Verstorbene konservieren und nach gewaltvollen Todesfällen wieder vorzeigbar machen: Das sind die Aufgaben der vier Thanatopraktiker bei der Bestattung Wien. Sie können den Verwesungsprozess der Leichen verlangsamen und sie so für einige Zeit konservieren. Die Spezialbestatter sollen außerdem Unfallopfer und andere derangierte Leichen wieder vorzeigbar machen. Zur Arbeitsausrüstung gehören neben dem Chirurgenbesteck auch Friseur- und Visagistenequipment.
Spezialausbildung: Kosmetik und Chirurgie
Bestatter Rudi Seidl arbeitet seit 16 Jahren bei der Bestattung Wien. Fasziniert vom Tod wollte er lernen, wie man seine Spuren wieder unsichtbar machen kann. Seidl ist eigentlich ausgebildeter Konditor. Die Bestattung Wien sei aber der krisensichere Arbeitgeber, denn: „Gestorben wird immer.“ In seinem neuen Beruf sei er ein „moderner Ägypter“, der Leichen konserviert und vorzeigbar mache.

„Wenn die Oma jetzt sagt: Ich will eine schöne Dauerwelle. Dann können wir das genauso machen“, kommentierte Seidl seine Fertigkeiten im „Wien heute“-Interview. Zu den Ausbildungsinhalten gehöre nicht nur die chirurgische und hygienische Grundversorgung, sondern auch das „Schminken, Toupieren und Frisieren“ der Leichen. Eineinhalb Jahre lang hat er in Deutschland eine Spezialausbildung gemacht, um Hinterbliebenen einen leichteren persönlichen Abschied zu ermöglichen.
Verwesungsprozess wird mit Chemikalien verzögert
Nachdem die Verstorbenen in der Leichenhalle ankommen, werden dem Körper sieben bis acht Liter Blut entnommen und durch Formalin ersetzt. So werde der Verwesungsprozess für eine gewisse Zeit gestoppt, erklärte Seidl den Ablauf der Konservierungs- und Rekonstruktionsarbeit. "Wenn jemand stirbt und es, aus welchen Gründen auch immer, zwei bis drei Wochen dauert, bis die Beerdigung stattfindet, kann ich denjenigen konservieren, dass die Leiche länger hält oder nach Verkehrsunfällen eine Rekonstruktion machen.“
Der letzte Weg: Thanatopraktiker
„Wien heute“ hat Menschen vorgestellt, die von Berufswegen viel mit dem Tod zu tun haben. Diesmal wird einem Thanatopraktiker über die Schulter geschaut.
Je nach den Wünschen der Angehörigen werde dann eine hygienische Grundversorgung durchgeführt. Die Haare der Verstorbenen werden gewaschen, Männer können rasiert werden. Einen Tag vor dem Begräbnis wird der Verstorbene geschminkt und hergerichtet, so Seidl. Dabei profitiere er von seiner Konditorausbildung. „Es bringt schon was, wenn man Fingerspitzengefühl hat. Beim Verzieren der Torten und sonstigen Feinarbeiten oder beim Gesichtsmodellieren.“

Auf dem Tisch sind alle Leichen gleich
Jeder von Seidls Arbeitstagen als Thanatopraktiker schaue anders aus. Ihm sei aber egal, wer auf dem Tisch liege, er gehe mit allen Verstorbenen gleich um. „Pietätvoll sein, das ist für mich ganz wichtig. Es ist für mich immer ein Mensch, egal ob das jetzt ein berühmter Schauspieler oder ein Obdachloser ist, die werden alle gleich behandelt. Wenn sie da am Tisch liegen, gibt es für mich keinen Unterschied."
Am wichtigsten sei, die Arbeit nicht mit nach Hause zu nehmen, betonte Seidl im Interview mit Radio Wien. „Man darf nicht drüber nachdenken, warum ist der gestorben, sondern muss immer daran denken: Ich mach für die Angehörigen jetzt noch was Schönes draus.“