiener Polizei, das von russischen und pro-russischen Experten dominiert war. Es hatte im Sommer von ukrainischer Seite für Aufregung gesorgt.

Eine interne Evaluierung des Ukraine-Seminars der Wiener Polizei habe zum Ergebnis geführt, dass keine Voraussetzungen für dienstrechtlichen Maßnahmen vorlägen, so Innenminister Gerhard Karners (ÖVP) Antwort auf eine Anfrage von NEOS. Bei der vom Referat Personalentwicklung der Landespolizeidirektion Wien genehmigten Fortbildungsveranstaltung seien Reisekosten, Kosten für Dolmetscher und Ausgaben für Verpflegung von 1.140 Euro entstanden, berichtete Karner dem Parlament.

Kein Geld ist laut seiner Darstellung an die Vortragenden geflossen, zu denen er mit Verweis auf Datenschutz sowie Amtsverschwiegenheit keine konkreten Angaben machen wollte: Es liege keine ausdrücklichen Zustimmung der Betroffenen zur Veröffentlichung ihrer personenbezogenen Daten vor. Laut APA-Recherchen hat das Innenministerium jedoch verzichtet, alle „Betroffenen“ auch um ihre Zustimmung zu ersuchen: Der einzige österreichische Vortragende, der Wiener Slawist Alois Woldan, sagte, er sei nicht kontaktiert worden.

Mehr Sensibilität bei Auswahl von Seminaren

In seiner Beantwortung übte Innenminister Karner gleichzeitig sachte Kritik an der Landespolizeidirektion Wien: Obwohl es keine dienstrechtlichen Konsequenzen geben werde, würde bei der Auswahl von Seminaren und Vortragenden hinkünftig „ein höheres Maß von Sensibilität und politischem Bewusstsein“ an den Tag gelegt werden, versicherte er.

Im Widerspruch zur der APA vorliegenden internen „Abstract-Sammlung der Vortragenden“, wo auch der als Vorsitzender des „Koordinationsrats der Organisation russische Landsleute“ (KSORS) auftretende Dmitri Jerochin angeführt wird, dementierte Karner, dass KSORS-Vertreter zum Seminar eingeladen worden seien.

Der lose Dachverband KSORS – er steht der russischen Botschaft in Wien nahe – hatte laut APA-Recherchen zumindest drei Experten für das Ukraine-Seminar der Wiener Polizei am 29. Juni nominiert und einen Monat später durch die teilweise Veröffentlichung der Veranstaltung im Internet auch heftige ukrainische Kritik hervorgerufen: Zwei Expertinnen und ein Experte von KSORS hatten vor Polizisten unter anderem propagandistische Ansichten des offiziellen Russland zur Ukraine verbreitet.

NEOS: „Russische Denkweise propagiert“

„Das sind Narrative, die die Legitimierung schaffen, Ukrainer zu töten“, kommentierte damals ein Vertreter der ukrainischen Botschaft in Wien das Geschehen. Botschafter Wassyl Chymynez selbst verlangte in Folge vergeblich vom Wiener Landespolizeipräsidenten Gerhard Pürstl eine Entschuldigung für das Seminar.

„Angesichts dessen, dass viele ukrainische Flüchtlinge in Österreich Schutz vor dem Krieg suchen, sollte sich die Landespolizeidirektion lieber darum bemühen, die Empathie für diese Bevölkerungsgruppe zu stärken statt in derartigen ,Seminaren’ die russische Denkweise zu propagieren“, kommentierte NEOS-Sprecherin Stephanie Krisper. Sie kritisierte zudem, dass „faktenbasierte Information und die österreichische Rechtsordnung“ nicht Gegenstand des Seminars gewesen seien.