Landesgericht Eingang Großer Schwurgerichtssaal
APA/Georg Hochmuth
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Politik

Waffen im Fokus von Terrorprozess

Am Wiener Landesgericht ist heute der Prozess gegen sechs mutmaßliche Unterstützer des Wiener Attentäters vom 2. November 2020 in die nächste Runde gegangen. Im Zentrum der Einvernahme stand ein Besuch eines slowakischen Waffengeschäfts.

Bereits am Donnerstag waren zwei der Angeklagten, die den Attentäter bei der Waffenbeschaffung unterstützt haben sollen, befragt worden. Am Dienstag ging es zunächst erneut um die Frage, wie dieser an Munition kommen wollte. Befragt wurde dazu der 23-jährige Erstangeklagte. Dem Kosovaren wird vorgeworfen, mit dem späteren Attentäter im Juli 2020 in die Slowakei gereist zu sein, um dort Munition für ein AK-47-Sturmgewehr, wie es dieser bei dem Anschlag verwendete, zu kaufen.

Kollege bei Sicherheitsfirma

Der 23-Jährige sagte aus, den späteren Attentäter bei seinem Job bei einer Sicherheitsfirma kennengelernt zu haben. Sie hätten sich zwar ein paar Mal gesehen, seien aber nicht befreundet gewesen. Im Sommer 2020 habe er sich gerade ein neues Auto gekauft. Der spätere Attentäter habe ihn angerufen und gefragt, was er mache. Da er Urlaub gehabt habe, hätten sie „ein paar Runden gedreht“. Dann habe ihm der Attentäter vorgeschlagen, in ein Einkaufszentrum in Tschechien zu fahren. Da ihm das zu weit gewesen sei, hätten sie sich auf Bratislava geeinigt.

„Ich habe nichts gekauft“

Dort seien die beiden in ein Einkaufszentrum gegangen. Der spätere Attentäter habe sich in einem Waffengeschäft umgeschaut. Der Angeklagte sei vom Personal zweimal auf die geltende Maskenpflicht hingewiesen worden, da er keine Maske bei sich gehabt habe, habe er das Geschäft für „zwei bis fünf Minuten“ verlassen, um sich in einer Apotheke eine Maske zu kaufen.

Als er zurückkam, sei der Attentäter noch immer im Geschäft gewesen. Sie hätten sich verabschiedet und seien gegangen. Der 23-Jährige habe ihn dann gefragt, was er in dem Geschäft gewollt habe. „Eh nix. Ich habe nichts gekauft“, habe dieser entgegnet.

Handy in Tatnacht zurückgesetzt

Befragt wurde der Angeklagte auch zur Frage, weshalb er am 2. November 2020, wenige Stunden nach dem Anschlag, sein Handy zurückgesetzt hatte. Am Abend des zweiten November – kurz nach dem Anschlag, aber noch bevor er davon gehört habe – habe er, zu diesem Zeitpunkt mit Freunden in einer Bar, auf Social Media ein Bild vom Attentäter gesehen, auf dem dieser mit Waffen posiert. Daraufhin habe er ihm zuerst geschrieben und ihn dann mehrmals angerufen, um den Attentäter zu fragen, warum er mit Waffen posiere, und ihn aufzufordern, das Bild zu löschen.

Erst dann habe er vom Anschlag erfahren und ein Video gesehen, auf dem ihn der Attentäter an seinen Bekannten erinnert habe. Auf dem Weg nach Hause habe er aufgrund der Anrufe eine Hausdurchsuchung befürchtet und deshalb sein Handy auf Werkseinstellungen zurückgesetzt und im Kofferraum seines Autos versteckt.

SMS: „Bereite dich vor, Razzia fix“

Kurz vor Mitternacht am Abend des Anschlags schrieb er einem der weiteren Angeklagten eine SMS: „Bereite dich vor, Razzia fix“. Damit sei jedoch die „mentale Vorbereitung“ gemeint gewesen, nicht etwa, etwas zu entsorgen oder zu verstecken. Dem weiteren Angeklagten habe der 23-Jährige geschrieben, da er diesen mehrmals mit dem Attentäter zusammen gesehen habe.

Ein Video der Terrorgruppe Boko Haram, das der Angeklagte im Jahr 2020 weitergeleitet hatte, habe er nur deshalb weitergeschickt, da es „an Lächerlichkeit nicht zu überbieten“ gewesen sei. Zum Vorwurf der Verbreitung von Propagandamaterial bekannte er sich schuldig.

Auch Mitbewohner des Attentäters einvernommen

Im Anschluss wurde der Viertangeklagte – ein 28-Jähriger, der den Attentäter in der Planung unterstützt sowie die Tatwaffen samt Munition vorbereitet haben soll – einvernommen. Das bis dahin lose Kontaktverhältnis zwischen diesem Angeklagten und dem Attentäter intensivierte sich nach einem Treffen Mitte Juli 2020, so die Anklage. Bei diesem Treffen anwesend waren auch ein mittlerweile verurteilter deutscher Prediger sowie mehrere von den Schweizer Behörde observierte Männer. Außer dem späteren Attentäter habe er aus der Gruppe alle zum ersten Mal gesehen, sagte der 28-Jährige aus.

Mit dem Attentäter habe er bei diesem Treffen aber lediglich über „belanglose Sachen wie Training“ gesprochen. Generell hätten sich „maximal zehn Prozent der Gespräche“ um Religion gedreht. Die Anklage wirft dem 28-Jährigen vor, gemeinsam mit dem Attentäter in dessen Wohnung das Attentat geplant zu haben. Anfang Oktober 2020 sei der Angeklagte in die Wohnung des Attentäters eingezogen, sagte er aus. Der Attentäter habe in der Zeit bei seinen Eltern gewohnt und von ihm kein Geld verlangt.

Nichts von Vorbereitungen mitbekommen?

Waffen und Munition seien in der Wohnung nicht gelagert gewesen, so der Angeklagte. Während dieser Zeit sei der Attentäter einmal vorbeigekommen, dabei hätten die beiden ein paar Minuten miteinander gesprochen. Ausgezogen sei er rund drei Wochen später, als Grund gab er an, dass er nach Schwierigkeiten in seiner Ehe wieder „zur Vernunft gekommen“ sei, sowie Probleme mit dem Jugendamt, weshalb er zuerst zu seinen Eltern und dann zu seiner Ehefrau gezogen sei.

Das letzte Mal in der Wohnung des Attentäters sei er am 1. November, dem Tag vor dem Anschlag, gewesen, legte der Viertangeklagte dar. Dass er sich in der Nähe der Wohnung aufgehalten hatte, zeigten auch Auswertungen seiner Handydaten. Grund dafür sei gewesen, dass er dort am Vortag seine Wäsche gewaschen und diese nun abgeholt habe. Dabei habe er weder den Attentäter noch etwaige Vorbereitungen für die Tat gesehen.

DNA-Spuren auf Tatwaffen

Auswertungen der ermittelnden Behörde fanden nach dem Attentat DNA-Spuren des Angeklagten sowohl in der Wohnung als auch auf dem für die Tat verwendeten Sturmgewehr, der Machete sowie zahlreichen anderen Gegenständen, die der Attentäter bei sich hatte. „Ich habe all diese Sachen niemals berührt, niemals gesehen“, so der Angeklagte.

Auch ergaben die Auswertungen seiner Handydaten, dass dieses während des Anschlags ausgeschaltet war. Das begründete der Angeklagte damit, dass er im Fitnesscenter gewesen und ihm der Akku ausgegangen sei. An den Namen des Studios erinnere er sich nicht. Dem 28-jährigen, in Afghanistan geborenen österreichischen Staatsbürger wird auch die Verbreitung propagandistischer Inhalte vorgeworfen. Seiner Frau hat er Inhalte aus einer Telegram-Gruppe weitergeleitet, damit sie diese übersetze. „Ich hatte nie und nimmer den Vorsatz, für den IS Propaganda zu verbreiten“, so der Angeklagte.