Über 45.000 Menschen sind bei dem verheerenden Erdbeben in der Türkei und Syrien bisher ums Leben gekommen. Seit 7. Februar waren Helferinnen und Helfer aus Österreich im Katastrophengebiet im Einsatz – von Bundesheer, Feuerwehr und Bergrettung. In drei Teams zu jeweils 16 Personen und mit Hunden suchten sie nach Überlebenden. Neun Menschenleben konnten sie retten, 52 Verletzte wurden medizinisch betreut.
Körperlich gehe es ihm Gott sei Dank sehr gut, erzählte Stefan Schachner nach dem Einsatz. „Die seelischen Nachwehen sind noch im Abklingen“, so der Soldat und Notarzt. Er beschreibt etwa offene Bushaltestellen, in den Menschen bei minus zehn Grad campieren, weil sie alles verloren haben und Kinder, die ein kleines Lagerfeuer machen.
Bundesheer-Notarzt zum Erdbeben-Einsatz
Stefan Schachner war als Notarzt beim Bundesheereinsatz in der Türkei.
Mann am Oberarm durch Betondecke eingeklemmt
In einem Haus war ein Mann unter den Trümmern eingeklemmt, berichtet Schachner. Von vier Stockwerken seien nur mehr zwei gestanden – „und die schief“. Es habe ein Loch gegraben werden müssen, um zwei Untergeschoße zu dem Mann hinzukommen. Um ihn befreien zu können, musste der Notarzt jedoch die Entscheidung treffen, einen Arm des Mannes zu amputieren.
„Es gibt nur die Entscheidung, den Menschen herauszuholen, der noch dazu durch eine schwere Betondecke eingeklemmt ist am Oberarm. Die zweite Option wäre einfach zuzusehen, wie der Mensch vielleicht verstirbt.“ Das sei für ihn keine Option, betont Schachner, er habe als Mediziner einen Eid geschworen. Eine Amputation im Erdbebengebiet verlaufe natürlich nicht so steril wie in einem Operationssaal, erklärt er. Danach sei der Mann an die nationale Rettungskette übergeben und in ein Spital gebracht worden.

Kinder halfen beim Packen
Schachner ist Vater von vier Kindern. Diese seien alle gerade anwesend gewesen, als er die Alarmierung für den Einsatz erhielt, erzählt er. Er habe sofort alle Kinder im Wohnzimmer zusammengeholt, ihnen die Lage geschildert und sie gefragt, was sie dazu sagen. Er wäre eigentlich nicht mehr verpflichtet, Auslandseinsätze zu machen, er habe sein Pensum schon erfüllt. „Die Kleinste hat dann gesagt: Du musst ja nicht mehr gehen, hab ich geglaubt“, so der Notarzt.
Nachbar in Not
Hilfe für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien – mehr dazu in nachbarinnot.ORF.at.
Dann hätten sie jedoch gemeinsam über die Bilder gesprochen, die größeren Kinder hätten gleich das Handy rausgenommen und dann festgestellt, dass die Menschen dort ganz dringend Hilfe bräuchten. „Mein Sohn hat dann nur gesagt: Papa, du musst fahren.“ Und: „Alle vier Kinder haben mir dann geholfen, so schnell wie möglich die zwei Taschen zu packen.“
Bundesheer-Einsatz im Bebengebiet
Mehr als 45.000 Menschenleben hat das verheerende Erdbeben in der Türkei und in Syrien bisher gefordert. Auch Einsatzkräfte des österreichischen Bundesheers haben tagelang nach Verschütteten gesucht.
Sichtlich bewegt erzählt Schachner auch vom Empfang mit viel Applaus und Blumen bei der Rückkehr am Flughafen Wien-Schwechat: „Da können wir die härtesten Hunde sein, sage ich jetzt ganz ehrlich, aber da haben wir einige Tränen in den Augen gehabt, aus Dank.“