Altbau in Wien
ORF.at/Roland Winkler
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Wirtschaft

Rufe nach modernisierter Bauordnung

Wiens Bauordnung muss modernisiert werden, fordern am Donnerstag mehrere Fachleute aus der Immobilienbranche. In der aktuell gültigen Bauordnung gebe es viele Punkte, die innovative Lösungen für klimafreundliches Bauen erschweren oder sogar verhindern.

Politisches Ziel ist ja, dass bis zum Jahr 2040 in ganz Österreich alle mit fossiler Energie betriebenen Heizungen dekarbonisiert werden. Diese Vorgabe setzt Planerinnen und Planer sowie die Immobilienwirtschaft in Wien massiv unter Zeitdruck.

Schwierigkeiten macht dabei jedoch auch die Wiener Bauordnung. Das kritisieren am Donnerstag mehrere Fachleute bei einer Pressekonferenz der Kammer der österreichischen Ziviltechniker:innen und Architekt:innen – unter anderem der Bauträgersprecher Klaus Wolfinger, die Architektin Evelyn Rudnicki und Bernhard Sommer, Präsident der Ziviltechnik-Kammer in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland.

Hürden und Hindernisse

Das Regelwerk führt laut den Fachleuten dazu, dass etwa die Begrünung von Bauwerken an den starren Brandschutzvorschriften scheitert oder dass Regenwasser nicht zur Bewässerung von Straßenbäumen verwendet werden kann, weil Regenwasser nur versickern oder in den Kanal eingeleitet werden darf.

Gleichzeitig sind die Verantwortlichen und die Wirtschaft mit langen Verfahrensdauern und dem Problem konfrontiert, dass es nahezu unmöglich ist, bei Neu-, Zu- und Umbauten innovative Lösungen bewilligt zu bekommen. Ein Großteil der Wiener Flächenwidmungs- und Bebauungspläne würde nicht den aktuellen Zielen der Stadtplanung entsprechen und teilweise noch aus dem letzten Jahrhundert stammen. Energieversorgung durch erneuerbare Energien, Dekarbonisierung, Anpassung an den Klimawandel waren damals noch kein Thema.

Mehrfamilienhaus in Kleingartensiedlung
ORF.at/Simon Hadler
Fachleute kritisieren beispielsweise starre Brandschutzvorschriften

Viele Forderungen an Novelle der Wiener Bauordnung

Für Jahresende hat die Wiener Stadtregierung eine Novelle der Bauordnung in Aussicht gestellt. Diese müsse nun als Chance für eine Anpassung an aktuelle Erfordernisse gesehen werden, fordern die Expertinnen und Experten. Die Novelle müsse Regelungen für den Neubau wie auch für den Altbaubestand miteinbeziehen.

Gefordert wird zudem ein bedarfsgerechtes Regulativ für Stellplätze in Neubauten. Es sollte eine Entkoppelung von Gebäude und Fahrzeug stattfinden. Denn beim Bauen verursache der Beton den größten CO2-Ausstoß und Garagen werden aus Beton errichtet. Meistens werden die in Neubauten vorgeschriebenen Stellplätze nicht einmal genutzt. In Städten wie Wien, wo bereits jetzt der Individualverkehr minimiert werden könnte, sei so eine Vorgangsweise unverantwortlich.

Pattsituation zwischen Bundes- und Landesgesetzen

Schwere politische Zielkonflikte, wie sie derzeit in der Wiener Bauordnung und zwischen den Landes- und Bundesgesetzen existieren, würden zu Pattsituationen führen. Etwa bei der Gehsteigbreite, der Fassadenbegrünung oder der Errichtung von Balkonen. Klare Ziele und Prioritäten seien zu definieren und diese ständig zu evaluieren und nachzujustieren. Klar sei aber auch, dass die Wiener Bauordnung nicht regeln kann, was in die Kompetenz anderer Gesetzgeber fällt, wie etwa leistbare Mieten, Denkmalschutz oder Kurzzeitvermietung.

Verfahren könnten beschleunigt werden

Durch unabhängige Ziviltechnikerinnen und Ziviltechniker und zielführende Digitalisierung könnten die Behörden entlastet und die Verfahren beschleunigt werden. Die Politik möge den Rahmen und die Ziele in der neuen Wiener Bauordnung vorgeben und auf die Expertinnen und Experten bei deren Umsetzung vertrauen, heißt es.