Vielfach sind durch die Pandemie die Lieferketten durchbrochen. Die Produktion wurde nach Asien verlagert. Der Medikamentenmangel in Wien hält weiter an. Neu ist allerdings, dass jetzt vor allem Kinder davon betroffen sind. Denn immer mehr Medikamente, die speziell für Kinder hergestellt werden, sind Mangelware.
„Gesundheit der Kinder bedroht“
Vor allem Antibiotikasäfte gibt es kaum noch, so die Kinderärztin Lucia Kautek. Diese werden etwa zur Behandlung von Lungenentzündungen, eitrigen Mittelohrentzündungen und Scharlach benötigt. „Antibiotika brauchen wir ja nur bei bakteriellen Infektionen, nicht bei Virusinfektionen. Die bakteriellen sind aber die schlimmeren, die gefährlicheren. Und da sind wir angewiesen auf flüssige Antibiotika für Kleinkinder und jetzt können wir nicht mehr alle bakteriellen Infektionen behandeln, sodass wir unnötig Kinder auch ins Spital schicken müssten, damit sie dort Antibiotika bekommen. Das ist unerträglich.“
Laut der Ärztin seien Kinder in diesem Winter häufiger und schwerer erkrankt als in den Vorjahren. Dadurch sei ein erhöhter Bedarf an Medikamenten entstanden. Außerdem sei es bei Kindern schwieriger, auf Ersatzmittel auszuweichen, so die Ärztin. „Der Medikamentenmangel bedroht die Gesundheit unserer Kinder“, sagte die Kinderärztin im Gespräch mit „Wien heute“. Vor einem Monat waren noch Dutzende Antibiotikasäfte für Kleinkinder erhältlich, jetzt gibt es laut der Ärztin nur mehr drei Präparate.
Mangel an Antibiotika
Medizinerinnen und Mediziner schlagen Alarm, denn es mangelt an Antibiotika, Cortisonpräparaten und Schmerzmitteln. Durch die CoV-Pandemie wurden die Lieferketten vielfach durchbrochen.
619 Medikamente in Österreich Mangelware
Auch der österreichische Pharmagroßhändler Herba Chemosan bestätigte den Mangel an Antibiotikasäften. Aktuell kaufe man vermehrt aus dem europäischen Ausland zu, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, hieß es vom Konzern.
Eine baldige Entspannung der Situation sehen weder Ärztin noch Pharmabranche. 619 Medikamente sind laut Apothekerkammer aktuell in Österreich nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar. Darunter auffällig viele Antibiotika- und Cortisonpräparate sowie teure Medikamente für seltene Erkrankungen.
Lieferung von Tausenden Packungen Antibiotika
In den letzten Monaten hat sich die Situation weiter verschärft, so Andreas Windischbauer vom Verband Arzneimittelgroßhändler PHAGO. „Bei den Kinderantibiotika haben wir gerade heute mehrere tausend Packungen bekommen. Das wird die Lage sicher entspannen. Wie es bei den Lieferengpässen weitergeht, das kann ich nicht sagen. Sie sind leider ein Teil unserer täglichen Arbeit geworden.“
Die Politik sei gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, so Kinderärztin Kautek. Die Produktion sollte wieder nach Europa geholt werden: „Zum Beispiel würde ich vorschlagen, wir stellen unsere einfachen Penizilline wieder selber her. So wie es immer war.“ Die Kinderärztin hofft, dass ihr Appell gehört wird.