Ein Kruzifix hängt an der Wand
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Kultur

„Schau!“: Neuaufstellung im Belvedere

Die Sammlung Belvedere präsentiert sich mit 400 Werken neu, von denen rund 60 im Haus zum ersten Mal ausgestellt sind: „Schau! – Die Sammlung Belvedere von Cranach bis EXPORT“ soll unter anderem zeigen, wie eine Epoche jeweils die Kunst prägte.

Der Leitgedanke dabei ist, „die Geschichte der Kunst aus Perspektive der Künstlerinnen und Künstler zu erzählen, die immer auch Zeitgenossen waren“, sagte Generaldirektorin Stella Rollig am Montag bei einem Pressetermin. Die Neuaufstellung im Oberen Belvedere sei eines der Großprojekte im 300-Jahr-Jubiläum, betonte Rollig.

Warum man diese fünf Jahre nach der letzten Neupräsentation der Dauerausstellung vorgenommen habe? „Der Blick und die Zugänge zu den Beständen des eigenen Hauses ändern sich“, so eine der Begründungen. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand, wie Künstlerinnen und Künstler auf Umbrüche und Krisen reagieren und dabei selbst Teil der gesellschaftlichen Entwicklung sind.

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Kirchliche Kunst im Ausstellungsraum
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Gemälde und Statuen
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Ein Ausstellungsraum
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Besucher betrachten Gemälde
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Ausstellungsansicht
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Mehrere Bilder hängen an der Wand
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll

Rundgang durch 800 Jahre Kunstproduktion

Der chronologische Rundgang führt durch 800 Jahre künstlerischer Produktion, beginnend in der Romantik. Und „erstmals endet die Sammlungspräsentation nicht in den 50er Jahren“, sagte Chefkuratorin Luisa Ziaja. Drei Räume wurden den (besonders auch feministischen) Avantgarden ab den 1960er und 1970er Jahren gewidmet. Wichtige Neuerwerbungen wie das Gemälde „Der Speditionsunternehmer Paolo Preinitsch“ von Giuseppe Tominz wurden in die Präsentation ebenso integriert wie Dauerleihgaben der tschechischen und ungarischen Avantgarde aus den Sammlungen Ivo Rotter und Carl Laszlo.

In jedem Bereich von „Schau!“ sind ausgewählte Selbstporträts hervorgehoben. „Sie dienen als Leitmotiv und machen über die Jahrhunderte ein sich wandelndes Bild und Selbstverständnis von Kunstschaffenden zwischen Anonymität, Abhängigkeit und Autonomie nachvollziehbar“, erklärte die Kuratorin. „Schau!“ verdeutliche, „wie sich die Rolle der Künstlerinnen und Künstler verändert hat“. Als Beispiel sei die Zeit der Napoleonischen Kriege und des Wiener Kongresses genannt, wie die Kunst auf diesen Prozess reagierte, wie Alltag und soziale Verwerfungen in den Werken darstellbar wurden.

Maria Lassnig, Doppelselbstporträt mit Kamera, 1974
Belvedere Wien, Foto: Johannes Stoll
Selbstporträts, wie hier von Maria Lassnig, führen durch die Ausstellung

Wechselwirkung von Kunst, Zeit und Gesellschaft

Die neue Sammlungspräsentation will also über einen rein kunsthistorisch-stilgeschichtlichen Zugang hinausgehen und die Wechselwirkung von Kunst, Zeit und Gesellschaft vermitteln. Im Bereich mit den ältesten Werken wird etwa der Übergang von der anonymen Kunst im Dienst der Religion zu selbstbewussten signierten Arbeiten sichtbar gemacht. „Wien um 1900“ führt wiederum die Auswirkung der Wandlung der Stadt zur Metropole auf die Kunst vor Augen. Spannend und wichtig ist auch jener Teil, der die Auseinandersetzung mit totalitären Diktaturen und dem Holocaust thematisiert.

Ikonische Arbeiten wie Franz Xaver Messerschmidts „Charakterköpfe“ und Gustav Klimts „Der Kuss“ (der an seinem zuletzt angedachten Stammplatz blieb) sind in „Schau!“ gleichermaßen präsent wie neue Schwerpunkte, etwa die zentraleuropäische Moderne sowie transnationale Netzwerke des frühen 20. Jahrhunderts.