Leitung des Burgtheaters bei Programm-Präsentation
APA/ROBERT JAEGER
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kultur

Kusejs letzte Burgtheater-Saison 23/24

Von Shakespeares „Sommernachtstraum“ in der Regie von Barbara Frey bis zu Castorfs Interpretation von Bernhards „Heldenplatz“: Am Donnerstag hat Burgtheaterdirektor Martin Kušej das Programm seiner letzten Spielzeit am Haus präsentiert.

Zunächst ging Kušej bei der Präsentation weniger auf das Programm ein. Vielmehr rückte er Ereignisse wie die Causa Teichtmeister mit all ihren Folgen ins Zentrum der Aufmerksamkeit: "Seit wir hier vor einem Jahr zuletzt zusammengekommen sind, hat sich sehr viel geändert in der Welt, in Österreich, in Wien und auch hier am Burgtheater“, sagte Kusej.

Burgtheater-Direktor Martin Kusej
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Martin Kusej

Gerade die Vorgänge in der „sogenannten Causa Teichtmeister haben mich sehr, sehr nachdenklich gemacht. Ich habe in Abgründe geblickt, von denen ich nicht gedacht habe, dass sie möglich sind.“ So sei das Burgtheater und seine Mitarbeiter auch zahlreichen rechten Angriffen wie Bespucken, Schmierereien, Plakaten und Flugzetteln ausgesetzt gewesen.

„Die Identitären haben sich hier breit gemacht und versucht, die Causa politisch für sich zu instrumentalisieren.“ Daher habe sich das Burgtheater in der kommenden Saison einem „ganz klaren Kurs“ verschrieben. „Nämlich dass wir uns große Sorgen machen um die Demokratie in diesem Staat und daher eine klare Haltung einnehmen werden“, so Kušej.

Demokratie und Ausgrenzung als Themen

Diese klare Haltung unterstreichen will Kušej durch Stücke, die sich mit Themen wie Demokratie, Sprachkritik und gesellschaftlichen Ausgrenzungsmechanismen beschäftigen. Zum Beispiel nahm der amerikanische Autor Jonathan Spector in seinem 2018 entstandenen Stück „Die Nebenwirkungen“ bereits die gesellschaftlichen Verwerfungen anlässlich einer Impfpflicht vorweg. Jan Philipp Gloger, der Anfang der Saison in der Volksoper für die Auftaktpremiere unter der neuen Direktion von Lotte de Beer verantwortlich zeichnete, führt Regie (Premiere am 30. September).

Als „überraschende Sprachkritik für das Internetzeitalter“ und das „Problem der Gewalt durch Sprache“ sieht das Burgtheater Peter Handkes 1968 aufgeführten „Kaspar“, den US-Regisseur Daniel Kramer – zuletzt mit „Engel in Amerika“ am Haus – im Akademietheater auf die Bühne bringt (Premiere am 10. November).

Nosferatu und der Zentralfriedhof

Gewalt als Mittel der Politik verhandelte auch Georg Büchner in „Dantons Tod“. Für die Regie zeichnet Johan Simons verantwortlich, der mit seinem „Woyzeck“ aus dem Jahr 2019 noch gut mit seiner Büchner-Sektion in Erinnerung geblieben ist (Premiere am 16. Dezember).

Der kollektiven Angst widmet sich die australische Regisseurin Adena Jacobs, die nach den „Troerinnen“ nun „Nosferatu“ nach Bram Stoker und Friedrich W. Murnau widmet – garniert erneut mit Texten von Gerhild Steinbuch (Premiere am 19. Jänner). Die Komik von Tod und Sterben möchte schließlich zum Saisonabschluss Herbert Fritsch mit seinem neuen Stück „Zentralfriedhof“ ergründen (Premiere am 19. April).

Altbewährte Klassiker wie „Peer Gynt“

Mit dem „Sommernachtstraum“, mit dem Frey die Saison am 3. September eröffnet, Molières „Der Menschenfeind“ (Regie: Kušej, Premiere am 17. November), Kafkas „Verwandlung“ in der Deutung von Lucia Bihler (Premiere am 20. Jänner), Goethes „Iphigenie auf Tauris“ in der Regie von Ulrich Rasche (Premiere am 23. Februar) und Ibsens „Peer Gynt“ (Thorleifur Örn Arnarsson inszeniert im Kasino, Premiere am 15. März) setzt Kušej zum Abschluss auch auf altbewährte Klassiker. Er selbst verabschiedet sich am 21. März mit Tennessee Williams’ „Orpheus steigt herab“.

Newcomer neben Handke und Bernhard

Die jüngere österreichische Autorengeneration findet mit den Österreichischen Erstaufführungen von Ferdinand Schmalz’ „hildensaga“, Thomas Köcks „solastalgia“ und schließlich der Uraufführung des Gewinnertextes des Retzhofer Dramapreises Eingang ins Programm, während man mit Handke und Thomas Bernhard den großen Namen frönt. „Heldenplatz“ soll in Frank Castorfs Regie laut Programmheft „endlich Gelegenheit bekommen, in aller Ruhe die literarischen und musikalischen Qualitäten“ von Thomas Bernhards bei der Uraufführung 1988 von medialem Geschrei übertöntem Stück zur Geltung zu bringen (Premiere am 17. Februar).

Auslastung steigt wieder

Sehr zufrieden zeigte sich Robert Beutler, kaufmännischer Geschäftsführer des Burgtheaters, über die wieder steigende Auslastung nach den Pandemie-Jahren. Bis Ende April lag man bei durchschnittlich 77 Prozent. Da es in der aktuellen Saison krankheitsbedingt allerdings rund 50 Abänderungen oder Absagen gab, schlage sich dies jedoch auf die Auslastung nieder, da sie in diesen abgeänderten Vorstellungen nur 47 Prozent betrage. Erhört wurden anlässlich der Inflation auch die Kartenpreise um sieben Prozent.