Max Ernst: Les oiseaux ne peuvent pas disparaitre
Sammlung Würth Foto: Foto Schmelz © Bildrecht, Wien 2023
Sammlung Würth Foto: Foto Schmelz © Bildrecht, Wien 2023
Kultur

Sammelleidenschaft im Leopold Museum

Zum Staunen will die neue Ausstellung im Leopold Museum „Amazing. The Würth Collection“ die Besucherinnen und Besucher bringen. Aus 19.000 Werken einer der größten Privatsammlungen Europas wurden dafür knapp 200 ausgewählt. Die Werke von Picasso über Munch bis Hrdlicka bieten Einblick in ein Sammlerherz.

Mehr als 100 Jahre Kunstgeschichte in rund einem Dutzend Sälen: Wenn sich die Sammlung des deutschen Unternehmers Reinhold Würth aktuell im Leopold Museum auf zwei Etagen entfaltet, gibt es wahrlich viel zu sehen. Kunst war und ist für Würth, der seine Sammlungstätigkeit vor etwa 60 Jahren begann, etwas sehr Persönliches.

„Würde nie etwas verkaufen“

„Er würde nie etwas verkaufen, sammeln geht bei ihm nur in diese eine Richtung“, so Sylvia Weber, Direktorin der Sammlung Würth Weber. Dadurch sei es im Laufe der Jahre auch zu „Verdichtungen“ gekommen. „Er hat die Bekanntschaften zu den Künstlerinnen und Künstlern weiter gepflegt, was man der Sammlung anmerkt.“ Immer wieder seien ganze Konvolute neu hinzugekommen, wodurch eine eingehende Beobachtung der künstlerischen Entwicklung möglich wird – und dabei durchaus Überraschendes zutage trete. „Das macht es aus, warum der Titel so richtig ist“, verwies Weber auf „Amazing“.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Edvard Munch: Vampir, 1893
Sammlung Würth/ Archiv Museum Würth
Edvard Munch: „Vampir“, 1893
Max Liebermann: Kindermädchen und Bonnen im Tiergarten, 1898
Sammlung Würth/Ivan Baschang München/Paris
Max Liebermann: „Kindermädchen und Bonnen im Tiergarten“, 1898
Maria Lassnig: Tischgesellschaft II, 1986
Sammlung Würth/ Volker Naumann, Schönaich © Maria Lassnig Stiftung/Bildrecht
Maria Lassnig: „Tischgesellschaft II“, 1986
CHRISTO, Surrounded Island, Project for Biscayne Bay, Greater Miami, Florida, 1982 – Umschlossene Insel, Projekt für Biscayne Bay, Greater Miami, Florida, 1982
Sammlung Würth, Foto: Wolfgang Volz © Christo and Jeanne-Claude Foundation/Bildrecht, Wien 2023
Christo, „Surrounded Island, Project for Biscayne Bay“, Greater Miami, Florida, 1982
Bild von Gerhard Richter: Villa S. Haus Sohl, 1972
Archiv Museum Würth
Gerhard Richter: „Villa S. Haus Sohl“, 1972
Max Ernst: Les oiseaux ne peuvent pas disparaitre
Sammlung Würth Foto: Foto Schmelz © Bildrecht, Wien 2023
Max Ernst: „Les oiseaux ne peuvent pas disparaitre“
Reinhold Würth bei der Portraitsitzung im Atelier von Alfred Hrdlicka, 1994
Roland Bauer
Reinhold Würth bei der Portraitsitzung im Atelier von Alfred Hrdlicka, 1994

Vom Auftakt mit Max Liebermann als „Wegbereiter der Moderne“ über Impressionismus und Expressionismus bis zu den großen Solitären Pablo Picasso und Max Beckmann geht es in rascher Folge, schreitet man entlang idyllischer Landschaftsszenerien von Camille Pissarro und Edvard Munchs gespenstisch anmutenden Farbwelten. „Es gibt wohl keine zweite Privatsammlung und kaum ein Museum, das derart faszinierende Bestände von Picasso und Beckmann sein Eigen nennt“, so der Direktor des Leopold Museum, Hans-Peter Wipplinger.

Würth saß selbst Modell

Über einen Ausflug in Dadaismus, Surrealismus und Abstraktion landet man schließlich in der zweiten Etage bei dem starken Österreich-Bezug der Sammlung. Gut ein Zehntel des Gesamtbestandes machen heimische Künstlerinnen und Künstler aus, wobei besonders die Beziehung zwischen Reinhold Würth und Alfred Hrdlicka hervorgehoben wurde. Dem Bildhauer saß der Sammler Mitte der 1990er auch für eine Porträtbüste, die ebenfalls zu sehen ist, in dessen Atelier Modell. Mehr als 100 Arbeiten Hrdlickas hat er im Laufe der Zeit erworben.

Zu seinen allerersten kulturellen Erfahrungen gehörte für Würth auch ein Wien-Besuch mit seinen Eltern, damals war er gerade mal sechs Jahre hat. Die Kunst- und Kulturbegeisterung hat sich bei dem Geschäftsmann, der den Zweimannbetrieb seines Vaters nach dessen Tod als 19-Jähriger übernommen und zu einem Weltkonzern ausgebaut hat, jedenfalls mannigfaltig festgesetzt. Neben der Kunstsammlung, die an 15 Standorten (drei davon in Österreich) gezeigt wird, fördert er auch Literatur und Musik.

Auch Christo vertreten

In den beiden dezidiert der österreichischen Kunst gewidmeten Räumen hängen nun Lassnig, Nitsch und Brus, aber auch jüngere Positionen wie Erwin Wurm, Jürgen Messensee und Manfred Hebenstreit sind vertreten. Wie sehr ihn einzelne Namen faszinieren und damit auch begleiten, machen die Schwerpunkte zu Christo und Jeanne-Claude (inklusive verhüllter Tische und Sessel, die extra für das Würth Museum angefertigt wurden) und Fernando Botero deutlich. Vom kolumbianischen Maler und seinen typischen, voluminösen Figuren ist es zumindest formattechnisch nicht weit zu Georg Baselitz und Anselm Kiefer, die mit ihren raumgreifenden Arbeiten den Abschluss bilden.

Mit Kiefer wolle er „die Klammer schließen, die mit Liebermann geöffnet wurde“, betonte Wipplinger. „Er hat den Blick zurück gemacht“, verwies der Kurator auf die religiösen und mythologischen Bezüge des renommierten deutschen Künstlers, den er als „großen Geschichtenerzähler“ bezeichnete. Geschichten lassen sich in dieser Ausstellung tatsächlich unzählige entdecken – egal, ob man dem großen Bogen von klassischer Moderne bis zeitgenössischer Kunst folgt oder sich in einzelne Aspekte, Positionen und Namen vertieft. Bei 194 Arbeiten von 73 Künstlerinnen und Künstlern gibt es einiges zu tun.