OLG Tirol
orf
orf
Chronik

Strafe für Terrorkontaktmann erhöht

Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) hat die Strafe für einen zentralen Kontaktmann des Attentäters von Wien deutlich von 19 auf 27 Monate erhöht. Für den Anwalt des 24-Jährigen ist diese Entscheidung nicht nachvollziehbar.

Die vom OLG vorgenommene Strafanhebung um acht Monate bezeichnete der Rechtsvertreter des Mannes am Mittwochabend gegenüber der APA als „nicht nachvollziehbar“. Dieser habe sich von der Ideologie der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) „deutlich distanziert“, dafür gebe es auch schriftliche Belege, unter anderem von der Katholischen Gefangenenseelsorge. Dessen ungeachtet habe das OLG die Straferhöhung „mit der radikalen Einstellung des Mannes begründet“, sagte Anwalt Roland Schöndorfer.

Schöndorfer bestätigte damit der APA einen Puls-24-Bericht. Da der 24-Jährige 23 Monate in der U-Haft abgesessen hat, er war nach der erstinstanzlichen Verurteilung auf freien Fuß gesetzt worden, weil ihm die U-Haft auf die Strafe anzurechnen war, wären mit der nunmehrigen OLG-Entscheidung vier weitere Monate zu verbüßen. „Er hat noch keine Aufforderung zum Strafantritt erhalten“, teilte Schöndorfer mit. Sollte eine solche einlangen, werde er seinem Mandanten empfehlen, „die Fußfessel zu beantragen“.

IS-Befürworter in eigens angemieteter Wohnung getroffen

Mit der Erhöhung der Strafe folgte das OLG einer Strafberufung der Staatsanwaltschaft. Der 24-Jährige war im vergangenen Oktober vom Landesgericht wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation schuldig erkannt worden, weil er unter anderem dem Attentäter die Ideologie der IS nahegebracht und das geistige Rüstzeug für sein terroristisches Handeln geliefert haben soll. „Sie sind ein IS-Mann. Davon sind wir überzeugt“, hieß es damals in der Urteilsbegründung.

Der 24-Jährige war am 3. November 2020 wenige Stunden nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt festgenommen worden. Er hatte in einer eigens angemieteten Wohnung in St. Pölten Treffen für IS-Befürworter und -Sympathisanten veranstaltet und bei Zusammenkünften zum Freitag-Gebet Predigten gehalten, in denen IS-Inhalte vertreten wurden. Auch der spätere Attentäter fand sich mehrfach in der Wohnung ein.

Radikal-islamistische Tendenzen schon in Schule

Der in St. Pölten geborene und dort aufgewachsene Angeklagte war seit 2017 mit dem Attentäter befreundet. Eine direkte Beteiligung am Anschlag oder konkrete Mithilfe bei Vorbereitungshandlungen bzw. Mitwissen waren ihm bisher nicht nachzuweisen. Ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren ist noch offen. Der 24-Jährige stritt vor Gericht seine Kontakte zum Attentäter nicht ab, betonte aber, strafrechtlich sei ihm das nicht vorzuwerfen.

Zuletzt habe er mit diesem am 31. Oktober oder 1. November 2020 – also unmittelbar vor dem Attentat – zu tun gehabt, jedoch in einer ganz anderen Angelegenheit. Der Attentäter habe seine Wohnung nicht mehr bezahlen können, er sei deswegen in der Nacht von St. Pölten zur Wohnung des Attentäters gefahren, der ihm aber nicht aufgemacht habe. Er habe diesen fragen wollen, ob er Geld brauche.

Der Verfassungsschutz war schon im Alter von 14 Jahren auf den Mann aufmerksam geworden. Die Schule, die er damals besuchte, meldete, er falle mit radikal-islamistischen Tendenzen auf. Als 18-Jähriger gründete er die Bewegung Ansar, die laut Staatsanwaltschaft die Ideologie des IS vertrat. In Gebetsräumlichkeiten der Uniklinik St. Pölten gab er Religions- und Islamunterricht und hielt auch Prüfungen ab. 2017 wurde er deshalb erstmals wegen Terrorismusverdachts angeklagt, aber im Zweifel freigesprochen.