Schulessen in Kantine
dpa/Franziska Kraufmann
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Soziales

Zu wenig Mittagessen für benachteiligte Kinder

In Wien bekommen immer weniger Kinder aus armutsgefährdeten Familien eine Unterstützung von der Stadt für warmes Mittagessen. Mindestsicherung und Gehälter steigen jährlich, die Einkommensobergrenze für die Befreiung ist aber gleichbleibend.

Doris Pettighofer, die Geschäftsführerin der Österreichischen Plattform für Alleinerziehende erklärte gegenüber Radio Wien, dass die Einkommensobergrenze bei 1.100 Euro Netto liege. Durch Inflationsanpassungen bekommen Familien vordergründig mehr Geld und verlieren dadurch den Anspruch.

Eltern können dann oft das Essen nicht mehr bezahlen und häufen Schulden bei der MA 11 an. Mit der Folge „dass die Kinder den Betreuungsplatz verlieren, mit allen Folgen für die Eltern“, so Pettighofer.

Wiederkehr im Interview

Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) verspricht Verbesserungen.

Immer mehr Eltern wenden sich an die Plattform

Seit dem Frühjahr wenden sich laut Pettighofer vermehrt Familien an die Plattform. Sie beklagen, dass sie aufgrund der Essensbeiträge Schulden bei der Stadt Wien haben. „Durch diese Schulden werden die Betreuungsverträge für die Kinder gekürzt oder gekündigt“, so Pettighofer. Problematisch sieht sie zwei Punkte. Zum einen, dass grundsätzliche Unterstützung für die Kinder wegfallen würde und zum anderen, dass durch anhaltende Schulden die Kinder ihren Betreuungsplatz verlieren würden.

Pettighofer betonte, dass sich die Plattform seit Juni mehrmals an die Stadt Wien gewandt hat, allerdings ohne Erfolg. Auf Anfragen bei Stadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) hieß es, man kümmere sich darum und man kenne die Problematik. Von der Stadt werden immer weniger Anträge bewilligt, wie der Jahresbericht der Wiener Kinder- und Jugendhilfe zeigt. Die Anträge haben sich seit 2017 auf 7.000 halbiert. „Das bedeutet jedoch nicht, dass es immer weniger armutsgefährdete Familien gibt“, so Doris Pettighofer, sondern das bedeute „das komplette Gegenteil.“

Bei den Bewilligungen ist die Zahl noch signifikanter, 2020 wurden mit 3.657 Bewilligungen über 60 Prozent weniger Anträge bewilligt als noch 2017 mit 9.433 Bewilligungen.

Zu wenig Essen für benachteiligte Kinder

In Wien bekommen immer weniger Kinder aus armutsgefährdeten Familien eine Unterstützung von der Stadt für warmes Mittagessen. Mindestsicherung und Gehälter steigen jährlich, die Einkommensobergrenze für die Befreiung ist aber gleichbleibend.

Erst bei beglichenen Schulden bekommt man Platz zurück

Ein weiteres großes Problem stelle laut Pettighofer die seit 2019 eingeführte Regelung dar, dass auch eine Ratenvereinbarung nicht bewirke, dass die Kinder wieder einen vollen Betreuungsplatz erhalten. Zuerst müssen die Zahlungsrückstände vollständig bezahlt werden, dann dürfen die Kinder wieder ganztags in den eigentlich beitragsfreien städtischen Kindergarten. Konkret heißt das laut der Geschäftsführerin: Zahlungsrückstände für Essensbeiträge würden dazu führen, dass die Betreuungszeiten im Kindergarten auf den Vormittag begrenzt werden.

Pettighofer schilderte gegenüber Radio Wien noch einen besonders dramatischen Fall, bei dem sich die Schulden durch die Geschwisterkinder angehäuft haben. „Das Letzte Kind von vier Kindern, kann jetzt den Betreuungsplatz nicht mehr in Anspruch nehmen.“ Das sei also ein konkreter Fall, bei dem ein Kind die Rechnung für die Armut in der Familie tragen müsse.