Politik

Stadt und Wirtschaft fordern Energiepaket

Die Stadt Wien, die Wirtschaftskammer und die Wiener Industriellenvereinigung fordern ein Energiemaßnahmenpaket. Durch die Energie- und Teuerungskrise sehen sie den Wirtschaftsstandort Wien gefährdet.

Die aktuelle Energiekrise sei für die Wirtschaftstreibenden zu einer noch nie da gewesenen Herausforderung geworden. Darin sind sich Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ), der Präsident der Industriellenvereinigung Wien, Christian Pochtler, und Wirtschaftskammer-Wien-Präsident Walter Ruck einig. Demnach sei der Wirtschaftsstandort Wien in seiner Wettbewerbsfähigkeit global benachteiligt und kurz- bis mittelfristig in seinem Fortbestand gefährdet, da die Energiepreise auf das bis zu Zehnfache gestiegen sind.

„Es gibt noch eine gute Stimmung“

„Derzeit sehen wir 4,5 Prozent Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung ist so hoch wie noch nie – und es gibt noch eine gute Stimmung“, sagt Hanke. „Aber wir müssen von einer Stagnation 2023 ausgehen.“ Daher müsse man jetzt etwas für die Wettbewerbsfähigkeit tun. Daher fordern die beiden Interessenvertretungen der Wirtschaft und die Stadt Wien gemeinsam ein Maßnahmenprogramm, das alle Ebenen der Gesellschaft sowie Politik und Behörden umfasst.

Teuerung macht sich in Betrieben bemerkbar

Immer mehr Betriebe sprechen von einer bedrohten Existenz. Grund sind die hohen Energiepreise. Von der Regierung wird ein Maßnahmenplan gefordert.

Demnach müssten umgehend Notfallpläne erstellt werden, sollten die russischen Gaslieferungen ausbleiben oder französische Atomkraftwerke ausfallen und es zu Versorgungslücken kommen. Weiters bedürfe es einer unbürokratischen Strompreiskompensation. „Wir sind Krisen gewohnt und sind durch Covid schon sehr durchgeschüttelt worden“, merkt Pochtler an.

Materialkosten stark gestiegen

„Die Materialkosten sind massiv gestiegen: Stahl um 58 Prozent, Kunststoff um 50 bis 60 Prozent. Die Energiekrise hat die Lage weiter verschärft. Der Energiekostenanteil hat sich bei vielen Betrieben verzehnfacht“, ergänzt der IV-Wien Präsident. Die beschlossene Förderrichtlinie zum Unternehmensenergiekostenzuschuss- Gesetz ist – darin sind sich Hanke, Pochtler und Ruck einig – zu bürokratisch. Das Pauschalmodell für Kleinunternehmen wurde noch nicht vorgestellt.

Gas aus dem Süden Europas gefordert

Eine weitere Forderung ist, Abkommen mit Italien und Slowenien zu schließen, um Gas aus dem Süden Europas beziehen zu können. Ein ähnliches Abkommen gibt es bereits mit Deutschland. Einige Unternehmen mussten ihren Betrieb bereits herunterfahren, weil eine rentable Produktion nicht mehr möglich ist. Um auf Energiepreisspitzen oder Energieausfälle reagieren zu können, bedarf es eines „Energienotfall-Kurzarbeitsmodells“, fordern der Stadtrat und die beiden Wirtschaftsvertreter.

Viel versprechen sie sich auch von einem Gaseinkauf auf europäischer Ebene. Mit dieser Marktmacht hätte man ein entsprechendes Gegengewicht zu Russland.

„Gas- und Strompreis entkoppeln“

Zeitlich begrenzt sollte auch das Strompreismodell über die Merit Order ausgesetzt werden, so eine weitere Forderung. „Wirtschaftsliberalismus kann kein Dogma sein“, sagt Ruck, denn das Problem sei "derzeit nur ordnungspolitisch zu lösen. "Derzeit bestimmt das teuerste Kraftwerk den Strompreis – und das ist derzeit das Gaskraftwerk. Der Strompreis sollte zeitlich begrenzt vom Gaspreis entkoppelt und der Strompreis temporär begrenzt werden.

Langfristig sollte erneuerbare Energie massiv ausgebaut werden. Dazu brauche es jedoch die entsprechenden Rahmenbedingungen. Jahrelange Verfahrensdauern und jahrzehntelange Verzögerungen verhindern hier den Ausbau. Als Beispiel wird die Tiefengeothermie angeführt: Sie könnte bis zu einer Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr ersetzen, rund zehn Prozent des Gasbedarfes. Allerdings müssten für eine Bohrung derzeit unzählige zivilrechtliche Verträge abgeschlossen werden. Es verhindern also rechtliche Hürden die Umsetzung dieses Projektes.