Karl-Heinz Grasser vor Gericht im August 2020
APA/Roland Schlager
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Politik

Rechtsmittel gegen BUWOG-Urteil eingelegt

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und seine Anwälte haben am Mittwoch eine umfangreiche Nichtigkeitsbeschwerde gegen Grassers BUWOG-Verurteilung eingebracht, wie „Die Presse“ berichtet.

Damit ergreift Grasser seine letzte Chance, das noch nicht rechtskräftige Ersturteil umzustoßen und einer längeren Haftstrafe zu entgehen. Am 4. Dezember 2020 war Grasser wegen Untreue, Beweismittelfälschung und Geschenkannahme in der BUWOG-Affäre zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden.

Rechtsmittel mehr als zwei Jahre nach Urteil

Der ehemalige Politiker soll an einer für die Privatisierung der Bundeswohnbaugesellschaften (darunter die BUWOG) geflossenen Provision illegal „mitgeschnitten“ haben – was Grasser vehement bestreitet. Bereits nach Verkündung des Urteils hatten Grassers Anwälte Rechtsmittel angemeldet. Mehr als zwei Jahre später wurden diese, nämlich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, eingebracht.

Bevor der Fall zum Obersten Gerichtshof (OGH) wandert, wird noch die Generalprokuratur zu den Rechtsmitteln von allen Parteien Stellung nehmen. Neben Grasser hatten auch Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, der Lobbyist Peter Hochegger und weitere Angeklagte mehrjährige Haftstrafen ausgefasst. Der OGH ist dabei nicht an das Gutachten der Generalprokuratur gebunden.

Grasser stützt sich auf angebliche Fehler

Verwirft der OGH die Rechtsmittel, wird die Strafe rechtskräftig und Grasser bekommt eine Aufforderung zum Haftantritt. Der OGH kann den Rechtsmitteln aber auch ganz oder teilweise folgen. Dann könnte es sein, dass der Prozess oder Teile davon wiederholt werden müssen.

Grasser bekämpfe das Urteil auf allen Ebenen und stütze sich dabei sowohl auf inhaltliche als auch (formal-)rechtliche Fehler, heißt es in der „Presse“. So argumentiere er etwa, dass durch seine Rolle, die er als Finanzminister hinsichtlich der BUWOG-Privatisierung innehatte, gar kein Finanzschaden für die Republik entstanden sei. Zudem bekämpft er die Strafhöhe per Berufung.

Beschwerde beim VfGH

Grasser habe aber auch eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) eingebracht. Hintergrund dafür ist, dass der Mann der erkennenden Richterin schon vor dem Prozess zu erkennen gegeben habe, dass er nicht objektiv in Bezug auf Grasser sei. Der Antrag, die vorsitzende Richterin wegen möglicher Befangenheit zu ersetzen, wurde damals abgelehnt.

Eine Besonderheit der österreichischen Rechtsordnung ist, dass über einen solchen Antrag der Senat selbst entscheidet. Die möglicherweise befangene Richterin entscheide somit über ihre eigene Befangenheit. Diese Bestimmung unterlaufe rechtliche Standards, argumentieren nun Grassers Anwälte, und sei daher verfassungswidrig. Sollte der VfGH diese Ansicht teilen, müsste das entsprechende Gesetz geändert werden und Grasser könnte es auf Basis der neuen Rechtslage noch einmal versuchen.