Chronik

Klimaaktion an Klimt-Gemälde

Aktivisten der Gruppe Letzte Generation haben heute im Leopold Museum eine schwarze, ölige Flüssigkeit auf das Klimt-Gemälde „Tod und Leben“ geschüttet. Der Museumsbund rief dazu auf, alles zu unterlassen, was den Besuch von Museen gefährde.

„Die Schönheit des Lebens auf der einen Seite, der wartende Tod auf der anderen. So malte Gustav Klimt vor über 100 Jahren ‚Tod und Leben‘. Heute schlittern wir in eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, weil wir wie Klimts Figuren die tödliche Bedrohung nicht wahrhaben wollen“, begründete ein 30-jähriger Aktivist die Aktion. Er forderte sinnvolle Sparmaßnahmen – etwa Tempo 100 auf der Autobahn – anstelle neuer Öl- und Gasbohrungen und ein Ende schmutziger Sponsoringdeals mit der Fossilindustrie.

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Aktivisten schütten Öl auf Klimt-Gemälde
Letzte Generation
Aktivisten schütten Öl auf Klimt-Gemälde
Letzte Generation
Aktivisten schütten Öl auf Klimt-Gemälde
Letzte Generation
Aktivisten schütten Öl auf Klimt-Gemälde
Letzte Generation

Noch ein zweiter Aktivist hatte sich an dem Gemälde festgeklebt. Der 24-Jährige kritisierte, dass „fossile Firmen“ wie die OMV immer noch versuchen würden, sich durch Kunst- und Kultursponsoring ein gutes Image zu verpassen: „Öl und Gas tötet. Wer neue Öl- und Gasquellen sucht und anbohrt, hat Blut an den Händen – und kein Sponsoring der Welt kann dieses Blut abwaschen. Saubere Kunst geht nur ohne schmutziges Geld.“

Klimaaktivisten schütten Klimt-Werk in Wien an

Aktivisten der Gruppe Letzte Generation haben heute im Leopold Museum eine schwarze, ölige Flüssigkeit auf das Klimt-Gemälde „Tod und Leben“ geschüttet. Der Museumsbund rief dazu auf, alles zu unterlassen, was den Besuch von Museen gefährde.

Politische Versäumnisse angeprangert

Allen Warnungen zum Trotz drohe 2022 ein neuer Weltrekord im Ausstoß von Treibhausgasen. Die Menschheit stehe kurz davor, „eine gefährliche Kettenreaktion im Klimasystem auszulösen, die uns für Generationen in eine lebensfeindliche Hölle aus Hitze, Dürre und Wetterchaos stürzt“. Es drohe ein weltweiter Zusammenbruch der Landwirtschaft, gefolgt vom Zusammenbruch der Gesellschaft in Hunger und Krieg. Noch sei es nicht zu spät, riefen die Aktivisten zur Umkehr auf. Noch könnte sich die Menschheit für das Leben entscheiden und den „fossilen Tod im Boden lassen“.

Besonders beklagten die Aktivisten die „politische Untätigkeit“. Die Frage sei, ob (Kanzler Karl, ÖVP, Anm.) Nehammer und (Vizekanzler Werner, Grüne, Anm.) Kogler wirklich einen Plan hätten, um die Lebensgrundlagen der Menschen zu schützen. So würden sie etwa nicht einmal die einfachsten Mittel einsetzen, etwa Tempo 100 auf Autobahnen einführen. Auch bleibe unbeantwortet, warum es immer noch erlaubt werde, nach neuem Öl und Gas zu bohren.

Klimt-Meisterwerk „Tod und Leben“ im Leopold Museum von Aktivist*innen der „Letzten Generation“ attackiert
Leopold Museum, Wien, Manfred Thumberger
Gustav Klimt (1862–1918), „Tod und Leben“, 1910/11, umgearbeitet 1912/13 und 1915/16, Öl auf Leinwand, 180,8 x 200,6 cm, Leopold Museum, Wien

Bild wurde nicht beschädigt

Während das Team der Restaurierung hinsichtlich des Bildes Entwarnung gaben, sei der Schaden am Glas und an der Sicherheitsrahmung sowie an Wand und Boden „evident und erheblich“.

Hans-Peter Wipplinger, Direktor des Leopold Museums, bezeichnete die Anliegen der Klimaaktivisten zwar als berechtigt, „aber der Angriff auf Kunstwerke ist definitiv der falsche Weg, um das angepeilte Ziel, die Verhinderung des prognostizierten Klimakollaps“, umzusetzen. Museen seien bewahrende Institutionen und ein Paradebeispiel für Nachhaltigkeit. Er appellierte an die „Letzte Generation“, andere Wege für das Kundtun ihrer Anliegen zu finden.

Anlässlich des Leopolditags gab es im Leopold Museum freien Eintritt, als Sponsor trat in diesem Zusammenhang die OMV auf. Trotz genauer Kontrollen – so mussten etwa Taschen abgegeben werden –, hätten die Aktivisten die Flüssigkeit in einer Wärmflasche unter ihrer Kleidung ins Museum geschleust. Polizei und Rettung seien in kürzester Zeit vor Ort gewesen und haben die Daten der Aktivisten aufgenommen, hieß es in einer Aussendung des Museums.

„Museen sind Orte des Dialogs“

Das österreichische Museumsbund hat sich mit einem offenen Brief an die Mitglieder der „Letzten Generation“ gewandt: Die Museen in Österreich würden sich bemühen, „einen öffentlichkeitswirksamen Beitrag zum Diskurs um durch menschliche Eingriffe hervorgerufene Veränderung unseres Planeten und unserer Lebensgrundlagen sowie deren negative Auswirkungen auf das Klima, die Natur und deren Vielfalt zu leisten“.

Man stehe demnach auch als Gesprächs- und Kooperationspartner für Anliegen des Klimaschutzes zur Verfügung. Gleichzeitig appellierte man an Klimaaktivisten, bei ihren Aktionen alles zu unterlassen, „was den Erhalt des Natur- und Kulturerbes und auch die Rolle der Museen als Bildungs- und Lernort gefährdet“. Besucher sollen auch künftig Museen „ohne größere Zugangsbeschränkungen und ohne Generalverdacht besuchen können“.

Das Österreichische Nationalkomitee des internationalen Museumsrats, ICOM-Österreich, verurteilte die Aktion wegen Beschädigungsgefahr „aufs Schärfste“. „Museen sind Orte des Dialogs, an denen gesellschaftspolitische Themen verhandelt werden. Derzeit entsteht allerdings der Eindruck, dass die Protestaktionen den Resonanzraum Museen in erster Linie dazu nutzen, ein Maximum an Aufmerksamkeit zu generieren“, hieß es. Museen würden grundsätzlich die Anliegen der Klimabewegung unterstützen. ICOM bat der „Letzten Generation“ Gespräche an, „um das Gemeinsame vor das Trennende zu stellen“.

Aktionismus für Kulturstadträtin „falscher Weg“

„Aktionismus gegen Kunst und Wissenschaft ist der falsche Weg“, so Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). Die Aktivistinnen und Aktivisten würden sich mit den „Wurf- und Klebeattacken“ letztlich selbst schaden. Die Kulturstadträtin möchte mit dem Bund und mit Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) Kontakt aufnehmen, „um darüber zu sprechen, wie man zukünftig mit solchen Vorkommnissen umgehen und sie idealerweise verhindern kann“. Wichtig sei aber auch, die Zugänglichkeit der Museen nicht einzuschränken.

Mayer zeigte Verständnis für „die Anliegen und auch die Verzweiflung“ der Aktivisten, glaubt aber nicht, „dass Aktionen wie diese zielführend sind, weil sich die Frage stellt, ob sie nicht eher zu mehr Unverständnis als zu mehr Bewusstsein für die Klimakatastrophe führen.“ Aus ihrer Sicht sei es der falsche Weg, das Risiko unwiderruflicher Schäden an Kunstwerken in Kauf zu nehmen. „Kunst und Kultur sind Verbündete im Kampf gegen die Klimakatastrophe, keine Gegner.“

Für ÖVP-Staatssekretärin Claudia Plakolm sind Aktionen wie im Leopold Museum oder das Ankleben auf der Straße „auf ganz vielen Ebenen respektlos“. Man müsse zwar viele Menschen für Klimaschutz begeistern, mit ihrem Vorgehen erreiche die „Chaostruppe“ aber das Gegenteil. „Man gewinnt aus meiner Sicht keinen Millimeter, wenn man die Leute terrorisiert. Was wir brauchen ist Klimaschutz mit Augenmaß und Weitblick.“

FPÖ für besseres Sicherheitskonzept

Der Wiener FPÖ-Kultursprecher Stefan Berger sieht laut Aussendung Mayer und Kaup-Hasler in der Pflicht, „für ein Sicherheitskonzept zu sorgen, das Bilder, Skulpturen, historische Artefakte – kurz: sämtliche museale Ausstellungsstücke – ausreichend schützt“. Die FPÖ kündigte einen Antrag im Nationalrat zur „Aufnahme des Klimaterrorismus und -extremismus in den Verfassungsschutzbericht“ an.