Seidenzucht, um 1910
Technisches Museum Wien/Archiv
Technisches Museum Wien/Archiv
kultur

150 Jahre Wiener Weltausstellung

Vor 150 Jahren vereinte die Weltausstellung 1873 die Technik, Kunst und Lebensart der Zeit in Wien. Das Technische Museum würdigt dieses Jubiläum nun mit der Schau „Woman at Work“, die einen heute unterbelichteten Aspekt des Megaevents ins Zentrum rückt: den „Frauenpavillon“.

Der damals historische Schritt, weibliche Lebensrealitäten sichtbar zu machen, nimmt man als Anlass, die Arbeitswelt von Frauen um 1873 in den Fokus zu nehmen, die weit über das Textilgewerbe ausgriff.

Unsichtbare soll sichtbar gemacht werden

Der Frauenpavillon lag bei der Weltausstellung unweit der Rotunde und damit prominent im Ausstellungsgelände zwischen den Pavillons der Staatsbahn und des Landwirtschaftsministeriums. Auf 500 Quadratmetern breitete sich die Schau im schlichten Holzbau aus, den man sich mit einer Präsentation zur Geschichte der Gewerbe und Erfindungen von Wilhelm Exner teilte. Der spätere Gründer des Technischen Museums bildet gleichsam den Schnittpunkt zur aktuellen Schau.

Viele Frauen, die am „Frauenpavillon“ beteiligt waren, engagierten sich ehrenamtlich im Wiener Frauen-Erwerb-Verein und waren Vorkämpferinnen für das Recht auf Ausbildung und Berufsvorbildung für Frauen
Technisches Museum Wien
Die Ausstellung „Women at Work“ im und vor dem Festsaal des Museums ist bis zum 2. Juli 2023 zu sehen

Das einstige Ausstellungskonzept, das neben Exponaten auch die Arbeit des 1866 gegründeten Wiener Frauen-Erwerbs-Vereins vorstellte, hatte eine Kommission aus den höheren Kreisen entworfen, bestehend aus 20 Männern und 32 Frauen. Für die jetzige Ausstellung zeichnete ein im Vergleich kleines Team aus drei Personen rund um Martina Griesser-Stermscheg verantwortlich. „Wie stellt man etwas aus, von dem kaum etwas erhalten ist?“, sei dabei die Grundproblematik gewesen, machte die Kuratorin bei der Präsentation am Dienstag deutlich: „Es ging darum, das Unsichtbare sichtbar zu machen.“

Onlineausstellung mit 1.000 Objekten

Schließlich sind viele der damaligen Exponate nicht erhalten oder verschollen. Am Anfang stand deshalb ein Forschungsprojekt, betonte Generaldirektor Peter Aufreiter: „Das Technische Museum hat sicher das größte Archiv zur Wiener Weltausstellung.“ Und so gibt es parallel und dauerhaft eine multimediale Onlineausstellung mit rund 1.000 digitalisierten Objekten, die zugleich als Forschungsplattform dient.

Fotostrecke mit 3 Bildern

Arbeiterinnen in einer Schmuckfedernfabrik, um 1910
Technisches Museum Wien/Archiv
Arbeiterinnen in einer Schmuckfedernfabrik, um 1910
Seidenzucht, um 1910
Technisches Museum Wien/Archiv
Seidenzucht, um 1910
Weißnäherinnen bei der Anfertigung von Hemdkrägen, um 1910
Technisches Museum Wien/Archiv
Seidenzucht, um 1910

Bei der nun bis 2. Juli analog erfahrbaren Schau sind neben einer Dokumentation zahlreiche Originalobjekte zu sehen. In vier Kapiteln erzählt man davon ausgehend von der Lebensrealität von Frauen der Zeit – und beleuchtet das Weiterwirken des einstigen Pionieraktes eines „Frauenpavillons“. So wurde etwa ab 1874 kunstgewerbliche Schulen für Frauen in Wien eingerichtet.

Frauenarbeiten vor und hinter dem Vorhang

„Es gibt da und dort noch Parallelen“, konstatierte Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) bei der Vorstellung der Ausstellung, sei doch etwa auch heute noch das Lebenseinkommen von Frauen niedriger als das von Männern. „Um Zukunft zu gestalten, ist es wichtig, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen“, so Raab. Es gelte, großartige Frauen der Vergangenheit als Vorbilder vor den Vorhang zu holen, um Rollenklischees zu durchbrechen. „Die Zeit der klassischen Männerberufe ist vorbei. […] Jedes Mädchen muss den Beruf ergreifen können, den es will.“ Frauen müssten den vollen Zugang zu den Arbeitswelten der Zukunft haben: „Man braucht die besten Köpfe. Und als Frauenministerin darf ich sagen: Die besten Köpfe sind Frauen.“

150 Jahre Wiener Weltausstellung

Vor 150 Jahren vereinte die Weltausstellung 1873 die Technik, Kunst und Lebensart der Zeit in Wien. Das Technische Museum würdigt dieses Jubiläum nun mit der Schau „Woman at Work“, die einen heute unterbelichteten Aspekt des Megaevents ins Zentrum rückt: den „Frauenpavillon“.

Auch Ex-Außenministerin Ursula Plassnik reflektierte als Regierungskommissärin für die Weltausstellung in Osaka 2025 auf die nach wie aktuellen Themen der damaligen Schau: „Es ist erschreckend, wie viele Parallelen es tatsächlich heute noch gibt.“ Dabei wäre doch eigentlich wünschenswert, dass es das Thema „Frau“ als separaten Aspekt in der Gesellschaft gar nicht mehr geben müsse.