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WISSENSCHAFT

„CSI Abwasser“: Nicht nur für CoV

Seit April 2020 setzt die Stadt Wien auf das Projekt „CSI Abwasser“ zur Einschätzung des aktuellen Covid-19-Infektionsgeschehens in der Stadt. Inzwischen werden auch andere Krankheitserreger, etwa für die Grippe, gesucht.

Die Idee hinter dem Projekt ist es, die ausgeschiedenen SARS-CoV-2-Viren im Abwasser als anonymisierten Test für die gesamte Bevölkerung Wiens zu nutzen. „Die Pandemie hat uns gezeigt, dass ein präzises und umfassendes Monitoring des Infektionsgeschehens eine wesentliche Grundlage für gesundheitspolitische Entscheidungen ist – ohne davon abhängig zu sein, wie viele Personen sich testen lassen“, sagt etwa Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Abwasseruntersuchung wird ausgedehnt

Seit April 2020 setzt die Stadt Wien auf das Projekt „CSI Abwasser“ zur Einschätzung des aktuellen Covid-19-Infektionsgeschehens in der Stadt. Inzwischen werden auch andere Krankheitserreger, etwa für die Grippe, gesucht.

Aktuell finden in Wien wöchentlich insgesamt sieben epidemiologische Abwasserprobenahmen an drei verschiedenen Wochentagen statt: jedes Mal im Zulauf der Kläranlage und einmal in den vier Hauptsammelkanälen, den Teileinzugsgebieten des 2.500 Kilometer langen Wiener Kanalnetzes. Die Probenahme und Erhebung der zugehörigen abwassertechnischen Daten erfolgt durch die Kläranlage der Stadt Wien und Wien Kanal. Anschließend kommen die frischen Proben ins Labor des Instituts für Wassergüte und Ressourcenmanagement (IWR) der Technischen Universität (TU) Wien.

Analyse an TU

An der TU Wien findet unter der wissenschaftlichen Projektleitung von Norbert Kreuzinger die Aufbereitung der Proben, die Quantifizierung mittels Echtzeit-PCR bzw. digitaler PCR und die analytische Darstellung der Berechnungen statt. Einmal pro Woche trifft sich dann die Runde der Expertinnen und Experten des abwasserepidemiologischen Monitorings und bespricht gemeinsam die neuesten Erkenntnisse und das weitere Untersuchungsprogramm.

Dieser inter- und transdisziplinäre Austausch zu den aktuellen Entwicklungen im Wiener Abwasser liefert die Grundlage für die regelmäßige Präsentation vor dem Medizinischen Krisenstab der Stadt Wien und der Landessanitätsdirektion. „Die nunmehr dreijährige enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Einrichtungen der Stadt und der Wissenschaft, wie sie hier in Wien gelebt wird, stellt international definitiv ein Best-Practice-Beispiel für die Abwasserepidemiologie dar, um das uns viele beneiden“, sagt Kreuzinger.

Bisher mehr als 1.500 Abwasserproben analysiert

Seit dem 8. April 2020 wurden an mehr als 400 Messtagen Proben aus dem Zulauf der Kläranlage genommen, wobei an diesen Tagen insgesamt 213.653.980 Kubikmeter Abwasser anfielen (rund das halbe Volumen des Mondsees). Insgesamt konnten in den Jahren 2020 bis 2023 mehr als 2.220 Analysen mittels qPCR und dPCR zur weitgehenden Verbreitung von SARS-CoV-2, Influenza und RSV durchgeführt werden.

Die vier Hauptsammelkanäle wurden seit Mai 2020 jeweils rund 150-mal beprobt, weitere 500 Beprobungen wurden in ausgewählten Kanalabschnitten vorgenommen. In der Variantendetektion wurden seit 2020 über 700 Analysen mittels digital droplet PCR (ddPCR) und 330 Ganzgenomsequenzierungen durchgeführt.