Schauspieler Florian Teichmeister am 26. Oktober 2021
APA/Florian Wieser
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Kultur

Fall Teichtmeister: Burg setzt Stück ab

Nachdem bekanntgeworden ist, dass Schauspieler Florian Teichtmeister sich aufgrund des Besitzes von Bildern von Kindesmissbrauch vor Gericht verantworten muss, setzt das Burgtheater Daniel Kehlmanns „Nebenan“ ab. Scharfe Kritik an der Burg kommt von einer Arbeitsrechtsexpertin.

Das teilte die Burg am Montag auf ihrer Homepage mit. Teichtmeister hatte in dem Stück eine Hauptrolle inne. Das Theater hatte den Schauspieler am Freitag fristlos entlassen. „Aufgrund der Taten von Florian Teichtmeister setzen wir die Inszenierung ab“, heißt es nun.

Das betrifft die geplante Vorstellung am Mittwoch (18. Jänner), die ersatzlos entfällt. Was an den weiteren, ursprünglich geplanten Terminen (25. Jänner, 5. und 18. Februar) gezeigt wird, das werde man „baldmöglichst“ bekanntgeben. Kartenkäufer würden direkt kontaktiert.

Arbeitgeber muss nichts gewusst haben

Wie am Freitag bekanntwurde, muss sich der Wiener Schauspieler am 8. Februar wegen schwerer Vorwürfe vor Gericht verantworten. Auf diversen Datenträgern seien 58.000 Mediendateien mit mutmaßlichen Abbildungen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs gefunden worden. Der Strafantrag gegen Teichtmeister wurde Mitte Dezember eingebracht.

Anders als bei der Anklageschrift steht dem Beschuldigten beim Strafantrag keine Einspruchsmöglichkeit zu, es ist aber eine Prüfung des Strafantrags von Amts wegen durch das Gericht vorgesehen. Wenn der Strafantrag eingebracht wurde, wird der in den Ermittlungen geführte Beschuldigte zum Angeklagten.

Fall Teichtmeister: Hat Burgtheater zu spät reagiert?

Nachdem bekanntgeworden ist, dass Schauspieler Florian Teichtmeister sich aufgrund des Besitzes von Bildern von Kindesmissbrauch vor Gericht verantworten muss, setzt das Burgtheater Daniel Kehlmanns „Nebenan“ ab. Scharfe Kritik an der Burg kommt von einer Arbeitsrechtsexpertin.

Laut der Sprecherin des Straflandesgerichts, Christina Salzborn, besteht allerdings weder vonseiten der Staatsanwaltschaft noch vom Gericht eine Verständigungspflicht, was bedeutet, dass der Arbeitgeber von Teichtmeister nichts von dem anstehenden Prozess und den daraus resultierenden Anschuldigungen gewusst haben muss. Eine Auskunftspflicht besteht etwa nur bei bestimmten Berufsgruppen, wie etwa bei Beamten, wo Strafsachen an die Dienstbehörde gemeldet werden müssen.

Arbeitsrechtsexpertin: „Viel zu spät reagiert“

Man hätte Teichtmeister suspendieren und sich besser informieren oder besser ihn gleich entlassen müssen, sagte indes die Arbeitsrechtsexpertin Katharina Körber-Risak am Montag im Ö1-Mittagsjournal. Das Burgtheater habe „viel zu spät reagiert“. Der Argumentation, es habe keine arbeitsrechtlichen Möglichkeiten gegeben, die Unschuldsvermutung gegolten und Teichtmeister die Vorwürfe glaubhaft bestritten, kann Rechtsanwältin Körber -Risak nichts abgewinnen.

„Eine Unschuldsvermutung gibt es im Strafrecht, hat aber nichts damit zu tun, wenn ich mich als Arbeitgeber mit einem möglichen Entlassungsgrund auseinandersetze“, betonte Körber-Risak. Vielmehr gelte es, eine Interessensabwägung zu treffen – in diesem Fall einerseits die Pflichten der Geschäftsführung gegenüber dem Burgtheater und dessen Reputation, aber auch die Fürsorgepflicht gegenüber der Belegschaft, andererseits die Möglichkeit eines arbeitsrechtlichen Verfahrens wegen einer Entlassung oder einer Suspendierung. Sie wisse, so Körber-Risak, „in welche Richtung die Güterabwägung hätte gehen müssen“.

„Arbeitgeber muss aktiv werden“

Die Arbeitsrechtsexpertin verwies aus den Artikel in der „Kronen Zeitung“ vom September 2021, in dem bereits von Hausdurchsuchungen zu lesen war, wenn auch ohne Namensnennung des Schauspielers. Das Burgtheater habe gewusst, um wen es gehe. Eine Hausdurchsuchung bedinge, dass es einen dringenden Tatverdacht gibt. „Und sobald ich das aus einer Zeitung weiß“, führte Körber-Risak aus, „muss ich als Arbeitgeber aktiv werden.“

Kinder, die Opfer von Darstellungen sexueller Gewalt im Internet wurden, sollten „umfassende Schadenersatzansprüche gegen alle jenen Personen stellen können, die solche Videos und Aufnahmen erzeugen und konsumieren“, hieß es in einer Stellungnahme des Vereins Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) und Frauenring. Skandalös sei die Reaktion des Umfelds, der Arbeitgeber, der Politik, der Justiz: „Der – bereits geständige – Verdächtige wird lediglich als Süchtiger dargestellt, anstatt als Gewalttäter. Das ist eine weitere Verharmlosung der Gewalt und Täterschutz.“

Stadt prüft Theater in der Josefstadt

Entsetzt zeigte sich am Montag die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). „Ich halte es für richtig und wichtig, dass die genaue Chronologie der Informationsflüsse von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer nun geprüft wird. Wir als Stadt Wien sind unsererseits mit dem Theater in der Josefstadt und dem Filmfonds Wien in Kontakt.“ Teichtmeister war von 2005 bis 2015 Ensemblemitglied im Theater in der Josefstadt.

Filmdrehs, an denen Teichtmeister beteiligt waren, seien laut Filmfonds Wien bereits vor dem Start der Ermittlungen abgeschlossen gewesen. Kaup-Hasler verwies in einer Stellungnahme auf den Ethikkodex, den das österreichische Filminstitut und der Filmfonds Wien 2022 implementiert haben. Zudem verwies sie auf die Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt in Kunst, Kultur und Sport (VERA), die seit Ende 2021 existiert.