Chemiefabrik in der Ukraine
APA/GROUPDF
APA/GROUPDF
Politik

„Nachbar in Not“: 340 Mio. Euro gespendet

Anlässlich des Jugoslawien-Kriegs 1992 haben heimische Hilfsorganisationen und der ORF die Hilfsinitiative „Nachbar in Not“ gegründet. Heuer feiert sie ihr 30-jähriges Bestehen. Seit Beginn sind 340 Millionen Euro Spenden – mit Regierungshilfe – zusammengekommen.

Unter dem Dach von „Nachbar in Not“ schlossen sich acht Hilfsorganisationen – Arbeiter-Samariter-Bund, Care, Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Malteser, Rotes Kreuz und Volkshilfe – zusammen. Mediale Plattform war von Beginn an der ORF. Zunächst ging es um eine Hilfsaktion für die Geflüchteten und Vertriebenen des Jugoslawien-Krieges, dabei wurden zehn Jahre die zivilen Opfer des Bürgerkrieges und der Wiederaufbau unterstützt.

2003 wurde „Nachbar in Not“ zu einer Stiftung mit den acht genannten Trägerorganisationen, der ORF fungierte weiter als mediale Plattform der Hilfsaktion. Der Radius dehnte sich in der Folge stark aus. So wurde in vielen Katastrophen- und Konfliktfällen weltweit geholfen, „Nachbar in Not“ wurde zur größten österreichischen Spendeninitiative der Zivilgesellschaft im Ausland.

Grafik zu „Nachbar in Not“
APA/ORF.at

Van der Bellen: „Unverzichtbare Arbeit“

An der Festveranstaltung am Freitag anlässlich des Bestehens nahmen unter anderen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, auch Schirmherr der Aktion, Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und hochrangige Vertreterinnen und Vertreter von ORF und den beteiligten Hilfsorganisationen teil. Der Bundespräsident lobte die Initiative: „Seit 30 Jahren leistet ‚Nachbar in Not‘ unverzichtbare Arbeit in den großen humanitären Krisen dieser Welt und ist ein Markenzeichen für Österreich, für unsere Bereitschaft zur Hilfe geworden.“

Er dankte dem ORF, „dass er diese Initiative immer weiter gestärkt und gepflegt hat“. Van der Bellen erwähnte auch die „Helferinnen und Helfer, die jetzt gerade in Charkiw, in Odessa, in vielen Orten in der Ukraine und der ganzen Region Menschen – Nachbarinnen und Nachbarn in Not – helfen.“ Und er dankte auch den Spenderinnen und Spendern: „Danke an Sie, liebe Österreicherinnen und Österreicher und alle Menschen, die hier leben, dass Sie diese wirksame Hilfe mit Ihrer Spende möglich machen. Danke für Ihre Menschlichkeit, Ihr Mitgefühl und Ihre Solidarität. Für Ihre Hilfsbereitschaft, Ihre Spendenfreudigkeit und Ihr Engagement.“

30 Jahre „Nachbar in Not“

Im Mai 1992 brachte der Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien den damaligen Generalsekretär des ORF, Kurt Bergmann, auf die Idee, die Spendenaktion „Nachbar in Not“ zu gründen. Im Laufe der Zeit ist „Nachbar in Not“ zu einer Stiftung mit den acht großen österreichischen Hilfsorganisationen und dem ORF als Medienpartner geworden. Zu Gast im Studio ist dazu Michael Opriesnig, einer der drei Vorstandsvorsitzenden der Stiftung und Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes.

Unterstützung als „öffentlich-rechtlicher Auftrag“

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann betonte, dass es für den ORF eine „Selbstverständlichkeit“ sei, „die Spendenaufrufe bestmöglich zu unterstützen.“ Weißmann weiter: „Nicht nur, dass es zu unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gehört, es ist auch Teil unseres Selbstverständnisses, nicht wegzusehen, wenn Hilfe gebraucht wird. Und es erfüllt uns mit Stolz, auf die Hilfsinitiativen von ‚Nachbar in Not‘ aufmerksam zu machen und die ungebrochene Solidarität der österreichischen Bevölkerung seit 30 Jahren erleben und aktiv begleiten zu dürfen.“

Michael Opriesnig, Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes und Stiftungsvorstand von „Nachbar in Not“, resümierte: „Die Geschichte von ‚Nachbar in Not‘ zeigt: Wir leisten Hilfe, die ankommt, und Hilfe, die bleibt. Eine Hilfsaktion, die 1992 für das ehemalige Jugoslawien zunächst nur für einige Wochen geplant war, hat sich zu einem tragfähigen und vertrauenswürdigen Dach entwickelt, unter dem sich ganz Österreich versammelt, wenn es darum geht, gemeinsam bei den großen humanitären Katastrophen dieser Welt Hilfe zu leisten. Mit der Solidarität aus Österreich machen wir alle gemeinsam den Menschen in den Krisenregionen Mut und Hoffnung, ein selbstbestimmtes Leben und eine gute Zukunft weiterzubauen.“

„Viel gelebte Nachbarschaft“ notwendig

Andreas Knapp, Auslandshilfe-Generalsekretär der Caritas Österreich und Vorstandsvorsitzender der Stiftung, wies auf die neuen Herausforderungen durch den Krieg in der Ukraine hin: „Nach 30 Jahren ist wieder ein bewaffneter Konflikt in Europa, und wieder stellen die Menschen in Österreich unter Beweis, dass auf ihre Hilfsbereitschaft Verlass ist. Mit über 52 Millionen Euro Spenden für die Ukraine innerhalb kurzer Zeit ist das der erfolgreichste Start einer Spendenaktion in der Geschichte von ‚Nachbar in Not‘.“

Er zeigte sich überzeugt, dass die Stiftung weiterarbeiten muss: „Wenn wir die Krisen dieser Zeit anschauen, wissen wir: Wir werden auch die nächsten Jahre viel gelebte Nachbarschaft brauchen – und ‚Nachbar in Not‘ wird weiter helfen.“

„Einzigartige Hilfsbereitschaft“

„Unter dem Leitsatz ‚Schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe‘ startet der ORF bei offenkundigem Bedarf so rasch wie möglich mit umfassender Berichterstattung in allen seinen Medien, um für das Thema zu sensibilisieren und letztendlich auch für den Spendenfluss zu sorgen“, erläuterte Pius Strobl, Hauptabteilungsleiter Corporate Social Responsibility im ORF und damit ORF-Leiter von „Nachbar in Not“.

Was die österreichische Spendenfamilie in 30 Jahren zustande gebracht habe, sei „einzigartig und ein großartiges Zeichen der Hilfsbereitschaft in Österreich“. Er nannte den Einsatz vieler professioneller und freiwilliger Helferinnen und Helfer aus den „Nachbar in Not“-Stiftungsorganisationen „besonders beeindruckend“.