Arm einer Kellnerin mit zwei Gläsern am Tablett
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Chronik

Sexuelle Belästigung in der Gastronomie

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist vor allem in der Gastronomie keine Seltenheit, sagt die Arbeiterkammer. Momentan hilft sie einer jungen Frau, die von ihrem Chef sexuell belästigt wurde. Gewartet wird auf ein spezielles Sicherheitskonzept in der Branche.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz beginnt bei Kommentaren, untergriffigen, anstößigen Sprüchen – oft über das Aussehen –, und geht bis zu ungewolltem Körperkontakt. Jede vierte Frau ist davon laut Statistik Austria am Arbeitsplatz betroffen. Gemeldet werden aber die wenigsten Fälle, so die Arbeiterkammer (AK) Wien. Sie bietet Unterstützung an.

Doch eigentlich seien die Arbeitgeber dazu verpflichtet, ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen – egal, ob ein Übergriff aus dem Team oder von Gästen kommt. Zwischen 2017 und 2022 wurden in der Arbeiterkammer Wien 154 Beratungsfälle abgeschlossen: Fünf Prozent der Fälle betrafen das Metallgewerbe, zehn Prozent den Handel und 21 Prozent die Gastronomie. Von den zuletzt 36 geführten Gerichtsverfahren betrafen 14 das Hotel- und Gastgewerbe.

4.000 Euro Schadenersatz in aktuellem Fall

Derzeit beschäftigt die AK der Fall einer jungen Frau in der Gastronomie, die von ihrem Vorgesetzten sexuell belästigt wurde. „Eine Arbeitnehmerin hat bei einem Cateringunternehmen, das auch in einem Zug Dienstleistungen anbietet, als Stewardess gearbeitet und wurde mehrfach vom Vorgesetzten sexuell belästigt. Sie hat sich an den zweiten Chef gewendet, es ist aber nichts geschehen“, berichtete Ludwig Dvorak, Leiter des Bereichs arbeitsrechtliche Beratung und Rechtsschutz in der AK Wien, gegenüber „Wien heute“.

Sexuelle Belästigung in der Gastro

Vor allem in der Gastronomie scheint sexuelle Belästigung keine Seltenheit zu sein. Gemeldet werden die wenigsten Fälle. Ein spezielles Sicherheitskonzept wird gefordert.

Einmal mehr müsse klargestellt werden, dass sexuelle Belästigung mit Worten beginne, so Dvorak weiter: „Es geht darum, dass die sexuelle Sphäre angesprochen wird, das kann eine verbale Belästigung sein, das kann eine dumme Bemerkung über das Aussehen sein oder Bemerkungen wie im konkreten Fall: welche sexuellen Praktiken die Arbeitnehmerin in ihrer Freizeit ausübt.“

Außerdem habe der Arbeitgeber die Frau auf ihre Brüste angesprochen, so der Jurist. Der Mann ist bereits rechtskräftig verurteilt und musste 4.000 Euro Schadenersatz zahlen. Die Catering-Firma sieht die Fürsorgepflicht nicht vernachlässigt und legte Berufung ein.

„Awareness-Konzept“ soll Betriebe sensibilisieren

In der Gastronomie fehlt es laut dem AK-Experten nicht nur an Fachkräften, sondern auch an Sicherheitskonzepten. Ende des Vorjahres kündigte Peter Dobcak, Gastronomie-Sprecher in der Wirtschaftskammer, ein solches an. Darauf gewartet wird noch immer: „Wir wollen keine Huschpfusch-Lösung machen, sondern sind dabei, das Konzept zu entwickeln. Das wird ein Awareness-Konzept sein, wo wir die Unternehmerinnen befragen und aufmerksam machen, auf welche Schwerpunkte sie achten sollen“, so Dobcak gegenüber „Wien heute“. Befragt werden sollen rund 9.000 Wiener Gastrobetriebe.

Für Dvorak von der Arbeiterkammer ist das zu wenig: „Es macht alles Sinn, was für mehr Aufklärung sorgt. Ich glaube aber, dass man darüber hinausgehen muss und dass man sich eben auch für die Betriebe gezielte Präventionskonzepte überlegen und anschauen muss – je nach Betriebsgröße.“ Der Vorschlag des Juristen: Fehlt dieses Konzept, soll der Schadenersatz von Unternehmen auf 5.000 Euro angehoben werden.