Ausstellung erinnern im hdgö
Haus der Geschichte Österreich
Haus der Geschichte Österreich
KULTUR

Die Gegenwart der NS-Vergangenheit

Das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) eröffnet diese Woche einen neuen Ausstellungsbereich: Er widmet sich der Gegenwart der NS-Vergangenheit und arbeitet vier unterschiedliche, teils unbequeme Kapitel der österreichischen Zeitgeschichte auf.

Angesprochen werden der Mythos von Österreich als vermeintlich erstem Opfer des Nationalsozialismus, strukturelle und personelle Kontinuitäten der NS-Herrschaft, die lange in die Zweite Republik nachwirkten, der Kampf verschiedener Opfergruppen um Anerkennung sowie Aspekte des Antisemitismus in Österreich seit 1945. Die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit sieht das hdgö als laufenden Prozess, der sich nicht abschließen lässt.

„Ich sehe es als unseren Auftrag, am Puls der Gegenwart zu sein und wichtige Entwicklungen zu veranschaulichen. Erinnerungskultur verändert sich laufend, das zeigt sich in verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Debatten. Historische Straßennamen werden zum Teil der öffentlichen Diskussion, die Auseinandersetzung mit umstrittenen Denkmälern ist aktueller denn je. Im Zuge der Corona-Maßnahmen-Demonstrationen waren zuletzt auch absolut unzulässige historische Bezüge verstärkt in der Öffentlichkeit“, sagt hdgö-Direktorin Monika Sommer.

„judenstern“ aus Gerichtsakt
Haus der Geschichte Österreich
Gelbe Sterne „ungeimpft“ und Kuverts für gerichtliche Beweismittel

Opfermythos und NS-Einfluss

1945 befreiten die Alliierten Österreich und verwalteten das Land bis 1955 mit. Lange stellte sich Österreich als „erstes Opfer“ des Nationalsozialismus dar. Verschwiegen wurde, wie viele Österreicherinnen und Österreicher das Regime unterstützt hatten oder an NS-Verbrechen beteiligt gewesen waren. Das NS-Gedankengut und ehemalige Anhängerinnen und Anhänger des Nationalsozialismus prägten die Zweite Republik mit. Die tatsächlichen Opfer des NS-Regimes blieben lange ungehört oder wurden sogar weiter diskriminiert.

Anhand von griffigen Beispielen und Geschichten wird erklärt, warum die Auseinandersetzung mit der NS-Herrschaft und ihren Verbrechen die Geschichte der Zweiten Republik bis heute prägt. Viele erstmals ausgestellte und einzigartige Objekte machen das lange Ringen der Opfer um Anerkennung sichtbar und zeigen, wie aktuell diese Fragen in der Gegenwart sind.

Besucherinnen und Besucher im Fokus

Nicht zufällig steht im Zentrum des Themenbereichs eine interaktive Landkarte, die aktuell brennende Konflikte um Erinnerungszeichen sichtbar macht. Das hdgö ermöglicht engagierten Menschen aus ganz Österreich, Diskussionen über Orte der Erinnerung anzustoßen und nimmt dabei die Rolle der Moderation ein. Unter dem Titel „Baustellen der NS-Erinnerungskultur“ können Menschen über ihre Mobiltelefone oder Computer Diskussionsbedarf zu NS-bezogenen Denkmälern und Erinnerungszeichen anmelden oder bereits verzeichnete Orte kommentieren.

Der neue Themenbereich lässt sich im Mai besonders gut entdecken: Das Museum hält aufgrund von Feiertagen an zwei ansonsten geschlossenen Montagen offen, nämlich am 1. Mai und am 29. Mai jeweils von, 10-18 Uhr. Zudem ist anlässlich des „Tages der Befreiung“ der Eintritt am Sonntag, den 7. Mai ins Museum kostenlos.